Bei der evangelischen Kirchengemeinde Viersen Hier werden echte Kultlieder geschmettert
<irglyphscale style="font-stretch 992499%;">Viersen </irglyphscale> · Aus einem Ferien-Programm für Erwachsene ist in der evangelischen Kirchengemeinde in Viersen ein fester monatlicher Termin geworden. Jeder, der Spaß am Singen hat, darf mitmachen.
Mit einem leisen Surren rollt die Leinwand im großen Gemeinderaum der evangelischen Kirchengemeinde Viersen herunter. „Für uns ist das heute eine Premiere. Es ist nicht nur das erste Singen im neuen Jahr. Wir gehen heute erstmalig digital an den Start. Die Texte zum Mitsingen laufen per Beamer über die Leinwand, sodass die Mitsingenden die Liederbücher nicht mehr brauchen“, sagt Gitta Schölermann. Die Gemeindepädagogin der evangelischen Kirchengemeinde Viersen, die gerade Beamer und Leinwand in Position gebracht hat, nimmt am Keyboard Platz, um einen letzten Check in Sachen Mischpult und Verstärker durchzuführen.
Es ist kurz vor 18 Uhr und damit startet ein ganz besonderes Angebot der Gemeinde. Das monatliche Kultliedersingen steht an. „Eigentlich war es nur als ein Angebot unseres großen Sommerferienprogramms im vergangenen Jahr gedacht“, erinnert sich Kathrin Jabs-Wohlgemuth. Die Pfarrerin und Schölermann kreierten 2024 ein Ferienangebot für Erwachsene. Vor dem Hintergrund, dass es Ferienprogramme für Kinder in Mengen gibt, aber nicht nur Kinder, sondern auch Erwachsene daheim bleiben, kam den beiden die Idee, ein Angebot für Große zu machen.
Unter dem Titel „Sieben Wochen – reisen ohne Koffer“ hatten sie dazu einen musikalischen Teil mit dem Titel „Kultliedersingen“ kreiert, der durch die verschiedenen Länder führte. Ein jeder war eingeladen, zu dem gemeinsamen Singen von bekannten Liedern einfach vorbeizukommen und mitzusingen. Das Gleiche galt für Musiker, die ein Instrument spielen. Schölermann erstellte Liederbücher mit den Texten der von ihr ausgesuchten Lieder samt den dazugehörigen Noten für die Musiker. Insgesamt 20 Exemplare machte sie fertig, doch die reichten bei weitem nicht. Schölermann musste verdoppeln.
Das musikalische Angebot kam so gut an, dass die Gemeinde beschloss, es weiter einmal im Monat anzubieten. Die sehr gute Annahme zeigt den beiden Ideengeberinnen, dass ihr Angebot ankommt. „Wir können feststellen, dass die Menschen Lust haben zu singen“, sagt Schölermann. Viele Menschen scheuten Chöre aufgrund eines bestimmten Anspruchsdenkens. Hier falle es nicht auf, wenn jemand einen Ton nicht treffe, fügt Jabs-Wohlgemut an.
Herzliche Begrüßungen sind inzwischen im Gemeindesaal zu hören. Viele der Mitsänger sind Stammgäste und man kennt sich. „Ich bin von Anfang an dabei. Es macht Spaß gemeinsam zu singen und das über Generationen hinweg. Es ist eine tolle Gemeinschaft“, sagt die 85-jährige Erika. Johanna hat indes beim Advents- und Weihnachtssingen erstmalig mitgemacht. „Jetzt bin ich wieder da. Es war sehr schön und ich freue mich auf den Abend“, sagt die Seniorin. Marlies berichtet, dass das Kultliedersingen für sie ein fester Termin geworden sei. „In einem Chor singen möchte ich nicht. Das wäre mir zu verpflichtend. Hier geht es zudem absolut ungezwungen zu und das begrüße ich“, sagt die Viersenerin.
Ein bisschen zögernd schieben sich Erstsänger herein. „Herzlich Willkommen. Kommen sie rein und suchen sie sich einen Platz. Sie müssen nur die Leinwand sehen können, da laufen nämlich unsere Texte“, begrüßt Schölermann mit einem Lächeln und zeigt damit, dass sie sich wirklich über jeden Mitsingenden freut. „Die Freude am Singen steht bei uns im Vordergrund. Falsche Töne sind völlig egal. Jeder singt frei mit. Singen ist ein Schatz für Körper, Geist und Seele“, hebt die Gemeindepädagogin hervor.
In Sachen Instrumente ist derweil ebenfalls Verstärkung angerückt. Xaver und seine Gitarre sind da. „Ich bin ein Wiedereinsteiger an der Gitarre. Mich begeistert die schöne Atmosphäre beim Kultliedersingen. Ich komme gerne mit meiner Gitarre vorbei und unterstütze instrumental“, sagt er. An diesem Abend kommt kein weiteres Instrument dazu. Wobei es aber schon bis zu sieben Musiker mit ihren Instrumenten waren, die die Sänger begleiteten.
Der Gemeindesaal ist voll geworden. Über 30 Mitsingende haben sich eingefunden. Lange Vorreden gibt es nicht. Pfarrerin und Gemeindepädagogin begrüßen herzlich, dann geht es auch schon mit dem ersten Lied los. Auf der Leinwand erscheinen die Worte „Wind Nord-Ost, Startbahn null-drei. Bis hier hör ich die Motoren“. Das bekannte Lied „Über den Wolken“ von Reinhard Mey macht an diesem Abend den Anfang.
Insgesamt hat Schölermann eine Playlist mit 22 deutschen und 20 englischen Liedern zusammengestellt, allesamt gängige Songs, die über Generationen hinweg funktionieren. Beim Kultliedersingen kommen immer 16 davon zum Tragen, wobei Schölermann jedes Mal eine neue Zusammenstellung konstruiert. Zu „Über den Wolken“ gesellen sich an diesem Tag unter anderem „Schuld war nur der Bossa Nova“, „Liebeskummer lohnt sich nicht“, „Ohne dich“, „Killing me softly“ und „Yellow submarine“. Und wer bei den englischen Texten nicht mithalten kann, der summt einfach mit. Auch das macht Freude.