Kempen Sanierung der Kirche schreitet voran

Kempen. · Die verhüllte Propsteikirche muss derzeit ihren Putz lassen: Das Schlämme genannte Material drohte, in Stücken herabzufallen.

Georg Kaiser, Thomas Blohm-Schröder, Joachim Minten und Harry Schädlich (v. l.) begutachten die Fassade.

Foto: Norbert Prümen

Mit dem Aufzug am Gerüst geht es langsam in die Höhe bis zum Dach des Turms von St. Marien. Vorbei an einer Taube, die dort in einer Ecke in Ruhe brütet, an den Schallluken zu den Glocken, den Wasserspeiern an der Dachtraufe – bis die Stelle zum Greifen nah ist, an der bis vor wenigen Wochen noch goldene Zeiger die Uhrzeit präsentierten. Kurz vor dem Stopp fliegen einem schon kleine Körnchen um die Ohren. Das sei der Grund, warum man den Turm mit Plane eingepackt habe, erklärt Architekt Thomas Blohm-Schröder, dessen Büro in Viersener die Sanierung an der Propsteikirche St. Mariae Geburt koordiniert. Mit dem feinen Granulat wird zurzeit die obere Dämmschicht der Kirchenfassade, die sogenannte Schlämme, entfernt.

Beim Hochfahren kann man die verschiedenen Stufen der ersten Phase der Sanierung an sich vorbeiziehen lassen. Unten sieht man noch die teils arg verwitterte Dämmschicht und Farbe. Weiter oben sind schon große Flächen heruntergefallen und geben den Blick auf den beigefarbenen Tuffstein frei. Eine Ebene darüber sind noch die Fugen zwischen den Steinblöcken zu sehen. Ganz oben zeigt sich dann der reine Tuffstein, der bereits von Fugen befreit ist.

Ein Sandstrahl trägt die
Schlämme von der Fassade ab

Jede Stelle wird dreifach bearbeitet, erklärt Harry Schädlich, Bauleiter der Firma Nüthen Restaurierungen. Zuerst geht er mit einem kleinen Presslufthammer vorsichtig über die Fassade, damit lose Teile herunterfallen. Dann kommt das Partikelstrahlverfahren zum Einsatz. Dabei trifft das scharfkörnige Material Asilit auf die Schicht und strahlt sie ab. „Wir haben mehrere Sorten Strahlgut ausprobiert“, sagt Bauleiter Schädlich. Beim Abtragen ist Fingerspitzengefühl gefragt, damit der empfindliche Tuffstein hinter der Dämmschicht nicht unnötig beschädigt wird.

In den 1980er- und 1990er-Jahren ist das Gotteshaus zuletzt umfangreich instandgesetzt worden. Damals stand die Tuffsteinverblendung lose vor dem Mauerwerk und wurde neu verankert, Hohlräume wurden aufgefüllt. Um die Bohrlöcher zu verdecken und die Tuffsteinflächen zu schützen, wurde die ganze Kirche „geschlämmt“, also mit einer Dämmschicht versehen. Damals erhielt die Kirche ihre heutige Farbe. Im Nachhinein erwies sich die Wahl des Materials als nicht optimal. Die Schicht war sehr starr und „hydrophob“, lässt also das Wasser nicht hindurch. Nach und nach bekam die starre Schlämme bei Ausdehnungen wegen Temperaturschwankungen feine Risse. Wasser drang in den Tuffstein darunter ein und konnte durch die wasserabweisende Dämmung nicht wieder hinaus. Bei warmen Temperaturen schob das verdunstende Wasser die Dämmung weg und Hohlräume entstanden.

Nun war man an einem Zeitpunkt, an dem man handeln musste, so Blohm-Schröder. Hätte man noch länger gewartet, erklärt er, hätten sich die Schäden vergrößert – und damit auch die Gefahr, dass sich Teile der Dämmschicht lösen und herunterfallen.

Das Abtragen soll noch etwa
einen Monat in Anspruch nehmen

Nachdem nun schon die ersten Teilflächen freigelegt wurden, hat sich ein Gutachter den Stein angesehen. „Oben war er sehr zufrieden“, fasst Blohm-Schröder das Ergebnis der Begutachtung zusammen. Der Tuffstein dort sei in einem recht guten Zustand. Nur an wenigen Stellen muss ausgetauscht werden. Der Architekt fürchtet, dass der Zustand an der Nordseite weniger gut sein könnte. Aber diese wird erst im nächsten Jahr angepackt.

Etwa noch einen Monat soll das Abtragen der alten Schicht in Anspruch nehmen. Danach werden die bröseligen Stellen im Tuffstein mit einer Tiefengrundierung verfestigt und die Fugen erneuert. Dann folgt das Auftragen der neuen Schlämme, die im Schnitt etwa vier Millimeter dick sein wird und noch angestrichen wird.

Zum Schluss soll dann auch die Turmuhr wieder angebracht werden. Bisher war das Ziffernblatt nur aufgemalt. Zukünftig soll sie ein „echtes“ Ziffernblatt, bestehend aus einer Aluminiumplatte, erhalten. Die vergoldeten Zeiger werden in diesem Zuge auch wieder frisch gemacht.

Die Bauarbeiter haben bei ihrer Arbeit immer wieder tierischen Besuch: Nicht nur die Tauben brüten dort unbeeindruckt vom Treiben um sie herum. Auch der Wanderfalke ist in diesem Jahr zurückgekehrt.