Anemüller plant Sprechstunden in Cafés
Die neue Bürgermeisterin tritt am 21. Oktober ihr Amt an. Sie will wie bisher für alle Viersener ansprechbar sein.
Viersen. An Tag eins nach der Stichwahl nahm sich Viersens neue Bürgermeisterin Sabine Anemüller frei. „Ich hatte mit meinem Chef abgesprochen, dass ich einen Urlaubstag brauche, falls ich die Wahl gewinne. Ansonsten wäre ich arbeiten gegangen“, erzählt die 52-Jährige. Noch immer kann sie ihre überwältigende Mehrheit von 62,1 Prozent der Stimmen nicht fassen: „Ich hatte erwartet, dass es knapp wird — in die eine oder andere Richtung.“
Nach der Wahlparty am Sonntag hat Anemüller für sich selbst eine erste kurze Wahlanalyse erstellt. „Das Ergebnis ist ein schöner Rückhalt. Ich denke, die Menschen sehen in mir jemanden, der ein Ohr für sie hat. Ich bin ihnen auf Augenhöhe begegnet und sie nehmen mir meine Ehrlichkeit ab. Bürgernähe klingt oft abgegriffen, aber ich glaube, das ist es, was die Menschen suchen.“ Das Wahlergebnis sei auch ein Votum gegen Parteiklüngel gewesen, so Anemüllers Interpretation.
Stundenlang beantwortete die künftige Bürgermeisterin an den ersten Tagen nach der Wahl Glückwunsch-Mails, Facebook-Einträge und Nachrichten auf dem Smartphone. „Ich habe viel Zuspruch von vielen Seiten bekommen. Viele Bürger, aber auch Institutionen signalisieren mir: Wir sind auf Ihrer Seite.“ Die 52-Jährige weiß, dass sie nicht allen Hoffnungen und Wünschen gerecht werden kann. „Das wäre utopisch, aber ich möchte ehrlich sein und transparente Abläufe schaffen.“
Bis zu ihrer Amtseinführung am 21. Oktober wird bei Anemüller (Foto: Busch) keine Langeweile aufkommen. Bereits gestern arbeitete die Diplom-Ökonomin mit Schwerpunkt Controlling wieder in der Duisburger Stadtverwaltung und muss dort zunächst einmal mit ihren Vorgesetzten ihre eigene berufliche Zukunft klären. Den eigenen Schreibtisch auszuräumen, steht aber noch nicht oben auf der To-Do-Liste. „Ich bin froh, dass es diese gut drei Wochen Übergangszeit gibt“, sagt Anemüller.
Einige Arbeitsvorgänge möchte die Leiterin der Stabsstelle im Amt für Schulische Bildung noch vorantreiben. „Ich habe dort schließlich mehr als ein paar Tage verbracht, ich möchte das zu einem guten Abschluss bringen.“
In Viersen möchte sie demnächst erste Gespräche führen. Ganz oben auf der Agenda: die Flüchtlingsarbeit. „Mir ist wichtig, dass wir die ehrenamtlichen Hilfen bündeln, sie müssen wir fördern und stärken.“
Anemüller will auch weiterhin, für alle Bürger direkt ansprechbar sein. „Das, was ich als Kandidatin mit den Bürgerdialogen begonnen habe, möchte ich gern fortsetzen. Es soll Bürgersprechstunden in den Stadtteilengeben.“ Für viele Menschen sei die Hemmschwelle, ins Rathaus zu gehen, nach wie vor hoch. Deshalb will die 52-Jährige ihre Sprechstunden in Cafés oder zentralen Einrichtungen anbieten. „Für die Jugend kann ich mir auch Sprechstunden in den Schulen vorstellen.“
Wie die Übergabe mit Günter Thönnessen aussehen wird, weiß Anemüller noch nicht konkret. Erste Gesprächstermine sind schon gemacht. Die Zusammenarbeit mit ihrem bisherigen Konkurrenten, dem Ersten Beigeordneten Paul Schrömbges (CDU), kann sie sich gut vorstellen. „Er ist sehr kompetent. Wir haben uns im Wahlkampf menschlich gut verstanden. Es war an manchen Stellen sogar schwierig, uns inhaltlich auseinander zu dividieren. Ich denke, bei der Arbeit werden wir gut miteinander klar kommen.“
Und dann sollte bis zum 21. Oktober noch Zeit bleiben für ein paar Urlaubstage. „Wir hatten keine richtigen Sommerferien. Ein paar Tage Tapetenwechsel — vielleicht an die Nordsee — habe ich geplant“, sagt Anemüller. Vorher wird sie noch mal mit ihrer Familie in kleiner Runde bei einem Essen feiern. „Sie haben das alles mitgetragen, und sie sind jetzt mega-stolz auf mich.“