Zuständig für 11.000 Bäume im Stadtgebiet Die Baumdoktoren von Nettetal

Nettetal · Sie machen es wie die Spechte: Anklopfen am Stamm gehört zu den Methoden, mit denen Nettetals Baumkontrolleure den Gesundheitszustand von rund 11.000 Bäumen im Stadtgebiet prüfen. Die Diagnose ergibt nicht immer Gutes.

Ewald Meier, Heinz-Josef Naus und Nils Hauschild (v. l. nach r.) sind Baumkontrolleure in Diensten der Stadt Nettetal.

Foto: Holger Hintzen

Tack, tack, tack – die Schläge mit dem Gummihammer in Ewald Meiers Hand hallen kurz und knackig wider. Klingt nach massivem Holz fürs Laienohr. Der von Meier beklopfte Baum auf dem Friedhof in Breyell scheint einen Stamm ohne Hohlräume zu haben. Ein gutes Zeichen.

Anklopfen ist nicht die einzige Methode, mit der Meier, Baumexperte im städtischen Nettebetrieb, und drei weitere Baumkontrolleure die rund 11 000 städtischen Bäume regelmäßig überprüfen. „Baumansprache“ nennt Kontrolleur Nils Hauschild die Prozedur, zu der unter anderem ein Blick auf den Zustand der Krone und des Blattwerks, die Inspektion des Stammes, des Stammfußes und von Hohlräume auf Pilzbefall gehören. Jeder Baum soll einmal alle 15 Monate an die Reihe kommen. Und zwar zu unterschiedlichen Jahreszeiten, weil sich manche Probleme und Schädlinge eben nur zu bestimmten Zeiten einstellen. Eine Daueraufgabe also für Meier, Hauschild und ihre Kollegen Heinz-Josef Naus und Brian Neale – zum Wohl der Bäume und der Natur, aber auch im Dienst der Sicherheit auf Straßen, Wegen und Grünflächen Nettetals.

Heinz-Josef Naus demonstriert den Klopf-Test mit dem Gummihammer.

Foto: Holger Hintzen

Aktuelles Beispiel: Die etwa 50 Jahre alte Roteiche, die kürzlich in Kaldenkirchen an der Ecke Kehrstraße/ Zur Lärche gefällt wurde. Der Baum stand bei den Experten der Stadt schon seit Längerem unter Beobachtung. An Stamm und in der Krone waren zwar keine Symptome einer Erkrankung zu sehen, doch am Stammfuß hatten die Experten einen Pilz entdeckt – den Klapperschwamm. Als weiterer starker Pilzbefall hinzukam, der für Fäule im Wurzelansatz sorgte und die Standsicherheit gefährdete, musste die Roteiche aus Gründen der Verkehrssicherheit gefällt werden. 

Die Baumkontrolleure sind mit allerlei Utensilien unterwegs. Das Fernglas etwa hilft beim Spähen in höher gelegene Hohlräume.

Foto: Holger Hintzen

„Es schmerzt, sich von so einem schönen und prägenden Baum trennen zu müssen“, sagt Meier. Aber da die Stadt für sichere Wege und Grünflächen verantwortlich ist, muss sie eingreifen, wenn Gefahr im Verzug ist. Und so dienen die regelmäßigen Baumkontrollen auch dazu, Gefahren rechtzeitig zu erkennen und den Zustand eines jeden einzelnen Exemplars regelmäßig zu erfassen und zu dokumentieren

Bäume an Straßen leiden mehr
als jene auf freien Flächen

Die trockenen und heißen Sommer der vergangenen Jahre haben den Bäumen zugesetzt. Birken, Buchen und Hainbuchen, sagen die Experten, haben als nur relativ flach wurzelnde Gattungen Probleme, noch an genügend Wasser zu kommen. Während die rund 1150 Bäume auf Nettetals Friedhöfen weniger betroffen sind, weil sie auf freien Flächen wachsen, haben es Bäume entlang von Straßen schwer. Umgeben von befestigten Flächen leben sie beengter und stoßen mit ihren Wurzeln im Erdreich auf von Menschenhand eingezogene Hindernisse: Gasleitungen, Stromleitungen, Telefon- und Glasfaserkabel. Und Autos, die auf dem Erdreich rund um den Stamm geparkt werden, verdichten den Boden. Niederschlag versickert schlechter.

„Wir versuchen, für jeden abgestorbenen Baum, den wir fällen müssen, an Ort und Stelle wieder einen nachzupflanzen“, sagt Meier. Geht es an Ort und Stelle nicht, so sorgt die Stadt dafür, dass Ersatz an anderer Stelle geschaffen wird. In jüngster Zeit seien unterm Strich im Stadtgebiet mehr Bäume gepflanzt worden als gefällt, so die Experten. Manche Arten werden auf Dauer wohl rarer werden zugunsten von Arten, die mit trockenen und heißen Sommern besser zurechtkommen. „An Straßen pflanzen wir schon keinen Bergahorn mehr“, sagt Meier. Und fügt hinzu: „Wir versuchen, jedem Baum, den wir neu pflanzen, mehr Lebensraum zu verschaffen.“ Zahlt sich hoffentlich aus, wenn bei der Baumansprache im Jahr 2050 mal wieder angeklopft wird.