Gesetzlich vorgeschriebenes Konzept Wie Kempen mit der Wärmeplanung umgeht
Kempen · Die Stadtverwaltung arbeitet an einer Kommunalen Wärmeplanung. Unterstützt von einem Ingenieurbüro wird die Versorgung mit Heizenergie in allen Stadtbezirken untersucht. Was das bedeutet.
Das Interesse ist bei den Bürgerinnen und Bürgern in Kempen bislang eher gering. Das musste auch der Technische Beigeordnete Torsten Schröder bei der Diskussion des Themas in der jüngsten Sitzung des Umwelt- und Klimaschutzausschusses einräumen. Gerade mal 50 Kempenerinnen und Kempener schalteten sich vor einigen Wochen in eine erste Bürgerinformation zur Kommunalen Wärmeplanung für die Thomasstadt ein, die online vom Umweltreferat der Stadt angeboten worden war. Auch wenn die Zahl bei etwa 10.000 betroffenen Haushalten und Gewerbebetrieben sehr gering ist, sind die Verantwortlichen optimistisch, dass das Interesse noch wachsen wird. Das gesetzlich vorgeschriebene Konzept der Kommunalen Wärmeplanung soll bis zum kommenden Frühjahr stehen.
Im Umweltausschuss berichtete Tobias Müller, promovierter Diplomingenieur und Geschäftsführer des von der Stadt Kempen beauftragten Beratungsunternehmens BMU Energy Consulting aus Wuppertal, jetzt über den Stand der Untersuchungen. Seine noch recht junge Firma ist im vergangenen Jahr aus dem Lehrstuhl für Elektrische Energieversorgungstechnik der Bergischen Universität Wuppertal heraus gegründet worden. Zu den Kunden zählen Kommunen in NRW – darunter Kempen – und Rheinland-Pfalz.
Wie der Experte berichtete, sind die Ausgangsbedingungen für eine Optimierung der Wärmeversorgung im Kempener Stadtgebiet im Vergleich zu anderen Städten durchaus positiv zu sehen. Ein vom Gesetzgeber gefordertes kommunales Wärmenetz ist in weiten Teilen mit dem Fernwärmenetz der Stadtwerke Kempen bereits vorhanden. Es gibt konkrete Pläne für Erweiterungen und Netzverknüpfungen. Derzeitiger Nachteil des Netzes: Es wird noch mit fossiler Energie, aktuell mit Erdgas, betrieben. Ohnehin ist Erdgas der mit Abstand weit verbreitete Energieträger im Stadtgebiet, gefolgt von Heizöl. Das ist keine Besonderheit, sondern betrifft bundesweit die meisten Haushalte und Unternehmen.
Derzeit läuft eine Bestandsanalyse der Wärmeversorgung im Stadtgebiet. Sie ist fast abgeschlossen. Gleichzeitig wurde mit einer Potenzialanalyse begonnen. Von Anfang an mit im Boot sind die Stadtwerke Kempen. Das städtische Versorgungsunternehmen arbeitet längst selbst daran, sein Energienetz zukunftsweisend zu modernisieren. Strom aus Sonnenenergie über großflächige Photovoltaikanlagen – etwa auf einer noch landwirtschaftlich genutzten Fläche am Krefelder Weg zwischen dem Außenring und Gut Heimendahl oder eine schwimmende PV-Anlage auf dem Königshüttesee – ist nur ein Beispiel für die Energiewende bei den Stadtwerken. Auch über die Nutzung von Erdwärme wird dort nachgedacht.
Niemand wird gezwungen,
seine Heizung umzurüsten
Die Kommunale Wärmeplanung für Kempen soll alle Stadtbezirke beleuchten und quartiersbezogene Vorschläge für eine klimaschonende Energieversorgung machen. Geprüft werden soll auch, ob und wie private Haushalte ihre Wärmeversorgung verbessern können. Wie Hausbesitzer mit Vorschlägen und Anregungen umgehen, ist ihnen selbst überlassen. Niemand wird gezwungen, seine Heizung umzurüsten. Das wurde auch bei den Online-Bürgerinformationen betont.
Allerdings schreibt das Gebäudeenergiegesetz vor, das bis spätestens 1. Juli 2028 die Heizungen in allen Gebäuden mit einem Anteil von 65 Prozent an Erneuerbaren Energien betrieben werden müssen. Das bedeutet für die Stadtwerke als Fernwärmelieferant eine enorme Kraftanstrengung; für diejenigen Privathaushalte, die etwa in den Außenbezirken auch perspektivisch nicht vom zentralen Wärmenetz profitieren können, dass sie beim nächsten Heizungstausch von Gas oder Öl beispielsweise auf eine mit Strom betriebene Wärmepumpe umstellen müssten. Es gibt allerdings Übergangsfristen und Sonderregelungen. Über diese wissen Energieberater Bescheid.
Die künftige Strategie für eine Kommunale Wärmeplanung speziell fürs Kempener Stadtgebiet soll bis Januar 2025 weitgehend ausgearbeitet sein, berichtete Fachingenieur Müller im Umwelt- und Klimaausschuss. Bis Ende Februar soll das Konzept so weit stehen, dass es vom Stadtrat beraten und beschlossen werden kann. Bis dahin läuft die öffentliche Förderung des Projekts. Die gesamte Planung orientiert sich nach Angaben der Stadt am Wärmeplanungsgesetz des Bundes. Sollte die Kommunale Wärmeplanung bereits Anfang 2025 stehen, wäre die Stadt Kempen drei Jahre eher als gesetzlich vorgeschrieben damit fertig.
Nach Angaben des städtischen Umweltreferenten Michael Lomanns wird es bei der Kommunalen Wärmeplanung in den meisten Regionen in Deutschland keine Lösung geben, bei der die komplette Wärmebereitstellung mal eben auf Erneuerbare Energien umgestellt werden kann. Daher würden alle Mittel, die gesetzlich zulässig sind, auch auf eine mögliche Umsetzung in Kempen untersucht.
Bürgerinnen und Bürgern entstehen keine Nachteile dadurch, dass die Stadt Kempen mit ihrer Kommunalen Wärmeplanung vorzeitig fertig wird. „Wir wollen damit eine gewisse Planbarkeit und einen rechtzeitigen zeitlichen Ausblick (vor allem was das Thema netzgebundene Wärme angeht) geben und so einen gangbaren Weg aufzeigen, um den Wärmeverbrauch im Stadtgebiet klimaneutral zu transformieren“, so Umweltreferent Lomanns.