Das Krokodil wollte nicht aus der Festhalle
Im Keller von Viersens guter Stube gab es früher ein Aquarium. Daran erinnert eine Festschrift zum 100-jährigen Bestehen.
Viersen. Philipp wollte gar nicht weg aus dem Festhallenkeller. Er versetzte seine Wärter in Angst und Schrecken, brach die Transportkiste entzwei. Doch schließlich wurde das Nilkrokodil doch noch gebändigt und trat seine Reise zum Drachenfelsen an. Philipp war eines der letzten Krokodile, die im Aquarium des Viersener Festhallenkellers lebten. 1955 war es eröffnet, 1970 geschlossen worden. In dieser Zeit hatten Besucher dort in 25 Aquarien und zehn Terrarien neben Krokodilen auch Vogelspinnen, Kugelfische und sogar eine Boa Constrictor bewundern können. Leider gibt es von Krokodil Philipp kein Foto mehr.
Die Geschichte des Aquariums im Festhallenkeller hat Ellen Westerhoff zusammengetragen. Nachzulesen ist sie in der neuen Festschrift „100 Jahre Festhalle“, die jetzt der Förderverein gemeinsam mit der Kulturabteilung der Stadt herausgegeben hat.
Darin nimmt das Aquarium breiten Raum ein, das lange als Attraktion der Stadt galt. Gerade in Zeiten der Kirmes auf dem Vorplatz wurden die exotischen Tiere gerne besucht, und ein Musiker aus Prag soll von einem kleinen Alligator gesprochen haben, der einmal in der Probe der tschechischen Philharmonie aufgetaucht sein soll.
Doch die Kosten liefen dem betreibenden Verein für Aquarien- und Terrarienkunde davon; allein die Futterkosten für das letzte verbliebene Kaiman-Krokodil beliefen sich auf 1000 Mark. So kam 1970 das Aus.
Verschiedene Autoren um Stadtarchivar Marcus Ewers haben sich bemüht, Hintergründe und Anekdoten rund um die Halle zusammenzutragen, die noch nicht allgemein bekannt sind.
Und das ist ihnen gelungen. Erinnert wird an den finanziellen Engpass, der fast dazu geführt hätte, dass die „Turn- und Festhalle“ nicht zu Ende gebaut wurde. Auch zu Ausstellungen wurde die Halle vielfach benutzt. Damit, so Jutta Pitzen von der Städtischen Galerie im Park, wurde quasi der Grundstock gelegt für die große grafische Sammlung der Stadt. So verfügt Viersen über Werke von weltbekannten Künstlern wie Picasso, Otto Dix oder auch Roy Lichtenstein.
Erinnert wird auch daran, dass es immer wieder Pläne gab, das Umfeld der Halle, die etwas außerhalb des Stadtzentrums liegt, zu verändern. So wollten die Nazis den Haupteingang der Halle verlegen und einen Aufmarschplatz vorsehen.
Nach den Renovierungen zwischen 1998 und 2005 sind derzeit nur kleinere Veränderungen geplant. „Wir wollen die Treppenstufen im Innern erneuern, die Akustik in den Wandelgängen verbessern und die Türvorhänge austauschen“, sagt Rüdiger Schmitz vom Förderverein. Und kräftig feiern. Zum Beispiel beim Festakt am 7. Dezember.