Interview „Mein Vorteil ist der Blick von außen“

Kempen · Philipp Kraft (CDU) will Bürgermeister von Kempen werden – mit der WZ sprach er über seine Ansätze für die Thomasstadt.

 Philipp Kraft beim Interview in der WZ-Redaktion.

Philipp Kraft beim Interview in der WZ-Redaktion.

Foto: Lübke, Kurt (kul)

Vier Männer wollen es, aber nur einer kann es werden. Um den Posten des Bürgermeisters bewerben sich vier Kandidaten. Christoph Dellmans (parteilos, aufgestellt von SPD und Grünen), Cedric Franzes (FDP) und Georg Alsdorf (Freie Wähler) haben wir bereits im Interview vorgestellt. Nun hat sich CDU-Kandidat Philipp Kraft den Fragen der Redaktion gestellt.

Herr Kraft, Sie sind Personalmanager in einem weltweit tätigen Wirtschaftsunternehmen. Nun wollen Sie Bürgermeister von Kempen werden. Der Vergleich der Stadtverwaltung mit einem Wirtschaftsunternehmen, den Sie beim CDU-Neujahrsempfang gezogen hatten, hat Ihnen ein wenig Kritik eingebracht. Sind Sie geeignet für den Job eines Verwaltungschefs?

Philipp Kraft: Die Grundsätze von Führung haben für mich nichts damit zu tun, ob man in der freien Wirtschaft oder in der Verwaltung arbeitet. Die Stadtverwaltung ist eine große Organisationseinheit mit unterschiedlichen Abteilungen. Das findet sich auch in einem Unternehmen wieder. Und diesen Vergleich wollte ich ziehen. Dass Verwaltung eine andere Zielsetzung hat und anderen Prämissen unterliegt, ist mir natürlich schon wegen meines kommunalpolitischen Engagements absolut bewusst. Aber noch einmal: Ich bin davon überzeugt, dass die Führungsgrundsätze – wie motiviere ich Mitarbeiter, wie binde ich sie ein, wie nehme ich sie mit, wie setze ich Ziele – übertragbar sind. Deshalb ein klares Ja auf Ihre Frage.

Was wollen Sie an den Strukturen innerhalb des Rathauses verändern?

Kraft: Im Grundsatz ist es so, dass ich von außen komme und den großen Vorteil habe, mir ein Bild machen zu können, ohne voreingenommen an die Dinge heranzugehen. Was nun zum Teil von anderen Kandidaten an Vorschlägen gemacht worden ist, sind Maßnahmen, die ich schon lange lebe. Agile Organisationsformen mit Projektteams sind keine Neuerfindung für mich, sondern gelebte Praxis. Ich glaube, dass es zunächst darum gehen muss, auf Dezernenten- und Amtsleitungsebene einen Modus herzustellen, der klarmacht, dass wir alle in eine Richtung gehen. Man ist als Einzelperson nicht derjenige, der alles einfach so umkrempelt. Das Führungsteam muss das, was zielführend ist, gemeinsam entwickeln und umsetzen.

Müssen denn die Mitarbeiter – überspitzt formuliert – die harte Hand eines Personalers aus der freien Wirtschaft fürchten?

Kraft: Es ist doch grundsätzlich in der freien Wirtschaft so, dass starre Hierarchien keine Rolle mehr spielen. Das Arbeiten sollte inhaltlich geprägt sein. Zudem geht es um Wertschätzung. Unternehmen halten ihre Mitarbeiter nicht, wenn sie sie besonders hart führen. Motivation erreicht man durch Partizipation. Die Mitarbeiter wollen mitgenommen werden und wollen Verantwortung bekommen und sich innerhalb der Strukturen entwickeln können. Ich glaube sogar, dass die öffentliche Hand oft noch viel hierarchischer führt, als es in Unternehmen der Fall ist. Es muss also keiner Angst vor einer harten Hand haben. Es wird eine konsequente Hand geben, um Orientierung zu schaffen.

Inhaltlich wurde in den vergangenen Monaten zum Teil aufgeladen über das Thema Klimaschutz diskutiert. Die CDU und auch Sie selbst haben sich bewusst gegen die Ausrufung des Klimanotstands entschieden. Nun wartet alles auf den „Masterplan Klimaschutz“. Wenn man auf Ihrer Homepage nachliest, erfährt man, dass sie Maßnahmen „unter dem Blickwinkel von Aufwand und Nutzen“ bewerten und einen gesellschaftlichen Konsens mit Augenmaß für unsere Stadt herbeiführen wollen. Kritiker lesen daraus: Es wird dauern, bis etwas passiert, wenn überhaupt – und das bei einem so dringenden Thema. Was entgegnen Sie diesen Kritikern?

Kraft: Die Stadtverwaltung war beauftragt, Workshops zum Masterplan zu organisieren. Das hat sie gemacht – es gab festgesetzte Termine im März und Juni. Nur wegen Corona konnten diese nicht stattfinden. Von daher war das keine Worthülse seitens der CDU. Ich bin davon überzeugt, dass das Thema Klimaschutz in jeder demokratischen Partei ein fester Bestandteil des Programms sein muss. Bei uns ist das der Fall. Wenn man allerdings den Klimanotstand ausruft, müsste man jede Maßnahme dahingehend prüfen und dem Klimaschutz bei anstehenden Entscheidungen stets „höchste Priorität“ und damit Vorrang einräumen. Wenn man also diese Resolution buchstäblich ernst nimmt, ist an vielen Stellen eine Entwicklung kaum noch oder in Teilen nicht mehr möglich. Deshalb gilt es bei verschiedenen Interessen immer, einen gewissen Ausgleich zu organisieren. Nachhaltigkeit bedeutet ökologische, soziale und wirtschaftliche Aspekte zusammenzuführen. Daher halte ich es für sinnvoller, alle Beteiligten und Interessensgruppen in einen Prozess zum Klimaschutz einzubinden. Wir leben in Kempen nicht auf einer Insel, sondern sind umgeben von anderen Städten und Wirtschaftsstandorten und  auch von globalen Mechanismen betroffen. Deshalb muss es um einen tragfähigen Konsens gehen. Ansonsten spalten wir. Darauf warten extreme Gruppen, um das populistisch auszuschlachten.

Aber muss man nicht bei so einem drängenden Thema, wie es der Klimaschutz ist, auch mal mutige Entscheidungen treffen, die womöglich auch wehtun? Konsens klingt so nach dem kleinsten gemeinsamen Nenner.

Kraft: Die Währung in der Demokratie ist immer der Kompromiss. Wenn wir zum Beispiel sagen, wir machen massive Auflagen für die Wirtschaft, können wir das so entscheiden. Dann können und werden sich Unternehmen allerdings entscheiden, sich nicht in Kempen anzusiedeln beziehungsweise die Stadt zu verlassen. Deswegen gilt es immer, bei sich stellenden Sachfragen, die Blickwinkel anderer relevanter Akteure mit einzubeziehen. Mit jeder Entscheidung löse ich andere Konsequenzen mit aus und verantwortungsvolle Politik bedenkt das mit.

Nicht nur beim Thema Klimaschutz, auch in anderen Bereichen, wird von Ihren Mitbewerbern eine Wechselstimmung in Kempen wahrgenommen. Besonders in den sozialen Medien wird das deutlich. Wie bewerten Sie die aktuelle Situation der Kempener CDU, und damit auch Ihre als Kandidat?

Kraft: Wenn man mal die sozialen Medien nimmt, sind es gar nicht so viele, die diese Wechselstimmung herbeischreiben wollen. Wenn allerdings aus einer politischen Ecke so viel Wind gemacht wird, ist das erstmal ein gutes Zeichen. Dann haben wir vieles richtig gemacht. Nachdem ich zum CDU-Parteivorsitzenden gewählt geworden bin, haben wir personell und inhaltlich eine Menge verändert. Das war notwendig, ist uns gelungen und kommt in der Bürgerschaft gut an. Davon versuchen die politischen Wettbewerber gerade abzulenken, indem das Märchen erzählt wird „Die Mehrheitsfraktion CDU hat nicht...“. Fakt ist, dass die CDU keine Mehrheit im Stadtrat hat. Die anderen Fraktionen hätten Projekte ohne Zustimmung der CDU umsetzen können. Ich finde, dass der gesamte Rat selbstkritisch feststellen muss, in den letzten Jahren zu viele Dinge in Prüfschleifen gelassen zu haben. Wir haben als CDU darauf reagiert und in den letzten zwei Jahren einige Pflöcke einschlagen können. Und wir haben für die Wahl einige neue und auch junge Köpfe gewonnen. Das ist insgesamt eine gelungene Neujustierung.

Ist denn da „Stabilität und Zuversicht“ ein guter Wahlslogan, um diese Neujustierung auch zu transportieren?

Kraft: Ja, weil es unser Angebot gut zusammenführt. Wir waren zehn Jahre lang durch eine gute Konjunktur verwöhnt. Jetzt spüren wir durch Corona eine gewisse Instabilität. Daher brauchen wir Stabilität, um sich daraus entwickeln zu können. Die Zuversicht steht dafür, dass wir immer in der Lage sind, Dinge positiv zu gestalten. Dafür stehen wir als Marke CDU. Wir wollen mutig in die Zukunft gehen.

Kommen wir noch zu einem Aspekt, der auch ein wenig mit dem Thema Wechselstimmung verbunden ist. In der Folge der Debatte um Ihren Konkurrenten Christoph Dellmans kam es zu einem RP-Artikel, in dem es darum ging, dass die Berichterstattung der Kollegen von CDU-Mitgliedern beeinflusst worden sein soll. Im Nachgang boten Sie der RP an, die Sache parteiintern aufzuklären. Inzwischen haben die Kollegen einmal erwähnt, dass es sich in einem Fall um einen Vorgang von 2019 handelt. In einem anderen soll eine CDU-Mandatsträgerin involviert sein. Wie bewerten Sie da die Sachlage? Gibt es da einen neuen Stand?

Kraft: Der Sachstand ist, dass mir die „Rheinische Post“ bedauerlicherweise die Namen nicht nennen wollte. Mit Blick auf die genannte Mandatsträgerin, die sich bei mir gemeldet hat, sehe ich keinesfalls einen Versuch der Beeinflussung. Kurz gesagt, hat mich die Berichterstattung gewundert. Klar ist aber auch: Unzulässige Versuche der Einflussnahme auf die Presse habe ich nie geduldet und werde ich nicht dulden.

Werden wir mal inhaltlich konkreter. Seit Jahren schreien alle nach bezahlbarem Wohnraum in Kempen. Das Thema ist nun auch ein Bestandteil des CDU-Wahlprogramms. Was würde der CDU-Bürgermeister Kraft für bezahlbares Wohnen tun? Und wie definieren Sie überhaupt bezahlbar?

Kraft: Also scheinbar, ist es ja irgendwie immer bezahlbar. Die Immobilien gehen alle weg. Was mich aber massiv stört, ist, dass wir junge Familien verlieren. Und dass Menschen, die hier ihrem Job nachgehen, kaum noch die Möglichkeit haben, in Kempen zu wohnen. Ich habe das vor einigen Jahren selbst erlebt, als ich mit meiner jungen Familie zurück nach Kempen wollte. Im ersten Anlauf bin ich mit unserem Budget nicht fündig geworden. Erst nach einer weiteren beruflichen Entwicklung war das finanziell abzubilden. Diese Eigenerfahrung ist auch ein Antrieb etwas zu verändern. In den Markt einzugreifen, ist aber nicht ganz so einfach. Deswegen ist die grundsätzliche Politik der Stadt Kempen, in den Baugebieten 50 Prozent der Grundstücke vorzuhalten, extrem wichtig, um Einfluss auf die Vergabe und Konditionen nehmen zu können. Wenn wir jetzt im Westen einen Viertel-Mix der Bauformen hinbekommen, erhalten wir eine zusätzliche Steuerungsmöglichkeit. Die GWG ist für mich der gesetzte Partner – da unterscheide ich mich auch von einem Mitbewerber. Mit einer eigenen Grundstücksgesellschaft bauen wir lediglich Doppelstrukturen mit zusätzlichen Kosten auf. Das brauchen wir nicht.

Die Zukunft der Schulen ist seit einigen Monaten mit der Zukunft des Ludwig-Jahn-Platzes verbunden. Es wird geprüft, ob auf dem Platz ein Neubau für die Gesamtschule entstehen kann. Im Gegenzug könnte es einen neuen Sportplatz an der Berliner Allee geben. Nach anfänglicher Zustimmung gibt es für diese Idee nun ordentlich Gegenwind. Wie ist Ihre Position in der Debatte?

Kraft: Auch hier scheinen wir einiges richtig gemacht zu haben. Einige Parteien beziehungsweise Fraktionen suchen offensichtlich händeringend ein Thema, das polarisiert, um Stimmung zu machen. Dabei wird die Gesamtfrage aber ausgeblendet. Zu fragen, bist Du dafür oder dagegen, ist eine Zuspitzung, die nicht zielführend ist. Was mich nun erschreckt, ist, dass es anfänglich eine große Geschlossenheit im Rat gab. Als wir im Februar den Antrag gestellt haben, gab es kurz danach selbst von den Grünen einen Antrag zur Sportstättenentwicklung, in dem sie explizit betont haben, für die Idee eines Neubaus für die Gesamtschule auf dem Ludwig-Jahn-Platz zu sein. Und ein paar Wochen später laufen sie dagegen Sturm. Das soll noch jemand verstehen. Es heißt auch immer, dass der Platz geopfert wird. Diesen Begriff mag ich überhaupt nicht. Wir gestalten etwas Neues. Es geht auch um eine Neugestaltung des Sportangebotes an einem möglichen Schulneubau. Wir alle waren im Sportunterricht. Und man braucht da nicht jede Stunde eine 400-Meter-Bahn. Man kann auf einem Teilstück des jetzigen Platzes direkt neue Möglichkeiten schaffen und wir wollen dann zusätzlich eine komplett neue Sportanlage an der Berliner Allee errichten. Für den Vereinssport ist das ein Zugewinn. Mit Blick auf die Kritik des VT-Vorsitzenden Schürmann ist offensichtlich, dass er auch abseits des Vereins im Wahlkampf damit noch andere Interessen verfolgt. Und ganz wichtig: Ich denke, dass wir nun eine Lösung überprüfen lassen, die sowohl den Ansprüchen von Schule als auch des Sportes gerecht werden soll.

Wie sehen Sie denn das viel zitierte Thema Bürgernähe im Zusammenhang mit der Stadtverwaltung? Das ist ja ein Thema, dass Christoph Dellmans enorm in den Fokus rückt.

Kraft: Zunächst liegt die Informationsarbeit der Stadt gegenüber der Öffentlichkeit und damit auch gegenüber unseren Bürgerinnen und Bürgern seit vielen Jahren hauptsächlich in seinen Händen. Da kann er sich zunächst selbst die Frage stellen, wo da sein Beitrag gewesen ist, wenn er dieses Thema jetzt so stark in den Fokus rückt. Fakt ist aber, dass Bürgernähe so gut wie immer eine Frage des persönlichen Blickwinkels und der unmittelbaren Betroffenheit ist. Deshalb ist es in der Verwaltung wichtig, einen Mechanismus zu entwickeln, um die von Verwaltungshandeln betroffenen Bürgerinnen und Bürger, Unternehmen und Vereine frühzeitig mit relevanten Informationen zu versorgen. Da geht es nicht darum, jedem alles recht machen zu können. Die Leute müssen sich mitgenommen fühlen und wir müssen erklären können, was wann warum passiert. Deswegen brauchen wir jemanden, der sich stärker um die Kommunikation rathausintern – und vor allem nach außen – kümmert. Wir müssen Verwaltungsdeutsch und -verfahren besser übersetzen.

Wirtschaftlich ist Kempen mit einer gesunden Mittelstandsstruktur sehr gut aufgestellt. Und zwar trotz der Tatsache, dass die Verwaltung wenig dafür tut, mögen Spötter sagen. Was sagen Sie als Angestellter eines Konzerns zur Kempener Wirtschaftsstruktur? Auch unter dem Aspekt der Corona-Krise.

Kraft: Unsere kleinteilige Struktur ist das Pfund, das wir haben. Wir sind nicht abhängig von zwei, drei Großen. Arbeitsplätze schafft übrigens in erster Linie ein Unternehmer, nicht die Politik. Politik schafft Rahmenbedingungen, die das begünstigt oder verhindert. Bei der Wirtschaftsförderung geht es um einen konstruktiven Dialog zwischen Unternehmen, Partnern wie der IHK, der WFG, dem TZN, Hochschulen und Schulen,  der Verwaltung und Politik. Die Unternehmen dürfen nicht wie Bittsteller behandelt werden. Der Weg durch die Verwaltung muss mit einer „Möglichmachermentalität“ begleitet werden. Jeder im Rathaus, der mit einem unternehmerischen Anliegen konfrontiert wird, muss im Kopf haben, dass es darum geht, den Standort Kempen zu sichern und auszubauen. Zur Wahrheit gehört natürlich auch: Es können nicht immer alle Forderungen erfüllt werden. Unternehmen erfüllen auch nicht jeden Kundenwunsch.

Wie sehen die Strukturen der Wirtschaftsförderung unter einem Bürgermeister Kraft aus?

Kraft: Die Wirtschaftsförderung ist bei mir angesiedelt. Dann will ich die Bereiche Wirtschaftsförderung, Stadtmarketing und Tourismus zusammenfassen. Das Stadtmarketing kann für Kempen und seine Ortsteile mehr bewirken, wenn es sich nicht nur vorranging auf den Einzelhandel in der Altstadt konzentriert. Wenn man die Bereiche zusammenführt, können wir vorhandene Ressourcen je nach Projekt bündeln und somit effektiver nutzen.

Blicken wir mal auf die Konstellation dieser Wahl. Christoph Dellmans ist von SPD und Grünen aufgestellt worden. Ebenso stehen die Linken hinter ihm. Unterstützung hat er auch von der neuen Initiative ÖDP-BIKK und von den Piraten. FDP und Freie Wähler haben eigene Kandidaten. Glauben Sie, dass Ihnen der in Kempen traditionell starke CDU-Rückhalt diesmal reichen wird?

Kraft: Ich bin absolut überzeugt davon, dass wir ausreichend Wähler für die CDU mobilisieren werden. Wir haben eine Polarisierung. Das linke Lager hat sich zusammengeschlossen. Da geht es vor allem darum, symbolisch das CDU-Schild am Bürgermeisterbüro des Rathauses abzuschrauben. Dabei bin ich eine neue Persönlichkeit mit einem eigenen Profil, der Bürgermeister werden will. Wenn man so will, bin ich der Neuaufschlag, den man sich auch von anderer Seite wünscht. Ich bin unbelastet, was die Verwaltung angeht. Ich komme komplett von außen rein, bringe aber Führungskompetenzen, kommunalpolitische Erfahrung und unternehmerisches Verständnis mit. Die CDU ist zudem als Partei in Kempen am besten verwurzelt. Die anderen haben zusammen nicht so viele Mitglieder wie wir. Und dann betont der Kandidat von Rot-Rot-Grün ja immer, dass er unabhängig sei. Wenn man auf dem Ticket von Parteien Bürgermeister werden will, sollte man sich auch dazu bekennen – alles andere ist für mich unglaubwürdig. Ich bin Christdemokrat und bekenne mich dazu – es soll jeder wissen, was meine politischen Wurzeln sind. Als Bürgermeister wird man bekanntlich direkt von der Bürgerschaft gewählt. Das gibt einem immer eine gewisse Unabhängigkeit zur eigenen Partei. Es ist in der Rolle des Bürgermeisters so angelegt, das muss man nicht betonen. Als Vorsitzender des Rates geht es ohnehin immer darum, zusammenzuführen und Brücken zu schlagen.

Sie haben einen ordentlichen Job in der freien Wirtschaft und wollen diesen gegen die eher starren Strukturen einer Kommunalverwaltung tauschen – dazu kommen für einen Bürgermeister noch Schützenfeste und Karnevalssitzungen. Warum wollen Sie sich das antun?

Kraft: Ich war immer ein sehr politischer Mensch. Bei meinen 25-jährigen Abitreffen waren die anderen über meiner Kandidatur gar nicht so überrascht. Politik war immer meine Leidenschaft. Im Rahmen meiner Bundeswehrzeit habe ich Politik studiert, war Referent im Bundestag und in der Öffentlichkeitsarbeit tätig. Der Impuls für die Kandidatur kam aber durch mein kommunalpolitisches Ehrenamt, das ich seit vielen Jahren in verschiedenen Funktionen ausübe. Wenn ich mir jetzt vorstelle, dass ich meine Heimatstadt mitgestalten kann, ist das großartig. In der Rolle des Bürgermeisters kann man vor Ort weit mehr bewegen als ein Parlamentarier in der vierten oder fünften Reihe in Berlin. Ich sehe den Bürgermeister als Schnittstelle zwischen Politik und Leben. Das ist extrem spannend.

Da Sie den Bundestag erwähnt haben. Vom politischen Gegner wird dann und wann das Gerücht gestreut, dass Sie eigentlich mehr Interesse an einem CDU-Mandat in Berlin hätten als am Amt des Bürgermeisters.

Kraft: Da muss ich ganz klar widersprechen. Es scheint inhaltlich wirklich wenig Themen zu geben, die manche Leute nach vorne bringen können. Also wird mit Unterstellungen gearbeitet. Ich biete jedem eine Wette für den guten Zweck an, dass ich hier antrete, um Bürgermeister zu werden und Kempen nach vorne zu bringen. Wer die Wette annehmen will, kann auch gerne den Betrag bestimmen – ich bin gespannt, ob und wie hoch.

Eine Stichwahl gilt als nicht unwahrscheinlich. Welche Prozentzahl wünschen Sie sich denn für den ersten Wahlgang?

Kraft (lacht): 51 Prozent.