Trockenheit lockt die Wespen an
Wespen, Hummeln, Hornissen — Harry Abraham vom Naturschutzbund berät telefonisch und siedelt im Notfall um.
Willich. Beim Grillen oder dem Verzehr von Süßspeisen im Freien sind sie derzeit besonders lästig — Wespen. Das ist nicht nur eine Empfindung. Die Insekten zieht es momentan bei ihrer Suche nach Wasser in bewohntes Gebiet, denn die natürlichen Wasserstellen sind größtenteils ausgetrocknet. „Die Flüssigkeitsaufnahme über Pflanzen reicht nicht mehr aus“, erklärt Harry Abraham, Willicher Wespen-Experte und Mitglied des Naturschutzbundes Krefeld/Viersen. Die Wespen bräuchten Wasser zur eigenen Versorgung, Kühlung ihres Nestes und zur Fütterung ihrer Larven. Die Trockenheit, hohe Temperaturen und die vermehrten Begegnungen zwischen Insekten und Menschen hängen daher zusammen.
Wichtig: Wespen sind nicht aggressiv und haben kein Interesse daran, den Menschen zu stechen, solange sie sich nicht bedroht fühlen. Genau das ruft man aber hervor, wenn man hektisch nach ihnen schlägt.
Harry Abraham hilft, wo er kann. Der erste Schritt sei die telefonische Beratung: „Ich nehme mir Zeit und erkläre den Leuten alles in Ruhe. Ich möchte das Umweltbewusstsein der Leute stärken. Gerade in Zeiten von Insektensterben“, sagt der Willicher Naturschützer. Zunächst benötigt der Experte Informationen: Das Aussehen der Insekten, die Örtlichkeit des Nestes und der Flugverkehr der Tiere sind zu klären. Anhand dessen kann er die Wespenart bestimmen: „In den meisten Fällen geht es um die Deutsche oder die Gemeine Wespe“, führt Abraham aus. Diese beiden Arten würden menschlichen Kontakt nicht scheuen. Vor allem dann nicht, wenn sie Wasser und tierisches Eiweiß für ihren Nachwuchs suchen. Daher stehe die Grillwurst bei Wespen hoch im Kurs. Ziel der Telefonberatung sei „das Nest an Ort und Stelle belassen“, so Abraham.
„Umsiedlungen von Wespen sind möglich, aber teuer und aufwendig. Daher macht es kaum keiner“, konstatiert der Insekten-Fachmann. Für die Umsiedlung müsse das Nest möglichst ohne große Beschädigungen geborgen und in sogenannte Umsiedlungskästen montiert werden. Die Kästen werden anschließend im Wald aufgehängt.
„Manche schneiden einfach das Nest ab und stecken es in eine Plastiktüte“, berichtet Abraham. Das sei gut gemeint, aber nicht gut gemacht. Nistkästen stelle er zur Verfügung: „Ein Kasten ist für den Rest der Saison belegt“, merkt Abraham an. In der Anschaffung würden diese Kästen bis zu 100 Euro kosten. Grundvoraussetzung für die Umsiedlung ist eine leichte Zugänglichkeit zum Nest. Je nach Aufwand und Größe des Nestes gibt Abraham auf seiner Webseite Kosten in Höhe von 30 bis 250 Euro an.
„Für den Kammerjäger sind es nur fünf Minuten Arbeit, aber der eigene Lebensraum wird kontaminiert“, gibt Abraham zu bedenken. Die Schädlingsbekämpfer würden Nervengift in die Einflugöffnungen schießen. Das Gift könne durch den Wind weggetragen werden und sei „bis zu einem halben Jahr nachweisbar“. Nisten die Insekten in Jalousiekästen, könne das Gift auch ins Haus gelangen und für Menschen gesundheitsgefährdend sein. Der Wespen-Schützer rät daher zu „passiven Maßnahmen“ wie Fliegengitter. In den meisten Fällen sei ein Aussitzen sinnvoll: „Wespen-Nester bestehen maximal für sechs Monate und werden vom Volk nur einmal genutzt“, klärt Abraham auf.
„Wespen sind auch Bestäuber und wichtig für unsere Umwelt. Das wird oft vergessen“, mahnt der Naturschützer. Seine Expertise bietet Abraham auch in Fällen von Hummeln und Hornissen an.