Muziek Biennale Niederrhein Bach in aller Vollendung

Kempen · (oeh) Im Rahmen der „Muziek Biennale 2022 Niederrhein“ gastierten das Concertgebouw Kammerorchester Amsterdam und die niederländische Geigerin Noa Wildschut in Kempen. Alleine für das Violinkonzert Es-Dur BWV 1042 von Johann Sebastian Bach hätte sich der Besuch dieses Konzertes der Sonderklasse in der ausverkauften Paterskirche gelohnt.

Noa Wildschut, Violonistin aus den Niederlanden, gewann das Publikum in der Kempener Paterskirche schnell für sich.

Foto: Simon van Boxtel

Wie die hoch motivierten Musiker aus den Reihen eines der besten Orchester Europas gemeinsam mit der erst 21-jährigen, bereits international gefragten Violinistin Bachs eingängiges Opus mit edelster Tongebung, Flexibilität, vorbildlicher Durchsichtigkeit und ansteckender Musizierfreude zum Klingen brachten – das war ein Ereignis für sich.

Das Publikum jubelte, und die gertenschlanke, fast zerbrechlich wirkende Noa Wildschut zeigte in ihrer Piazzolla-Solozugabe, was auch an virtuosem Vermögen in ihr steckt. Am Beginn des Programms stand das Bach‘sche Violinkonzert a-Moll BWV 1041 – hier fesselte vor allem das Andante, dem die Künstler kontemplative Ruhe schenkten.

Bachs „Kunst der Fuge“ BWV 1080 ist nicht nur ein äußerst kompliziertes Werk, sie ist vom Komponisten auch nicht mit Sicherheit einem bestimmten Instrument zugedacht. Neben Cembalo und Orgel gab und gibt es immer wieder Versuche einer Instrumentierung. Die Gäste stellten mit Contrapunctus I-IV eine durchsichtige, für den Hörer gut nachvollziehbare Fassung vor, die sie mit größter Sorgfalt und fesselnden Spannungsbögen
vermittelten.

Ernste Klänge wurden
angenehm lebendig

Die gezupften Passagen und zum Schluss zusätzlich der sich steigernde Einsatz der Stimmen der Musiker machten die ernsten Klänge angenehm
lebendig.

„Resilience = Widerstandskraft“ hat Rob Dirksen (*1966), Kontrabassist des Orchesters, seine in der Coronazeit entstandene Komposition für Streichorchester genannt. Er drückt darin sowohl Hoffnung als auch Verzweiflung aus, legt aber Wert auf einen Zuversicht vermittelnden Schluss. Er und seine orchestralen Mitstreiter gaben dem freitonalen, teils melodischen Werk eine engagierte Wiedergabe.

Dmitri Schostakowitschs (1906-1975) Streichquartett Nr.8 c-Moll in der vom Komponisten autorisierten Fassung für Streichorchester von Rudolf Barschai schildert nicht nur das in Trümmern liegende Dresden, es spiegelt auch die Demütigungen, denen der Russe seitens des Regimes ausgesetzt war, wider. Choralartige Passagen werden abgelöst von wütenden Sforzati, kantige Dreifachschläge folgen auf trauermarschartige Eindringlichkeit. Dem erschütternden Werk widmeten sich Konzertmeister Michael Watermann in seinem anspruchsvollen Part und das Orchester mit großem Ernst und beklemmender Intensität. Nach einer Zeit der Stille dankte das ergriffene Publikum mit nicht enden wollenden Ovationen.