Willich Früher „Fahnder“, heute Kästner
Der Schauspieler Hans-Jürgen Schatz kommt nach Neersen. Der Berliner liest Texte im Ratssaal.
Neersen/Berlin. Für Hans-Jürgen Schatz ist es nicht nur „mein absolutes Festspiel-Debüt“ — der Berliner ist am kommenden Dienstag zum ersten Mal überhaupt in diesem Teil des Niederrheins. Während er beispielsweise Emmerich, Kleve und Duisburg von vergangenen Auftritten und Engagements kennt, ist ihm der Kreis Viersen bislang gänzlich unbekannt. Selbst in der Großstadt Krefeld sei er „komischerweise noch nie gewesen“, so Schatz im WZ-Interview.
Wie aber kommt der Schauspieler — der neben dem „Fahnder“ Klaus Wennemann in der gleichnamigen ARD-Vorabendserie bundesweit Bekanntheit erlang — dann ausgerechnet jetzt nach Neersen? Die Antwort: purer Zufall. „Ich habe im vergangenen Jahr in Berlin meinen guten Freund Matthias Freihof getroffen.“ Dieser hatte bei den Festspielen 2016 in „Ziemlich beste Freunde“ eine der beiden Hauptrollen gespielt und führt in diesem Jahr bei „Honig im Kopf“ Regie. Die beiden Kollegen beschlossen, gemeinsam essen zu gehen — und Freihof brachte dazu Jan Bodinus mit, seines Zeichens Intendant in Neersen. Der nutzte die Chance und lud Schatz (übrigens kein Künstlername!) für eine Veranstaltung in den Ratssaal im Schloss ein.
Am Dienstag liest Hans-Jürgen Schatz nun Erich Kästner und will damit einen „Querschnitt durch die ,Gebrauchslyrik’ für Erwachsene“ bieten. Seit fast 30 Jahren ist der 59-Jährige immer wieder vorlesend auf Tour. Mit Texten von Jean Paul und Thomas Mann erarbeitete er sich einen exzellenten Ruf als Rezitator. Zu seinem ebenfalls erfolgreichen Kästner-Programm kam er Ende der 80er Jahre durch Horst Naumann („Schwarzwaldklinik“, „Traumschiff“). In München feierten sie gemeinsam Premiere. Allein ist er damit seit 1995 zu sehen und zu hören.
„Kästners Texte wirken, als wären sie erst gestern geschrieben worden — ohne von gestern zu sein“, erklärt er die Attraktivität seines Dauerbrenners. Für seinen ersten Auftritt an einem Ort, wie jetzt in Neersen der Fall, schlage er grundsätzlich diesen „unterschätzten Lyriker des 20. Jahrhunderts“ vor. „Weil er als Kinderbuchautor sehr bekannt ist.“ Viele Menschen kennen zudem die Verfilmungen.
Doch es waren nicht etwa die Klassiker „Emil und die Detektive“ oder „Das doppelte Lottchen“, die in dem Ur-Berliner die Liebe zu Kästner weckten. „Mein erstes Buch von ihm war ein bebilderter Band von ,Don Quichotte’. Den bekam ich von meinen Eltern, als ich einmal krank im Bett lag.“
Seit dem „Fahnder“ sind 25 Jahre vergangen. Und auch die TV-Rolle in „Salto Postale“ (mit Wolfgang Stumph) lag noch in den 90er-Jahren. Schatz’ TV-Präsenz hat inzwischen stark abgenommen. Er fühlte sich „plötzlich nicht mehr vom Fernsehen gefragt“, erzählt der Schauspieler. Dafür blieb mehr Zeit für die Bühne. „Das macht große Freude.“
Sicherlich werden im Ratssaal auch einige „Fahnder“-Fans sitzen, die sich mit viel Nostalgie an den stets korrekten „Max Kühn“ und dessen 80er-Jahre-Brille erinnern.
„Unser Publikum ist mit uns älter geworden“, sagt der Darsteller dieser Rolle.
„Das haben wir mit den Stones und den Beatles gemeinsam“, so Hans-Jürgen Schatz weiter.