Der Rundgang wurde zum Erlebnis

„Jazz und Handwerk“ am Schloss Neersen gab es am Wochenende zum 25. Mal.

Neersen. Strahlender Sonnenschein zur 25. Ausgabe von „Jazz und Handwerk“: Am Wochenende gab es bei frühlingshaftem Wetter rund um das Neersener Schloss viel zu entdecken. Während die Resonanz am Samstag noch verhalten war, kamen die Besucher gestern in deutlich größerer Zahl.

Leider waren die Attraktionen für die kleinsten Besucher nicht komplett. „Wir mussten eine Hüpfburg wieder abbestellen, weil sich die Versicherung nicht gemeldet hat. Und ein Karussell stand an seinem vorigen Standort im Wasser und war nicht einsatzbereit“: Mitorganisator Thomas Gartz von der Neersener Kaufmannschaft ärgerte sich, dass den Kindern einiges vorenthalten bleiben musste. Für die etwas Älteren lohnte sich der Besuch von „Jazz und Handwerk“ auf jeden Fall — nicht zuletzt deshalb, weil Elisabeth Könings-Schumann etliche Handwerker verpflichtet hatte, die zum ersten Mal in Neersen waren.

Petra und Res Neuenschwander aus Bad Camberg präsentierten einem interessierten Publikum ihre „Ur-Klarinette“, die nur optisch an eine Blockflöte erinnerte. „Die meisten unserer Instrumente sind aus Birnenbaumholz, wir verwenden aber auch Nussbaum und Ahorn“, verriet Res Neuenschwander.

Foto: Friedhelm Reimann

Der Rundgang war ein Erlebnis: Aus einem blauen Zelt war ein ungleichmäßiges Zischen zu hören — Olaf Tappert aus dem thüringschen Gehren befeuerte seinen Brenner mit Gas und Sauerstoff. Er präsentierte nicht nur die Kunst des Glasblasens, sondern ließ die Besucher ihre eigene Kugel fertigen.

Viele Besucher nahmen den kleinen Umweg in Kauf, um sich die neuesten Produkte von Liegeradbau Schumacher aus Willich und die Räder von Bagir-Bikes aus Kleinenbroich anzuschauen. Ein besonderer Hingucker, der wie alle anderen Räder probegefahren werden durfte: Das Fat-Bike mit den ultrabreiten Reifen, eine Art Harley Davidson unter den „Drahteseln“.

Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben: Bernhard Fitting und Iris Bühler kommen schon seit Jahren mit ihren kinetischen Windspielen nach Neersen. Am frühen Samstagnachmittag waren die neuesten Kreationen bereits ausverkauft: „Wir haben hier mittlerweile viele Stammkunden, die rechtzeitig kommen, wenn die Auswahl noch groß ist“, sagte Fitting, der die kleinen Kunstwerke unter dem Namen Luv-Art anbietet.

Schön, wenn interessante Waren von interessanten Leuten feilgeboten wird: Josef Dadon war in Israel Bauunternehmer. Jetzt lebt er in Krefeld und arbeitet als Modist. Seine 105 Jahre alte Nähmaschine der Marke „Neumann“ aus Dresden hat der 55-Jährige mit einem Elektromotor aufepeppt. Das Credo des 55-Jährigen, der schon Hollywoodstars mit Hüten versorgt hat: „Jeder Hut von mir findet einen Kopf.“

Im Schlosskeller verblüffte Thomas Dieckmann (55) aus Rees mit seinen Bildern: Der Frühpensionär — er verfügt nur noch über drei Prozent der normalen Sehkraft — malt vor allem Stadtszenen mit dem Charme des Morbiden, wobei er das Licht auf gelungene Weise einzusetzen weiß.

Sehr gelungen — das ist auch das Prädikat, das die Jubiläumsausgabe von „Jazz und Handwerk“ mit 45 Handwerksständen verdient hat. Und das ganz ohne Hüpfburg.