Radfahrende Senioren: Helm und Warnweste sollten stets dabei sein

Ein Unfall in den eigenen Reihen hat einer Gruppe von Radlern die Augen für die Gefahren geöffnet.

Schwalmtal. Für kleine Kinder ist es selbstverständlich, sie wachsen damit auf: Bevor man sich auf den Drahtesel schwingt, setzt man den Helm auf. Je älter die Menschen, desto größer jedoch die Vorbehalte. Modische Bedenken, die Angst, ausgelacht zu werden, der rinnende Schweiß bei stechender Sonne und - vor allem bei Damen: "Meine Frisur."

Natürlich klären die Berater von Polizei und Verkehrswacht immer wieder darüber auf, wie wichtig ein Helm ist - im Ernstfall sogar lebensrettend. Aber auch Schockvideos helfen bei eingefahrenen Meinungen wenig. Was den Mitgliedern der Schwalmtaler Radfahrgruppe von "Zwar" (das steht für: Zwischen Arbeit und Ruhestand) geholfen hat, war, einen solchen Unfall mit eigenen Augen zu sehen.

Meist sind die Senioren in der Umgebung von Schwalmtal unterwegs, aber es gibt auch richtige Radausflüge. "Wir waren für acht Tage an der Saar", erzählt Marie-Luise Adler (69). Weil einige aus der Gruppe sich bereits hatten überzeugen lassen, einen Helm zu tragen, kauften sie und ihr Mann Horst sich vor dieser Tour auch welche.

Etwa 50 Kilometer am Tag traten die Schwalmtaler in die Pedale. Am vorletzten Tag war Marie-Luise Adler ihren Helm richtig leid. An den Vortagen hatte sie darunter geschwitzt, es war unangenehm gewesen. Aber ihr Mann Horst bestärkte sie, nicht mit der guten neuen Gewohnheit aufzuhören.

Zum Glück. Denn es regnete, die Schwalmtalerin stürzte auf dem nassen Asphalt. "Ich landete zuerst heftig auf dem Steiß, dann riss es meinen Kopf nach hinten und ich schlug auf einem Betonstreifen auf", erzählt sie. Den Mitfahrern stockte der Atem. Aber die 69-Jährige erhob sich und stellte fest, dass sie außer dem schmerzenden Steiß keine Verletzungen hatte. "Wir waren so froh, dass sie einen Helm aufhatte", sagt ihr Mann noch Monate später.

Viele andere der Radler haben sich inzwischen ebenfalls entschlossen, mit Helm zu radeln. Die letzten Unschlüssigen beobachten interessiert die neue Entwicklung, dass Helme ein Design bekommen, die sie wie schicke Hüte oder Kappen aussehen lässt.

Polizei und Verkehrswacht sind zunächst froh, dass der Unfall so glimpflich ausgegangen ist. Aber Verkehrssicherheitsberater André Berndt hofft auch, dass diese Erfahrung vielen die Augen geöffnet hat - und noch öffnen wird. Er bietet für die Polizei Viersen die Sicherheitskurse für Senioren auf dem Rad an.

325 Radfahrer verunglückten im Jahr 2009 allein auf den Straßen im Kreis Viersen, 72 von ihnen waren über 65 Jahre alt. Das ist überproportional, denn im Augenblick sind nur etwa 16 Prozent der Deutschen über 60. Auch an den bundesweiten Zahlen lässt sich die erhöhte Gefährdung deutlich machen: Jeder dritte getötete Radfahrer ist mehr als 60 Jahre alt. "Senioren verunglücken häufiger mit dem Rad", sagt Berndt.

Was ihm aber größere Sorgen macht, sind die Folgen: "Während ein junger Mensch vielleicht mit ein paar Schrammen aufsteht, haben wir in diesem Alter komplizierte Verletzungen zu beklagen." Deshalb schult er die Radler gern. Der Helm gehört dazu - genau wie die Warnwesten, die die Polizei jetzt der Schwalmtaler "Zwar"-Gruppe spendiert hat.