Neues aus Nordamerika Schiefbahner im Wilden Westen

Bozeman (USA)/Schiefbahn · Nicole und Conner Keßeler haben mit ihrem alten Pick Up die Grenze zu den USA passiert.

Entspannen in uriger Atmosphäre. Allerdings: Gab es im Wilden Westen schon Coffee to go?

Foto: WZ/Conner Keßeler

Da die Schneestürme im Süden von Kanada zugenommen haben, sind Nicole und Conner Keßeler mit ihrem alten Pick Up in etwas wärmere Gefilde geflüchtet, haben dabei die Grenze zu den USA passiert – die Grenzkontrolle war okay. Lebensmittel, Tabak oder Alkohol entdeckten die Beamten nicht.  Der Zöllner scannte schließlich die Abdrücke aller Finger und schrieb den beiden dann ins  Visum, dass sie bis zum 1. April 2019 in den USA bleiben dürfen, also noch ein halbes Jahr.

Gerade fahren die beiden Globetrotter aus Schiefbahn in den Yellowstone Nationalpark, dem ältesten, weil schon 1872 gegründeten Nationalpark der Welt, der mit seinen rund 9000 Quadratkilometern so groß wie Korsika ist. „Wir wollen dort die fauchenden Geysire, die heißen Quellen und blubbernden Schlammkessel erleben“, sagt Nicole. Und natürlich die Bären, Wölfe und die fast ausgerotteten Bisons. Willkommen in Montana!

Auch wenn die ersten Nächte in den Vereinigten Staaten nicht so berauschend waren, waren sie dafür doch ohrenbetäubend. Denn ihr Campingplatz nahe Whitefish Montain lag neben der Eisenbahn und dem Bahnhof. Teilweise zogen zwei schwere Dieselloks über hundert Güterwaggons, was natürlich entsprechenden Lärm verursachte – inklusive des Rangierens und Abkoppelns einzelner Waggons am Bahnhof.

Aber noch einmal zurück: Zuletzt hatten sie sich im kanadischen Midway (British Columbia) aufgehalten. Auch in den nächsten Tagen sorgten die Alterserscheinungen des alten Fords dafür, dass die Route auch von den Werkstätten in der Umgebung bestimmt wurde.  Mal war es die Verteilerkappe, mal die Zündkerzen oder der Vergaser, die überprüft werden mussten. Noch war und ist alles im grünen Bereich; einige Reparaturen an dem Fahrzeug machte Conner selbst.

Einheimische warnten das niederrheinische Duo vor einem totalen Wetterumschwung, den sie in den nächsten Tagen erwarteten. Auch trafen die Camper Touristen, die in den Süden wollten. Andere empfahlen ihnen einige Orte und Städte. So die Kleinstadt Nelson mit ihren historischen Gebäuden und originellen Geschäften. Conner entschied sich  in einem Souvenirshop, der von ausgefallenem Schmuck über getrocknete Hasenbeine oder Krähenkrallen alles hatte, für einen kleinen Ninja.

Nicole hatte bei ihrer Stadtbesichtigung noch Wichtiges vor: Sie telefonierte mit ihrer Tochter Gianna, die gerade 30 Jahre alt geworden war. Bei dem Telefonat kam bei ihr so ein bisschen Heimweh auf.

Ein lausig-kalter
Wind kam auf

Die Nächte wurden kälter, hinzu kam ein lausiger Wind. Es pfiff in dem alten Ford aus allen Ecken und Schlitzen. Der erste Schnee fiel.  Unterwegs machten sie ausdehnte Spaziergänge durch die Wälder, entdeckten dabei Spuren von Luchsen und  Grizzlys.  Als dann die Kälte, der Schnee und die Staus auf den Straßen zunahmen, steuerten sie die USA an.

Nicole jubelte. Sie waren in Montana, dem Cowboyland. Auch wenn in den ersten Orten wegen der endenden Touristensaison einige Saloons und Shops geschlossen waren. Die beiden übernachteten für 28 Dollar die Nacht (ein Dollar sind 0,89 Euro) auf einem Campingplatz nahe Whitefish Montain, eben neben den Bahngleisen und dem Bahnhof gelegen. Sie bekamen gehörig was auf die Ohren. Zumindest schmeckten in den Restaurants der Spinat mit Käse oder das Rührei mit den Speckstreifen.

     Einige Läden hatten in der „Westernwelt“ noch geöffnet. Dort gab es unter anderem Hüte, Stiefel und Gürtel in allen Schattierungen und Kombinationen, auch Sättel fürs Pferd. Lange hielt sich Pferde-Liebhaberin Nicole dort auf.

    Manchmal wurde auch ein wenig gestritten, so bei der Frage, was bei der Tour wichtiger sei: den Tag zu genießen oder richtig und viel zu erleben. Man einigte sich aber schnell, hatte schließlich selbst schon einiges unternommen und viele Tage der Entspannung gehabt.  „Ich will vor allem jetzt Wölfe entdecken“, war ein Wunsch der Schiefbahnerin. In einen reinen Tierpark wollte sie dann aber doch nicht.

Teile des Glacier Nationalparks waren aufgrund starker Schneefälle gesperrt. Dennoch erlebte das Ehepaar dort einige traumhaft schöne Tage.

Übernachtet wurde unter anderem in einem Motel in der Universitätsstadt Missoula und auf dem Dorfcampingplatz in Philipsburg. Besichtigt wurde in der Westernstadt  Philipsburg ein altes Gefängnis, in dessen Turm noch immer der Galgenstrick hängt. Der Sheriff verriet ihnen, dass ab und an vor allem wegen des übermäßigen „Alkoholgenusses“ der eine oder andere Bewohner dort einsitzt.

Viele Einheimische  ernähren sich von der Jagdausbeute. In zahlreichen Gärten ist die USA-Flagge gehisst. Ein Gartenbesitzer ist der 64-jährige Rentner John Brown. Er hatte aus seinem Garten eine Halloween-Kulisse gemacht, mit Totenköpfen, Grabsteinen und an den Bäumen hängenden Geistern. Seit 30 Jahren arbeitet John an der Dekoration. Bald will er ein Spinnenhaus bauen. John erzählte weiter, dass im Footballstadion des Ortes bald Eishockey gespielt wird.

   Von Philipsburg aus führte der Weg in den Yellowstone Nationalpark an urige Winterlandschaften vorbei und einmal mehr in einige Werkstätten. Während Conner die Kfz-Betriebe ansteuerte, erholte sich Nicole in einem Motel in Schwimmbad und Whirlpool. Aber auch Conner konnte etwas entspannen: Während der Ford wieder einmal durchgecheckt wurde, saß er gemütlich beim Frisör…