Förderunterricht „Deutsch für alle“ vor dem Aus?
Seit 1996 bietet die Johannesschule Intergrationshilfe für Schüler ohne Deutschkenntnisse an. Wer übernimmt in Zukunft das Konzept?
Anrath. „Wir möchten nicht, dass der Förderunterricht zu gemacht wird. Wie lernen neue Schüler dann Deutsch? Förderunterricht ist für uns sehr wichtig: Wir können hier gut Deutsch lernen. Manchmal lachen andere Schüler in der Klasse. Hier lernen wir in Ruhe. Fehler, die wir im Förderunterricht machen, machen wir dann nicht mehr in der Klasse.“
Yagmur (17), ihre Schwester Yonca (15), Dawid (12), Amandeep (17) und Sebastian (15) befürchten, dass der Förderunterricht für Schüler aus Migrantenfamilien, die kein oder kaum Deutsch sprechen, auslaufen könnte, wenn die Johannesschule in ein paar Jahren abgewickelt ist.
Argument für Argument haben sie aufgelistet, gut leserlich in Schreibschrift auf Din A4-Blättern. Mit diesem Papier und Fotos machen sich die Fünf am Donnerstag auf den Weg zum Bürgermeister. Yagmur hat den Vorschlag gemacht. Seit zwei Jahren lernt sie Deutsch. Nach der Schule engagiert sie sich ehrenamtlich im Seniorenbereich. Weihnachten ist sie Josef Heyes begegnet. Nun soll er von ihrer Sorge erfahren. Yagmur: „Ich will, dass der Förderunterricht bleibt.“
Regelmäßig werden Schüler in Anrath mitten im Schuljahr eingeschult und müssen im laufenden Betrieb integriert werden. Es sind Schüler aus aller Welt, die oft kein einziges Wort Deutsch sprechen, aber vom Alter her schon in die Klasse 7, 8 oder 9 gehen. „Insgesamt haben wir seit 1996 über 500 Schüler individuell gefördert“, sagt Lucia Verhees, Lehrerin der ersten Stunde. „Schulen konnten uns jedes Problemkind schicken. Wir leisten hier Präventions- und Integrationsarbeit.“
„Sprachförderung ist der Schlüssel zur Integration“, ist Karin Kirchmair-Brenner, Leiterin der Johannesschule in Anrath, überzeugt. Sie will für den Erhalt des Konzepts kämpfen. „Seit wir die Förderhilfe haben, haben wir kein Ausländerproblem mehr, denn wir machen die Schüler sprachlich fit“, sagt auch ihr Kollege Helmut Frantzen. „Wir haben gute und bewährte Konzepte und das Personal, das diese Konzepte umsetzen kann“, sagen beide, hoffen, dass die Arbeit Zukunft hat. Was die Inklusion, also das gemeinsame Lernen von Behinderten und Nichtbehinderten in so genannten I-Klassen angeht, hat sich Ute Will-Nieding, Leiterin der Robert-Schuman-Gesamtschule, vor Ort schon informiert und Interesse an einer Fortführung in ihrer Schule gezeigt.
Ein ähnlich starkes Interesse von anderswo für den Erhalt des Förderunterrichts gibt es noch nicht. „Die Stadt Willich will den Baustein wohl erhalten“, hat Kirchmair den Eindruck. Aber von Ulrich Graf, dem neuen Dezernenten der Bezirksregierung für die Gesamtschulen, sei noch kein Signal gekommen.
Kirchmair: „Ich habe den Eindruck, keine der Gesamtschulen soll in den Ruf kommen, Nachfolgeschule der Johannesschule zu sein.“ Aber die Schüler, die intensiv gefördert werden müssten, werde es auch in Zukunft geben.
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