UN-Mission: Heiko Lammertz - der „Kawajak“ vom Niederrhein
Heiko Lammertz ist auf UN-Mission im Südsudan. Der Nettetaler hilft mit, das Leben der Jüngsten sicherer zu machen.
Viersen/Aweil. Heiko Lammertz, Hauptkommissar von der Kreispolizeibehörde Viersen, ist zum dritten Mal auf UN-Mission. Nach dem Kosovo und Afghanistan ist seit Anfang des Jahres der Südsudan seine Heimat auf Zeit. Er ist in Aweil, der Hauptstadt der Provinz Northern Bahr-el-Ghazal stationiert. Das ist innerhalb des vom Bürgerkrieg geschüttelten Südsudan noch einer der „besseren“ Orte.
Es ist ein Green-State, das heißt, hier schweigen im Moment die Waffen, weil die Menschen nach 50 Jahren Krieg müde sind. Lammertz weiß, dass sich im Südsudan eine Hungerkatastrophe anbahnt. Im September müsste geerntet werden. Aber niemand hat gesät, die Felder liegen brach, weil die Menschen in den anderen Provinzen kämpfen, flüchten oder Flüchtlinge versorgen.
Dabei ist der Südsudan kein karges Land. Dort beginnt das Grün Zentralafrikas. Das Grün, das sogar als Symbol mit in die Flagge des seit drei Jahren unabhängigen Staates eingegangen ist. Aber: ohne Aussaat keine Ernte.
Viele UN-Kollegen werden im Moment aus Aweil abgezogen, um in den Flüchtlingslagern im Süden zu helfen. Er selbst wird Ende Juli, nach drei Wochen Urlaub bei seiner Frau und seinen Söhnen in Nettetal, in den Norden zurückkehren. Zurück zu den Menschen der Stadt, zu seinem Kollegen Ulrich Kruse aus Bremen und zu den Kindern.
Seine Aufgabe ist dort mit „Community Policing“ umschrieben. Es gibt im Südsudan keine Polizei-Ausbildung. Zu Polizisten werden Ex-Soldaten, die größtenteils schon zwischen 60 und 80 Jahren alt sind, Jahrzehnte lang gekämpft haben.
„Wir beraten sie, was jetzt ihre Aufgaben sind“, erzählt Lammertz. Es gehe darum, einzuschreiten, ohne Menschen in ihren Grundrechten einzuschränken. Zu den Bürgerforen, die die UN-Mitarbeiter anbieten, kommen die Dorfvorsteher der Umgebung. Dort hören sie teilweise erstmals, dass alte Gesetze nicht mehr gelten, dass man Frauen nicht für zwölf Rinder zur Hochzeit verkauft.
Immer wieder begegnen die UN-Mitarbeiter Kindern, die auf der Straße leben. Wie der Dreijährige, dessen Vater tot ist und dessen Mutter vor kurzem an Typhus starb. Der 13- oder 14-Jährige, dem ein Bein fehlt, seit er im Schnüffel-Rausch von einem Lkw erfasst wurde. Ihm konnten die Frauen und Männer der UN zumindest einen Rollstuhl besorgen.
Wer auf der Straße lebt, kann nicht ruhig schlafen. Dort gilt das Gesetz des Stärkeren. Um die Ausweglosigkeit zu betäuben, wird Benzin geschnüffelt. Und manchmal verschwinden einfach Kinder über Nacht. Wahrscheinlich werden sie entführt und zu Soldaten gemacht.
Lammertz und ein Bremer Kollege planen deshalb ein Kinderschutzhaus. Ein städtisches Grundstück mitten im Ort ist vorhanden. Lammertz: „Wir wollen den Menschen zeigen, dass die Kinder zu ihnen gehören und nicht an den Rand gedrängt werden dürfen.“ 5800 Euro soll der einfache Bau kosten. Dieses Geld müssen die „Kawajaks“, wie die Südsudanesen die Weißen nennen, zusammenbringen. Die beiden Männer haben den Verein „Lachen helfen“ für ihr Projekt gewonnen. 4563 Euro sind auf dem Spendenkonto. Mehr als 1000 Euro haben Lammertz’ Kollegen im Kreis Viersen zusammengelegt. Im Haus sollen 20 bis 30 kleine Kinder wenigstens in Ruhe und ohne Angst die Nacht verbringen können und regelmäßig von „Ärzten ohne Grenzen“ untersucht und geimpft werden.
www.lachen-helfen.de