Prozess zu Menschenraub: Zu viele Widersprüche
Die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft konnten einem Duo aus Lobberich nicht nachgewiesen werden.
Lobberich/Krefeld. Wegen Körperverletzung wurde ein 36-jähriger Lobbericher am Donnerstag vom Krefelder Amtsgericht zu einer Geldstrafe verurteilt: 90 Tagessätze à 20 Euro. Sein Freund wurde freigesprochen. Dabei hatte die Staatsanwaltschaft den Männern gemeinschaftlich begangenen erpresserischen Menschenraub, räuberische Erpressung und gefährliche Körperverletzung vorgeworfen.
Die Taten spielten sich laut Anklage in der Lobbericher Wohnung des 35-jährigen P. ab. Sein Freund L. (36) war damals mit der heute 48-jährigen H. liiert. Sie ging am 10. August 2009 freiwillig mit den Männern in die Wohnung. Als sie abends nach Hause wollte, soll L. ihr Handy und Autoschlüssel abgenommen haben: „Du bleibst hier!“
In den folgenden Tagen sei die Frau von L. massiv bedroht und geschlagen worden. Zudem habe der Mann sie gezwungen, mehrere kleinere Geldbeträge von den Konten ihrer Großmutter und ihres Vaters abzuheben sowie eine Freundin um Geld zu bitten. „Diese Beträge musste ich L. geben“, erklärte das Opfer. Erst am 15. August 2009 sei es ihr gelungen, die Wohnung zu verlassen.
Die Angeklagten stellten die Sache völlig anders dar. L. sagte, dass die Frau nur zwei Tage und zwei Nächte in der Wohnung gewesen sei — „völlig freiwillig“. Er und sein Kumpel P. hätten sie in der Viersener Stadtmitte getroffen. „Sie hatte dort versehentlich mit ihrem Auto einen Passanten angefahren“, sagte L. Um die Sache ohne „Polizei und Versicherung“ zu regeln, habe man dem Mann Geld angeboten. 150 Euro holte das Trio an einem Bankautomaten in Lobberich ab. Nach der Übergabe sei man in die Wohnung von P. gefahren. „Meine damalige Freundin fragte, ob sie hier übernachten könne“, so L. Am nächsten Tag seien, auf Wunsch der Frau, Geldbeträge abgehoben worden, um zum Beispiel Lebensmittel zu kaufen.
Eine Unstimmigkeit habe es gegeben, nachdem die Frau versehentlich ein paar Stufen im Hausflur hinuntergestürzt sei. Der Abend wäre aber entspannt verlaufen. Am nächsten Morgen sei die Frau „einfach weg gewesen“.
Der Richter sagte in seiner Urteilsbegründung, dass er der Geschädigten glaube, dass L. sie geschlagen habe. In Bezug auf „Menschenraub“ und „Erpressung“ gäbe es in ihrer Aussage allerdings Widersprüche. Deshalb gelte hier der Grundsatz „Im Zweifel für den Angeklagten“. sr