Wülfrath: Malend gegen die Sucht
Menschen: Heroin, Kokain, LSD: Drogen gehörten für Kurt Dieter Bressler viele Jahre zum Alltag. Mit Hilfe der Kunst versucht er sein Leben in den Griff zu bekommen.
Wülfrath. Kurt Dieter Bressler blickt auf das große Bild, das im Büro der Caritas-Suchthilfe an der Wand hängt. In leuchtenden Acrylfarben sind dort Personen zu sehen, abstrakt, aber doch klar erkennbar. "Engel der Vergessenen", heißt das Bild, gemalt hat es Bressler selbst. "Engel sind zum Beispiel Sozialarbeiter oder Psychologen", sagt der Künstler und zeigt auf die Figuren im oberen Teil des Gemäldes. Unter ihnen sind Köpfe zu sehen, die sich Hilfe suchend an die Engel wenden - die Vergessenen. "Das sind Leute, die sich nicht trauen, auf diese Engel zuzugehen, aber auch Leute, die von unserer Gesellschaft ausgeschlossen werden."
Das Bild ist eine Metapher seines Lebens, denn auch Kurt Dieter Bressler hatte schon häufig Engel, die ihm beigestanden haben. "Hinter dem Bild stecken viel Traurigkeit und viele schlechte Erlebnisse", sagt er. Doch gleichzeitig auch die Hoffnung, dass es gelingen kann, das Elend hinter sich zu lassen, so wie die Person, die auf dem Bild in die Höhe gezogen wird.
Kurt Dieter Bressler ist seit vielen Jahren drogenabhängig. Sein Leben stand mehrfach am Scheideweg, bis die Malerei ihn rettete. Dabei hatte der heute 54-Jährige nach der Schule große Träume: Er wollte Geschichte studieren und Kunst, doch seine Eltern konnten sich ein Studium nicht leisten. Er begann eine Lehre als Koch und geriet auf die falsche Bahn. Zum ersten Mal in seinem Leben nahm er Haschisch, bald wurde daraus Heroin, Kokain, LSD. "Ich war ein Polytoxikomane, jemand, der alles in sich reingeschmissen hat", sagt Bressler. Die Lehre zum Koch brach er ab, auch eine Metzger-Lehre scheiterte.
"Ich wollte dann nach Indien auswandern, nach Goa", erinnert er sich: "Ich hatte mich sogar schon gegen Cholera impfen lassen." Doch auch diesen Plan setzte Bressler nie um. Um seine Sucht zu finanzieren, beging er Straftaten und landete schließlich im Gefängnis. Er drohte im Drogensumpf zu versinken, doch dann fand er endlich den Willen, dagegen zu kämpfen: "Ich habe gemerkt, dass ich etwas ändern musste", sagt Bressler heute. Freiwillig begann er eine Langzeittherapie und entdeckte die Kunst erneut. Er malte, erschuf Skulpturen, hatte erste Ausstellungen. Das war vor 20 Jahren.
Dann schlug die Sucht zurück. Statt Kunstwerke auf der Leinwand zu erschaffen, malte er nur noch auf sich selbst. Sein ganzer Körper ist inzwischen ein Kunstwerk, sein Gesicht mit einer Schlange und einem Tribal verziert. "Ich habe mich immer wieder im Spiegel tätowiert", sagt Bressler und fügt leise hinzu: "Ich hatte ja viel Zeit."
Bis heute muss er seine Sucht mit Ersatzstoffen aus dem staatlichen Substitutionsprogramm bekämpfen, die Caritas-Suchthilfe hilft ihm dabei. Dort fand er Leute, die ihn bei seinem Wunsch Künstler zu sein, unterstützten. Er griff wieder zum Pinsel, anfangs unter seinem Pseudonym Johannes Mosee, in letzter Zeit mit seinem richtigen Namen. Da ihm für ein Atelier das Geld fehlt, malt Bressler im Badezimmer. Mehr als 100 Bilder sind hier seit 2008 entstanden, viele von ihnen zeigen Teile seiner Seele, versteckt hinter buntem Acryl. "Ich hoffe, dass ich über diesen Weg meine Drogensucht besiege", sagt Kurt Dieter Bressler und fügt mit leichtem Glanz in den Augen hinzu: "Mein größter Traum ist es nämlich, mir ein Boot zu kaufen und in Spanien oder Griechenland einen Angelverleih aufzumachen."