Fliegerlegende Notlandung: 92-Jähriger aus Neersen landet im Getreidefeld

Ein 92-Jähriger Pilot aus Neersen muss notlanden. Und ist dabei noch ziemlich cool geblieben: "So etwas habe ich doch mindestens schon ein Dutzend Mal gemacht."

Gekonnte Notlandung im Feld: Der 92-Jährige Pilot ist eine Luftfahrtlegende.

Foto: Arnulf Stoffel

Neersen/Moers. Montagmittag, kurz nach 13 Uhr: In einem Gerstenfeld beim Moerser Ortsteil Kapellen stehen ein Flugzeug und sein Besitzer. Schwer zu sagen, wer berühmter ist: Luftfahrtpionier Hanno Fischer (92) aus Neersen oder sein ebenfalls schon recht betagter Tiefdecker RW-3, ein Prototyp aus dem Jahr 1955. Fischer ist nicht anzumerken, dass er gerade erst eine Notlandung hingelegt hat, die den Männern der Flugsicherheit Düsseldorf Hochachtung abverlangt.

„So etwas“, sagt Fischer, „habe ich doch mindestens schon ein Dutzend Mal gemacht.“ Kurz vor 12 Uhr war Fischer nach eigenen Angaben auf dem Flughafen Mönchengladbach gestartet. Nach Stadtlohn in Westfalen habe er zum Tanken fliegen wollen. Nur da, so der ehemalige Jagdflieger, Testpilot und Flugzeugkonstrukteur, gebe es den Spezialsprit, den er für seine Maschine am liebsten tanke. „Über Moers hat dann der Motor das Gas nicht mehr angenommen und ich hatte Höhenverlust.“ Er habe dann noch versucht, zum Flugplatz Egelsberg in Krefeld zurückzufliegen, um dort zu landen.

Doch etwa anderthalb Kilometer vor dem Flugplatz merkte der vermutlich erfahrenste noch lebende Pilot Deutschlands, dass er es nicht mehr schaffen würde. Kurz hinter einer Häuserzeile setzte er den Flieger sicher im Gerstenfeld auf. Lediglich eine schmale, durch den Rumpf gezeichnete, knapp 300 Meter lange Schneise verrät den Weg, den das Flugzeug bei der Landung genommen hat. Nach der Landung unterrichtet er den Flughafen Mönchengladbach von dem Zwischenfall.

Warum hat er keinen Notruf abgesetzt? Schließlich hatte er Funk an Bord. „Dazu bestand überhaupt kein Anlass“, sagt Fischer, Tatsächlich können Polizei und Feuerwehr, die kurz darauf an dem Gerstenfeld ankommen, unverrichteter Dinge wieder abrücken und die Mitarbeiter der Düsseldorfer Luftfahrtbehörde informieren. Der Polizeibericht vermerkt kurz darauf „geringen Sachschaden“ am Getreide. Pilot und Flugzeug sind heil geblieben.

Den Männern von der Flugsicherung ist der Respekt vor dem promineten Flieger, der mit der RW-3 das erste Motorflugzeug in Deutschland nach dem Krieg entwickelte, deutlich anzumerken. Einer der Beamten, die den Zwischenfall protokollieren, hat selbst noch bei dem Rhein-Flug-Werken in Krefeld gearbeitet, wo Fischer viele Jahre lang die technische Entwicklung leitete. So gerne Fischer auch über sein Flugzeug mit dem markanten Heckpropeller spricht, — „das erste in Deutschland, bei dem Kunststoff verarbeitet wurde“ — so ungern spricht er über sein Alter. Seine Flugtauglichkeit werde regelmäßig untersucht, das müsse doch wohl reichen, meint Fischer energisch.

Tatsächlich wirkt der Senior fit wie ein Turnschuh. Das Angebot der Flugsicherheits-Leute, in ihrem klimatisierten Kleinbus auf seine Mechaniker zu warten, die vor Ort die Ursache der technischen Störung überprüfen sollen, lehnt Fischer ab: „Ich lege mich lieber unter die Tragfläche.“ Das Lob, er habe sich ja eine ideale Stelle für die Notlandung ausgesucht, weist Hanno Fischer zurück: „Ideal wäre gewesen, wenn ich von hier aus wieder hätte starten können.“