Rund 200 Wülfrather zeigten ein weiteres Mal geschlossen Haltung gegen Rechtsextremismus und riefen zur Teilnahme an der Europawahl auf. „Gebt den Rechtsradikalen nicht Eure Stimme“

Wülfrath · Das Bündnis „Wülfrath zeigt Haltung – Gemeinsam für Toleranz, Vielfalt und Demokratie“ hat erneut zu einer Demo aufgerufen. Am Samstag setzte Wülfrath ein zweites Mal ein Zeichen gegen Rechtsextremismus.

Anne Schemann vom Organisationsteam heizte dem Demonstrationszug mit Parolen und Hymnen ein.

Foto: Jasmin Janson

„Es ist nicht Deine Schuld, dass die Welt ist, wie sie ist. Es wär nur deine Schuld, wenn sie so bleibt“, schallt es durch die Straßen der Kalkstadt, denn rund 200 Wülfrather und Wülfratherinnen setzten ein weiteres Mal mit einem Demonstrationszug durch die Stadt ein Zeichen gegen Rechtsextremismus.

Mit der Hymne der deutschen Rockband „Die Ärzte“ erinnern die Teilnehmer an die Eigenverantwortung und appellieren mit Blick auf die anstehende Europawahl an alle Nicht-Wähler, ihre Stimme nicht zu verschenken.

Das Bündnis „Wülfrath zeigt Haltung“ hatte für Samstag zu einer zweiten Demonstration aufgerufen und positionierte sich mit dem Motto: „Wülfrath geht wählen! Gemeinsam für Toleranz, Vielfalt und Demokratie.“ „Jede Stimme, die auf dem Sofa bleibt, gibt den Rechtsradikalen ihre Stimme“, unterstreicht die Organisatorin, Anne Schemann, die Dringlichkeit der Wahlbeteiligung.

„Ein Drittel der Menschen bekommen nicht den Hintern hoch, um wählen zu gehen. Jede Stimme zählt“, weiß Schemann und fordert in ihrer Rede auf dem Vorplatz der Kreissparkasse an der Goethestraße dazu auf, im Bekanntenkreis Überzeugungsarbeit zu leisten. „Findet raus, wer nicht wählen geht und animiert sie zum Wählen. Wenn ihr nur einen erreicht, ist schon viel geschafft.“

Helmut Späth, Mitglied der neukonstituierten Seniorenvertretung „Aktiv für Wülfrath“, ermutigt ebenfalls zur Teilnahme an der Europawahl am 9. Juni 2024. „Als parteilose Seniorenvertretung übernehmen wir Verantwortung für die Belange von rund 30 Prozent der Wülfrather und Wülfratherinnen. Wir leben Demokratie und geben keinen Raum für Rechtspopulismus.“

In Europa und auch hier in Deutschland könne die Situation besser sein, doch „sich von Demokratie zu verabschieden, ist keine Lösung“, betont Ulrich Göhre, Ensemble-Mitglied beim Theater Minestrone, und zitiert faschistische Aussagen von der AFD. „Wirtschaftskrise, Klimakrise, Energiekrise und es ist Krieg. Seit langer Zeit haben Kinder nicht mehr das Gefühl von Sicherheit und blicken ungewiss in die Zukunft“, schätzt Schemann das Ausmaß der Entwicklung kritisch ein.

Angesichts der Zahl an Demonstranten dürften die Sorgen der Organisatoren und Teilnehmer hinsichtlich der Beteiligung an der Euopawahl gestiegen sein, denn es waren deutlich weniger Menschen auf der Straße als beim ersten Protestzug.

Kritik mit Blick auf Beteiligung und Definitionen

Über 2000 Bürger und Bürgerinnen Wülfraths sowie Besucher aus den Nachbarkommunen zogen im Januar durch die Innenstadt. „Wie bei vielen anderen Themen und Schreckensereignissen vergessen Menschen die Aktualität“, wundert sich die Wülfrather Künstlerin und ehrenamtliche Mitarbeiterin der Flüchtlingshilfe „Inga“, Elke Voß-Klinger. „Sie waren einmal dabei und denken vermutlich, damit sei es auch gut“, überlegt ihr Mann, Klaus Klingler.

Kritik wurde seitens einiger Teilnehmer und Teilnehmerinnen auch mit Blick auf den Slogan „Wülfrath gegen Rechts“ geübt, denn bei allem Aktivismus dürfe man nicht vergessen, zwischen Rechts und Rechtsradikal zu unterscheiden. „Mit Hetze gegen Rechts stößt man einigen Menschen vor den Kopf, die wir in diesem Bündnis nicht ansprechen wollen. Rechts ist genauso eine Partei wie Links“, ist sich der Fraktionsvorsitzende der Wülfrather Gruppe, Wolfgang Peetz, sicher. Es gelte, Extremismus zu unterbinden und nicht im gleichen Zuge zu polarisieren.

Erstwähler zum Wählen animieren und vor Interneteinfluss schützen

„Demokratie zu bewahren, ist unser aller Aufgabe“, betont Späth und bezieht sich insbesondere auf die jüngsten Wähler und Wählerinnen, die über politische Themen aufgeklärt und sensibilisiert werden müssen. Die jungen Generationen waren am Samstagmittag kaum vertreten.

Das Jugendgremium „Wülf-Rat“ zeigte mit einem Stand Präsenz, um etwa über die Gefahren und Manipulationsmöglichkeiten im Internet aufmerksam zu machen. Indes plant das Kinder- und Jugendhaus eine U16-Wahl vom 27. bis 29. Mai, sodass die jüngsten Wülfrather und Wülfratherinnen erste Einblicke in Politik und Wahlabläufe sammeln können. Weitere Informationen auf der Internetseite U16nrw.de.

„Wülfrath zeigt Haltung“ formiert sich und plant allerhand Aktionen

Das Bündnis „Wülfrath zeigt Haltung“ nimmt weiter Formen an. In Kürze wird die Webseite „wuelfrath.zeigt-zeigt-haltung.me“ online gehen, um zu informieren und Termine anzukündigen. Flyer, Aufkleber und ein Banner sind entstand und bereits bei der Demo verteilt worden.

„Um unser Wirgefühl in den Fokus der Öffentlichkeit zu rücken“, organisiert das Bündnis einen Foto-Staffellauf, der sich durch die gesamte Kalkstadt ziehen darf. Alle Wülfrather Vereine, Institutionen und engagierte Gruppen sind dazu aufgerufen, sich das neukreierte Banner auszuleihen und ein Foto damit zu generieren. „Wir wollen auch in den sozialen Medien präsent sein und über die Demos hinaus Haltung beweisen“, kündigt Schemann an. Auch die Bürgerstiftung Wülfrath arbeitet an einer Fotoaktion, bei der „die Vorzüge der Stadt in den Vordergrund gestellt werden sollen“, verrät Schemann und plädiert eindringlich, weiter aktiv zu sein.