Dünger-Verbot in Schutzgebieten? „Demontieren unsere Selbstständigkeit“

Kreis Viersen · Die Pläne zum Pflanzenschutz betreffen 95 Prozent der landwirtschaftlich genutzten Flächen im Kreis Viersen.

Zu den EU-weiten Zielen gehört es, bis 2030 die Verwendung und das Risiko von Pflanzenschutzmitteln um 50 Prozent zu verringern. .

Foto: dpa/Steven Lüdtke

(tre) Bei den Landwirten im Kreis Viersen geht die Angst um – nicht nur um die eigene Existenz, sondern um die Versorgung der Bevölkerung mit heimisch produzierten Lebensmitteln. Grund ist der Verordnungsvorschlag der EU-Kommission zur Verringerung des Einsatzes von chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln. Unterstützung bekommen sie vom Kreis Viersener Europaabgeordneten Stefan Berger (CDU).

Zu den EU-weiten Zielen gehört es, bis 2030 die Verwendung und das Risiko von Pflanzenschutzmitteln um 50 Prozent zu verringern. Dazu kommt ein Komplettverbot von Pflanzenschutzmitteln in ökologisch empfindlichen Gebieten: Wasser-, Vogel-, Natur- und Landschaftsschutzgebiete. Blickt man auf die landwirtschaftlich genutzten Flächen im Kreis Viersen, stellt man fest, dass 95 Prozent der Flächen genau in diese Kategorien fallen. „Damit wird den hiesigen Landwirten der Boden unter den Füßen weggezogen. Das gilt für den konventionellen wie auch für den ökologischen Anbau, denn hier sind ebenfalls viele der bislang erlaubten Mittel dann nicht mehr nutzbar“, sagt Paul-Christian Küskens, Vorsitzender der Kreisbauernschaft Krefeld-Viersen und Vizepräsident des Rheinisches Landwirtschafts-Verbandes (RLV).

Für die Landwirte bedeute dies das Ende. „Gerade die kleinen Betriebe, die doch gesellschaftlich gewünscht sind, brechen weg, weil sie nicht mehr existieren können. Ist der Stall erst einmal leer, bleibt er leer. Wir sind dabei, unsere Selbstständigkeit und Unabhängigkeit in der Lebensmittelversorgung zu demontieren“, sagt Küskens. Mit einer Reduktion der Lebensmittelerzeugung im eigenen Land gehe eine Verschärfung der Abhängigkeit von Importen einher. Dabei zeige die aktuelle Situation, wie anfällig die globalen Lieferketten seien.

 „Das Thema Pflanzenschutz geht nicht nur die Landwirte, sondern uns alle an. Gerade in Zeiten von Krieg und exponentiell gestiegener Lebensmittelpreise dürfen wir eine sichere Lebensmittelversorgung aus heimischer Landwirtschaft nicht preisgeben“, betont der Europaabgeordnete Stefan Berger. „Im Grundsatz teile ich die Absicht der Europäischen Kommission, den Einsatz und das Risiko von Pestiziden zu verringern und geschädigte Ökosysteme in Europa wiederherzustellen. Der Vorschlag, der nun auf dem Tisch liegt, ist jedoch schlecht gemacht und nicht praxistauglich. Ich werde mich in meiner Fraktion dafür einsetzen, dass das Parlament den Vorschlag entsprechend abändert oder vollständig ablehnt.“

Küskens: Fachliche Praxis stelle keinen Widerspruch dar

Küskens betont, dass der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln nach bewährter fachlicher Praxis auf landwirtschaftlichen Flächen in Schutzgebieten keinen Widerspruch zum Naturschutz darstelle. Hingegen könne das Verbot von Pflanzenschutzmitteln, die seit Jahren vernünftig kontrolliert eingesetzt und dokumentiert würden, für andere Probleme sorgen: Der damit einhergehende verstärkte mechanische Einsatz in Schutzgebieten könne erhebliche negative Auswirkungen haben. Bodenbrüter würden durch den intensiven Einsatz von Hacke und Striegel stärker gestört, es komme zu Bodenverdichtungen und -erosionen sowie vermehrter Belastung durch die gestiegene Kraftstoffverbrennung der in den Einsatz gehenden Maschinen.

„Wir brauchen Planungssicherheit und Lösungen, die uns ein Weiterarbeiten und die Produktion von Lebensmitteln in ausreichender Menge und Qualität ermöglichen. Die Betriebe müssen sich weiterentwickeln können. Wir können nicht auf ein Gesetzgebungsverfahren warten und dann vor vollendeten Tatsachen stehen, die uns den Hahn abdrehen“, sagt Küskens.

Praxistaugliche Vereinbarungen zwischen Landwirtschaft und Naturschutz seien in der Vergangenheit schon etliche getroffen worden, fügt Küskens an.