Kempen Verlängerung für ein Erfolgsmodell

Die Verzahnung von Schulsozialarbeit und Jugendfreizeitheimen bietet Mitarbeitern mehr Chancen, die Kinder kennenzulernen.

Foto: Kurt Lübke

Kempen. Morgens Schulsozialarbeiter, nachmittags Leiter einer Jugendfreizeiteinrichtung. Gerade über einem Antrag zum Bildungs- und Teilhabepaket gebeugt, Lehrer beraten oder mit Schülern im Gespräch, stehen die Mitarbeiter des Kempener Jugendamts wenig später dann vielleicht schon neben dem Kicker oder an der Straßenbahn Gleis 3 am Grill. Es ist ein ungewöhnliches Modell, das sich die Stadt Kempen für ihre Schulsozialarbeit überlegt hat.

Die Erfahrungen nach zwei Jahren sind sehr positiv. „Wir sehen es als Erfolgsmodell“, sagt Stadtjugendpfleger Andre Fitzner. Man habe an einigen Stellen etwas nachgesteuert. Die Stunden für die Schulsozialarbeit konnten erhöht werden. Die Kombination funktioniere gut. Zwar sind die Aufgaben unterschiedlich, aber es sind dieselben Jungen und Mädchen, um die es geht — mal in der Schule, mal in der Freizeit.

David Pannasch ist sowohl in der Gesamtschule, der Astrid-Lindgren-Schule und der Grundschule St. Hubert anzutreffen als auch im Jugendfreizeitzentrum Calimero. Jonas Straeten betreut das Thomaeum, die Grundschule Tönisberg und leitet das Jugendfreizeitheim Mounty. Andrea Benge ist in der Regenbogenschule und der Grundschule Wiesenstraße sowie in der Realschule als Schulsozialarbeiterin unterwegs. Michaela Haffmans ist für das Luise-von-Duesberg-Gymnasium und übergeordnet auch für alle anderen Schulen zuständig.

Jüngst hat der Stadtrat entschieden, dass die Schulsozialarbeit dauerhaft gesichert sein soll. „Darüber haben wir uns sehr gefreut“, sagt Christian Semrau, stellvertretender Jugendamtsleiter. Denn das bedeute Kontinuität, die in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen sehr wichtig sei. „Das gibt Sicherheit. Das ist auch für Schulen ganz wichtig“, so Jugendamtsleiterin Heike Badberg.

Eine Aufgabe der Schulsozialarbeiter ist die Hilfe bei Anträgen für das Bildungs- und Teilhabepaket. 220 Beratungen dazu gab es 2016. Hinter jedem dieser Anträge steht zum Beispiel ein tägliches Mittagessen, Nachhilfestunden oder die Mitgliedschaft in einem Sportverein für ein Kind, dessen Familie sich dies sonst nicht leisten könnte. Es gibt eine enge Zusammenarbeit mit dem Sozialamt. Mit den Lehrern geht die Beratung Hand in Hand.

Die Verzahnung von Schulsozialarbeit und Jugendfreizeiteinrichtung gibt den Sozialpädagogen eine Chance, die Kinder und Jugendlichen auch in einem anderen Kontext kennenzulernen, weiß Jonas Straeten. „Man kann den Lehrern mal einen anderen Blickwinkel geben, weil man das Kind auch aus anderen Situationen kennt.“ Das ermögliche einen ganzheitlicheren Blick auf das Kind, bei dem die Stärken im Vordergrund stehen sollen, sagt Haffmans: „Wir können zum Beispiel sehen: Eigentlich kann das Kind das doch. Und dann die Frage angehen: Warum kann es das in diesem Rahmen nicht?“

Andererseits ist es den Sozialpädagogen auch sehr wichtig zu vermitteln, dass man mit ihnen gar nicht immer nur über Probleme reden muss. Man kann auch einfach ins Jugendfreizeitzentrum gehen und Spaß haben, entspannen, nichts tun. Eine Umfrage des Jugendamtes im Jahr 2015 hatte gezeigt, dass die Jugendfreizeitheime relativ unbekannt sind bei den Jugendlichen. Auch da hat die Personalunion von Schulsozialarbeitern und Einrichtungsleitern Abhilfe geschaffen. Die Besucherzahlen sind im vergangenen Jahr im Vergleich zum Vorjahr in allen drei Einrichtungen gestiegen.

Bei den Jugendfreizeiteinrichtungen ist einiges im Gange. Das Gleis 3 nimmt langsam Fahrt auf. Jetzt im Frühling geht der Betrieb dort wieder los. Zurzeit wird das Projekt noch stärker von den Sozialpädagogen begleitet, um es bekannter zu machen. Auf Dauer soll die alte Straßenbahn ein selbst verwalteter Treff für die Jugendlichen werden. Dort sollen Jugendlichen selbst lernen, die Verantwortung für ihren Treff zu übernehmen.

Derzeit ist es bereits möglich, dass sich interessierte Jugendliche den Schlüssel für die Straßenbahn im Kiosk des benachbarten SV Thomasstadt ausleihen. Einzige Voraussetzung ist der Eintrag in eine Liste und die Vorlage eines gültigen Personal- oder Schülerausweises.