Protestaktion mit Flashmob: „Pflege liegt am Boden“
Mit einem Flashmob haben Pflegekräfte auf Missstände wie Unterbezahlung und Fachkräftemangel aufmerksam gemacht.
Viersen. Der eisige Wind kann die Protagonisten nicht von ihrem Vorhaben abbringen. Es ist Punkt 16 Uhr am Samstag, als rund 20 Teilnehmer der Aktion „Pflege am Boden“ ihre Isomatten ausbreiten und auf den kalten Boden der Viersener Fußgängerzone legen. Mit diesem „Flashmob“ demonstrieren Altenpfleger, Krankenschwestern und Menschen aus weiteren Pflegeberufen gegen Pflegenotstand, Fachkräftemangel und Unterbezahlung.
Für Stephan Seng ist es bereits die zweite Aktion dieser Art. Der Mitarbeiter des Hubertusstifts in Willich hatte im November seine Kollegen zu diesem zehnminütigen „Protest-Schlaf“ motiviert. Im Gespräch mit Seng wird schnell klar, dass es dem Altenpfleger nicht alleine um mehr Geld geht. „Es muss dafür gesorgt werden, dass auch ein Altenpfleger ein geregeltes Leben führen kann“, sagt Seng.
In anderen Berufen seien arbeitsfreie Tage planbar und würden dann auch eingehalten. In der Alten- und Krankenpflege könne man durch den Personalmangel kaum einmal durchatmen. Immer wieder müssten Mitarbeiter kurzfristig zusätzliche Dienste übernehmen. „Dieser Umstand macht unseren Beruf auch so unattraktiv für junge Leute“, seufzt Seng.
Dass die neue Bundesregierung 100 000 neue Stellen im Pflegebereich plant, ist für Seng noch lange kein Grund zur Freude. Zu einer Tätigkeit in einem Altenheim oder einer Klinik gehöre unabdingbar auch das nötige Herzblut, berichtet er weiter. Gerade Leute, die durch Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen in den Pflegedienst gezwungen würden, brächten dieses allerdings nicht mit und würden schon nach kurzer Zeit wieder das Handtuch werfen.
Ein paar „Schlafplätze“ neben Seng liegt Manuela Respondek, Krankenschwester auf der Palliativstation der Universitätsklinik Düsseldorf. Sie hätte an diesem kalten Nachmittag gerne noch mehr Mitstreiter gehabt. „Im stillen Kämmerlein beklagt sich jeder. Diese Aktion ist die Möglichkeit, mal ein Zeichen zu setzen“, so die junge Mönchengladbacherin. Für sie besteht das Problem vor allem in der mangelnden Motivation von Nachwuchskräften. „Wir müssen klar machen, dass die Pflegeberufe überaus interessant sind. Hinter Pflege steckt auch viel Wissenschaft“, so Respondek weiter. Das Wichtigste sei aber: „Man bekommt von seinen Patienten auch sehr viel zurück.“
Dass ihr Aufruf nicht ungehört bleibt, zeigt sich schon nach wenigen Minuten. Mit den Worten „Ich finde eure Aktion toll. Ich hoffe nur, es kommt auch oben bei den Entscheidungsträgern an“ legt sich eine junge Viersener Mutter spontan zu den Protestierenden. Nach zehn Minuten ist das „Nickerchen“ vorbei. Die Teilnehmer bedanken sich gegenseitig für die Unterstützung. Einige gehen nach Hause, viele in die Einrichtungen, um ihren nächsten Dienst anzutreten.