Schüleraustausch: Aus der kalifornischen Sonne nach Mülhausen
Die Amerikanerin Kerri Dameron besucht für ein Jahr die Liebfrauenschule.
Mülhausen. Im kalifornischen Sacramento liegen die Temperaturen im Moment bei etwa 35 Grad Celsius. In Mülhausen, wo die Kalifornierin Kerri Dameron gerade für ein knappes Jahr die Liebfrauenschule besucht, ist es in diesen Tagen kaum wärmer als zehn Grad. Sogar an Heiligabend war es am Niederrhein wärmer. „So ein Wetter, mit diesen Temperaturen und Regen, haben wir bei uns im Winter“, erzählt die 18-Jährige.
Dementsprechend war der erste Winter in Deutschland für sie auch die bisher „schwerste Erfahrung“ des Austauschjahres. Wenn sie jetzt mit ihrer Zwillingsschwester Sandy per Video telefoniere, werde sie regelrecht vom Bildschirm geblendet. „Bei ihr ist es immer so hell im Hintergrund. Und meine Schwester wird von Mal zu Mal brauner.“ So lange wie jetzt waren die beiden noch nie voneinander getrennt.
Trotzdem — Deutschland gefällt ihr, die Mentalität der Menschen und vor allem die Landschaft am Niederrhein. „Es ist so schön ländlich und ruhig hier. Das ist zu Hause anders.“ In Sacramento, der Hauptstadt des US-Bundesstaates Kalifornien, gucke sie dagegen eher auf jede Menge Straßen, graue Gebäude und Geschäfte.
Seit August 2012 ist die Amerikanerin als Stipendiatin des amerikanischen Kongresses in Deutschland. Nachdem sie die ersten beiden Monate in Düsseldorf verbracht hat, ist sie seit September an der Liebfrauenschule in Mülhausen. Uwe Schummer, der Bundestagsabgeordnete des Kreises Viersen, betreut sie während dieser Zeit.
Für den Austausch nach Deutschland hat sich Dameron auch wegen ihrer bayerischen Vorfahren beworben, erzählt sie. „Ich bin zu einem Siebtel Deutsche — habe aber auch Vorfahren aus Polen, Dänemark, England, Belgien und Frankreich. Ich bin ein typisch amerikanischer Mischling.“ Trotz all dieser verschiedenen Wurzeln habe sie Deutschland aber immer am meisten interessiert.
Untergebracht ist Dameron während ihres Aufenthaltes bei einer Gastfamilie — und lernt so auch die deutsche, insbesondere die nordrhein-westfälische Kultur kennen: vom Schwarzbrot über Karneval bis zum Bahnfahren an Bundesligaspieltagen. „Das war der größte Kulturschock“, sagt sie. In Amerika werde nicht so viel Alkohol getrunken — vor allem nicht in der Öffentlichkeit und von unter 21-Jährigen. Trotzdem gefalle ihr die deutsche Mentalität. Wenn sie in Kerken, dem Heimatort ihrer Gastfamilie, durch die Straßen gehe, werde sie auch von Fremden gegrüßt.
Und auch das Essen in Deutschland schmeckt ihr. „Ich habe noch nie so viele verschiedene Brotsorten gesehen“, schwärmt sie. Zu Hause, in den Vereinigten Staaten, gebe es vor allem Weißbrot. Und ihr Lieblingsessen hat sie ebenfalls hier gefunden — auch wenn es keine unbedingt typisch niederrheinische Spezialität ist: Weißwurst. „Mit süßem Senf“, betont die 18-Jährige.
Noch bis zum 20. Juni bleibt Kerri Dameron bei ihrer Gastfamilie in Kerken, anschließend geht es zurück in die USA. Ab Oktober will sie dort eine Kunsthochschule besuchen, Trickfilmproduktion studieren — und sich wieder ein Zimmer mit ihrer Zwillingsschwester Sandy teilen. Will sie danach noch einmal nach Deutschland kommen? „Zu Besuch auf jeden Fall — vielleicht sogar noch einmal für länger.“