Stahlwerk Becker: Wasserwerk wird saniert Spatenstich am Wasserwerk
Willich · Die Fassade des Industriedenkmals wird saniert. Drinnen werden nach Haus-im-Haus-Konzept neue Wände und Decken eingezogen.
Wäre das Wasserwerk ein Auto, man würde ihm, Pardon, mit dem Beinamen „Rostlaube“ schmeicheln. Und würde man sagen, „aber auf die inneren Werte kommt es an“, wäre es auch kein Brückenschlag hin zum Kompliment. Denn viel Inneres gibt’s nicht mehr nach Außen zu tragen. Das Wasserwerk in seinem Zustand im Mai 2019 ist mehr Fassade als Sein.
Eine Hülle, ein Gerippe, das nach Prüfung durch den neuen Statiker unterhalb des Dachansatzes sofort zwei Leimenbinder von Längsseite zur Längseite verpasst bekommen hat – durch die Außenmauern hindurch verschraubt. Denn deren Standfestigkeit war überhaupt nicht sicher.
Und doch ist der gestrige Tag einer, der den festen Glauben trägt, aus diesem ehemals stolzen, imposanten und Detail-verliebten Gemäuer genau so eines wieder zu machen. Vor dem die Willicher und Gäste des Gewerbeparks Stahlwerk Becker nicht stehen bleiben, weil sie „Lost Places“, verlorene Plätze, fotografieren wollen, sondern weil sie verblüfft sein werden, wenn sie das Vorher mit dem Nachher vergleichen.
Zwei, die für den festen Glauben am Gelingen im eng gesteckten Finanzrahmen stehen, sind Willichs Kämmerer Willy Kerbusch in seiner Funktion als Geschäftsführer der Grundstücksgesellschaft der Stadt Willich, und Architekt Peter Jahnen (vom Büro Heinz, Jahnen, Pflüger).
Die beiden verbindet Freud’, mancher Streit und immer das Ziel, oft Versuchtes nach mehr als 20 Jahren endlich möglich zu machen. Schon mit dem Ankauf des Stahlwerk-Areals am 30. Dezember 1997, einer laut Kerbusch Altlasten-Fläche von 80 Hektar, sollte das Wasserwerk saniert werden. In fünf Jahren sollte das erledigt sein. Viel zu früh gefreut! Nun also zurück auf Anfang. Bis Mitte 2020 soll die hundertjährige Schöne zurück in die Zukunft geführt werden.
Eine Ausschreibung nach der anderen geht raus
„Ich freue mich ungemein, dass wir dieses Projekt zum Abschluss bekommen“, sagt Peter Jahnen. Er ist zum Spatenstich gestern direkt aus Aachen gekommen. Dort ist sein Büro. Und dort sind zwei Mitarbeiter ausschließlich dafür abgestellt, die Ausführungsplanung zu bearbeiten. Zeit ist Geld. „Eine Ausschreibung nach der anderen geht raus“, so Jahnen, der alle drei Tage einen Blick auf den Stand der Planungen wirft. Kerbusch schätzt ihn als gradlinigen Architekten, der sich mit einem Industrie-Denkmal auskennt. Schon der planerische Entwurf für das Gewerbegebiet mit Wasserachse, fürs Gründerzentrum oder Halle 4 gehen auf Jahnen zurück. „Das Wasserwerk ist ein Juwel“, schwärmt der Architekt. Das Projekt sei „spannend, schwierig, aber machbar“. Dem pflichtet Arno Lietz von der Bauunternehmung H. Siebers bei, der bereits Projekte im Stahlwerk umgesetzt hat. Jahnen: „Hier ist ein eingespieltes Team am Werk.“
Barrierefrei kommt man noch nicht ins Wasserwerk. Das ist Ziel. Die Fassade bleibt so weit es geht erhalten. Das schließt die Fenster mit ein. Innen wird alles erneuert. Es entsteht ein Haus im Haus, standfest auf neuen Fundamenten, mit neu eingezogener Betondecke.
Wenn Jahnen auf den symmetrischen Aufbau der Fassade schaut, weist er auf Elemente der Antike hin, einen angedeuteten Tempel beispielsweise – vier Säulen, die er hervorheben will, indem er künftig eine neue, breite Eingangstür erst dahinter installieren will. Diesem industriellen Gebäude habe man beim Bau den gleichen Stellenwert wie einer Herrschaftsarchitektur beigesteuert.
Dem Spatenstich voraus sind schon einige Arbeitsstunden des Baggerfahrers gegangen. Sein aufgehäufter Bodenaushub schreckt Kerbusch ganz und gar nicht: „Das sieht gut aus. Harmlos, An anderen Stellen war der Boden schwarz.“ Die Beprobung des Bodens soll zeitnah passieren. Ein Schritt von vielen bis das architektonische Juwel für alle sichtbarer wird.