Feuerwehr in Tönisvorst Feuerwehr probt wieder den Ernstfall
Tönisvorst. · Mit den Lockerungen der Corona-Schutzverordnung dürfen die Tönisvorster Wehrkräfte ihre Übungstreffen wieder aufnehmen. Die Teams sind kleiner und strikt getrennt. Ein Miteinander wird es zunächst weiterhin nicht geben.
(emy) Die erste Gruppe ist längst raus, nun treten die acht Mitglieder der zweiten im Feuerwehrgerätehaus an der Lindenallee in Vorst zusammen. Jeder von ihnen trägt eine Mund-Nasen-Maske, alle stehen sie mit Abstand zueinander, die Stimmung ist gut. Viele von ihnen haben sich in den vergangenen Monaten gar nicht oder nur bei Einsätzen gesehen. Die Männer scherzen. An diesem Tag wollen sie wie vor der Krise gemeinsam die Grundlagen ihrer Tätigkeit auffrischen. Durch die Lockerungen der Corona-Schutzverordnung ist das seit Kurzem wieder möglich – allerdings mit Einschränkungen.
Auch während des corona-bedingten Lockdowns sind die Einsatzkräfte der beiden Löschzüge der Freiwilligen Feuerwehr Tönisvorst natürlich zu Einsätzen gefahren, sagt Kai Hebben, der die Ansprache vornimmt. Anfang Juni wurde der 39-Jährige zum Leiter des Löschzugs Vorst ernannt. Doch um bei den Einsätzen das Ansteckungsrisiko für jeden einzelnen zu verringern, seien die Teams kleiner und auf mehr Fahrzeuge verteilt als üblich ausgerückt. Wenn einzelne krank würden, sei das für die Feuerwehr personell zu verkraften, erläutert Hebben: „Wenn es alle auf einmal sind, wäre das eine Katastrophe.“
Einmal haben die Ausbildungsübungen wieder stattgefunden, für diesen Montagabend ist das zweite Treffen angesetzt. „Die Vorgabe ist, dass die Gruppen zeitlich und örtlich getrennt trainieren müssen“, erläutert Jan Gläser, Sprecher für den Löschzug Vorst. Die erste Mannschaft hat sich darum gegen 19.15 Uhr auf den Weg zum Übungsort gemacht, die zweite ist gegen 19.30 Uhr dran. Maximal zehn Personen sind in einer Gruppe, dazu kommt je ein Ausbilder. Die Vorster haben es ein bisschen leichter. Weil der Löschzug mit 38 Ehrenamtlern weniger Mitglieder hat als der St. Töniser (68), kommen dort alle Teams am gleichen Tag dran.
Auf dem Schulhof der Gemeinschaftsgrundschule Vorst zur Schützenstraße hin sind die ersten ehrenamtlichen Wehrleute bereits in ihre Übung vertieft. Sie proben unter anderem, Scheinwerfer aufzustellen und Lüfter aufzubauen – Dinge, die die Wehrkräfte natürlich alle beherrschen würden, sagt Löschzug-Mitglied Bernd Heyer (46), „aber es ist wichtig, dass der Umgang routiniert bleibt“. Jeder müsse im Einsatz mit jedem Gerät umgehen können.
Auf der anderen Seite des Gebäudes, zur Gerkeswiese hin, trainiert Niklas Gierthmühlen mit seiner Gruppe den Umgang mit der Kettensäge. Er persönlich möchte sich vor allem in den Übungen mit der Atemschutztechnik befassen. „Man vergisst nicht, wie es geht, aber der Respekt wird größer“, sagt der 27-Jährige. „Das sind schließlich Sachen, die man nicht jeden Tag in die Hand nimmt.“
Jonas Kohnen, der mit seinen Kameraden in St. Tönis gerade mit einer Personenrettung beschäftigt ist, bestätigt: „Die Routine fehlt.“ Mit einem Spreizer heben die Wehrkräfte einen Kleinwagen an, unter dessen Vorderreifen ein Dummy liegt. Weitere Autos stehen bereit, um beispielsweise üben zu können, wie Eingeklemmte nach einem Unfall aus einem Wagen befreit werden. „Rund 30 Autos brauchen wir für unsere Übungen pro Jahr“, sagt Sprecher Gläser. Meist bekommt die Feuerwehr sie von Schrotthändlern.
Die Zeit des Lockdowns haben die Einsatzkräfte als ruhiger empfunden, berichten einige von ihnen. „Es waren weniger Menschen auf den Straßen, deswegen gab es zum Beispiel weniger Unfälle“, sagt Gläser. In den Zahlen schlägt sich dieses Empfinden aber nicht signifikant nieder. Für das gesamte Jahr 2019 zählte die Freiwillige Feuerwehr Tönisvorst insgesamt 334 Einsätze, davon 98 Brandeinsätze, 198 technische Hilfeleistungen und 38 sonstige. In diesem Jahr gab es bislang 204 Einsätze; 88 wegen Bränden, 92 für technische Hilfeleistung und 24 sonstige. Weniger geworden sei in der Corona-Krise auf jeden Fall die Zahl der Brandwachen, die die Feuerwehr unter „Sonstiges“ auflistet, denn „die sind wegen des Versammlungsverbots ausgefallen“, erläutert Gläser.
Dass sie wieder Übungseinheiten durchführen können, bedeutet für die Löschzüge eine große Erleichterung, gleichzeitig leidet für sie weiterhin ein großer Aspekt ihrer Tätigkeit: die Gemeinschaft. „Das Zusammensitzen fehlt“, sagt Niklas Gierthmühlen. „Sonst haben wir uns nach den Übungen auch mal zum Grillen getroffen.“ Jonas Kohnen bestätigt: „Die Kameradschaft hat ordentlich gelitten.“
Bernd Heyer erläutert, weshalb das Miteinander ein ganz wesentlicher Aspekt der Feuerwehr-Tätigkeit ist: „Es ist schön, die Leute wieder zu sehen, denn es gehört dazu zu wissen, wie sie ticken.“ Durch das gemeinsame Späße machen und Erzählen wisse er, wer sich gerade in welcher persönlichen Situation befinde. „Dadurch weiß man, wer gerade auf welchem Posten gut aufgehoben ist“, sagt Bernd Heyer.