Girmes: Ein Areal mit viel Potenzial

Helmut Pasch gewährte der WZ einen Blick in Turbinenhalle und Co. und sprach über die aktuellen Plänen.

Foto: Friedhelm Reimann

Oedt. Ein Telefonbuch aus dem Jahr 1978/79 liegt auf einem Tisch im Kesselhaus, eine leere Limo-Flasche steht auf einem Schrank. Auf dem Tresen des ehemaligen hauseigenen Bankschalters liegen noch DM-Geldbanderolen: Im Girmes-Gebäude sieht es mancherorts aus, als wenn Angestellte und Arbeiter gerade ihren Arbeitsplatz verlassen hätten und nicht schon 2008. Obwohl die Hallen und viele Büros bereits komplett leer geräumt sind, ist die Vergangenheit in Teilen hier zu spüren.

Dass das große, zum Teil denkmalgeschützte Gebäude an der Johannes-Girmes-Straße seit 2008 — und teilweise noch länger — leer steht, erkennt man am Staub und den Zeichen mutwilliger Zerstörung. „Blinder Vandalismus und Zerstörungen durch sogenannte Kabeldiebe, die versuchen Stahl und Kupfer aus den Gebäuden zu stehlen, ist ein großes Problem“, sagt Helmut Pasch (Bild 7) beim Gelände-Rundgang mit der WZ.

Gemeinsam mit Bauunternehmer Jürgen Hamelmann ist er Geschäftsführer der Girmes Vermarktungs- und Entwicklungs-GmbH (GVE). Diese hat die nicht unmittelbar durch den Insolvenzverwalter zu verkaufenden 60 000 Rest-Quadratmeter des Geländes erworben.

An der Fassade zur Johannes-Girmes-Straße sind zwei Mosaiken zu sehen: ein Dampfschiff ...

Zurück zum Vandalismus. Zerschlagene Scheiben, Kabelreste, von denen nur das Metall mitgenommen wurde, sind einige der Beschädigungen. Vielfach wird eine größere Zerstörung angerichtet, als das herausgestohlene Material Wert ist. Vandalismus von Jugendlichen ist ebenfalls ein Problem.

... und eine Lokomotive.

„Jüngst ist das Glas der markanten Girmes-Uhr an der Fassade anscheinend durch Schüsse eines Luftgewehres beschädigt worden“, sagt Wolfgang Fennen, leitender Bauingenieur der GVE und fährt fort: „Jedes Mal, wenn ich durch die Hallen gehe, sehe ich neue Beschädigungen. Wir versuchen hier der Zerstörungswurt und dem Diebstahl zukünftig mit modernen Sicherungsmitteln in Zusammenarbeit mit der Polizei Herr zu werden.“

In der Turbinenhalle und im Kesselhaus erinnern noch viele technische Geräte an die Aufgaben, für die sie eingesetzt wurden. Blaue Stromkästen stehen in der Turbinenhalle entlang der rechten Wand, an der Stirnseite steht ein riesiger Kessel. Unmittelbar unter der Decke hängt eine gelbe Kranbahn, woran an einer Kette ein mächtiger Haken hängt. „Die Kranbahn soll nach unseren Vorstellungen ein fester Bestandteil in der Turbinenhalle bleiben“, sagt Pasch.

Helmut Pasch ist Geschäftsführer der Girmes Vermarktungs- und Entwicklungs-GmbH (GVE).

Bei der GVE hat man schon eine Vorstellung, was man aus diesem etwa zwölf Meter hohen Raum mit seinem frühindustriellen Charme und der gut erhaltenen, denkmalgeschützten Fassade machen kann: Auch diese Halle könnte zukünftig als ein Veranstaltungsraum in dem Raumkonzept als Ersatz für die stark sanierungsbedürftige Albert-Mooren-Halle (die WZ berichtete exklusiv), eingebunden werden.

Einen entsprechenden Vorschlag hat die GVE-GmbH der Gemeinde Grefrath zur Diskussion und Entscheidung in einem Brief vorgeschlagen. So böte sich zum Beispiel eine Art Glashauskonstruktion innerhalb der Turbinenhalle an, um die Größe des Raumes im Ganzen zu erhalten, aber dennoch den Raum für Veranstaltungen energetisch vernünftig zu nutzen, führt der Bauingenieur Fennen aus.

Auch das Kesselhaus, in dem auf einer Stahlempore noch zwei riesige Heizungskessel — so hoch wie ein Haus — stehen, eignet sich nach Rückbau der Kesselanlage für Events, Bürgerfeste, Karneval, Hochzeiten und ähnliches. Wenn die Anlagen abgebaut sind, stehen rund 1000 Quadratmeter Fläche zur Verfügung, inklusive Empore und Blick in den Himmel durch eine riesige Glasdachkonstruktion. Die beiden Hallen und Teile des ehemaligen Verwaltungstrakts lassen sich laut Pasch auf vielfältige Weise nutzen.

Zwischendrin, so sind die Pläne, werden Hallen- und Gebäudeteile entfernt. Sie sollen Platz für Straßen und Parkplätze machen. Parkplätze soll es auf dem Gelände genügend geben — 500 seien nach derzeitigen Planungen möglich. Nach und nach vermarktet die GVE die Flächen. Sechs Firmen haben sich bereits auf etwa der Hälfte des ursprünglichen Girmes-Areals niedergelassen. Neben der Neuerschließung der Industriehallen möchte Hamelmann und seine Mitstreiter, nun zeitgleich Turbinenhalle, Kesselhaus und Verwaltungstrakt in Umplanung nehmen.

Nach ihrem Vorstoß in Richtung Bürgersaal und Veranstaltungshalle bei der Gemeinde und den Ratsmitgliedern Grefraths liegt es jetzt an der Politik, den Vorschlag aufzugreifen und eine Entscheidung zu treffen. Im Rahmen dieser Diskussion stellt sich auch eine grundsätzliche Frage: Soll die Albert-Mooren-Halle mit einem Sanierungsbedarf in Höhe von etwa 800 000 Euro als Veranstaltungsort erhalten bleiben oder peilt man mit dem Vorschlag der GVE-GmbH eine neue Lösung — in welcher Form auch immer — auf dem Girmes-Gelände an?

Von der Gemeinde war zu erfahren, dass noch im Oktober die Politik sich zunächst vor Ort auf dem Girmes-Gelände ein Bild machen wird, bevor man in die Sachdiskussion einsteigen würde.