Regierung Krisen und Unwägbarkeiten - NRW-Regierung legt „Basishaushalt“ vor

Düsseldorf · Drastisch steigende Energiepreise, hohe Inflation, steigende Zinsen - der Haushaltsplan der Landesregierung steht unter vielen unsicheren Vorzeichen. Ob die Schuldenbremse eingehalten werden kann, ist offen. Der neue Finanzminister ist in einer schwierigen Lage.

NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst.

Foto: dpa/Kay Nietfeld

Andauernde Krisen mit unwägbaren wirtschaftlichen Folgen setzen die schwarz-grüne Landesregierung Nordrhein-Westfalens bei ihrem ersten Haushaltsentwurf unter Druck. Gut zwei Monate vor Jahresende legte Finanzminister Marcus Optendrenk (CDU) am Mittwoch nur einen vorläufigen Etatentwurf für 2023 vor. Wesentliche Parameter seien „noch völlig unklar“. Der vom Kabinett verabschiedete „Basishaushalt“ sei derzeit ohne neue Schulden geplant, sagte er. Einen „Puffer“ gebe es nicht. „Es ist ein Haushalt in Zeiten von Krisen und in Zeiten großer Herausforderungen.“

Der Haushaltsplan sei geprägt von den Folgen des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine, der Energiekrise mit steigenden Preisen für Gas und Strom, der hohen Inflation, Zinssteigerungen und der andauernden Corona-Pandemie. Unklar seien aber auch noch die Auswirkungen des angekündigten dritten Entlastungspakets des Bundes auf das Land und die Ergebnisse der Herbst-Steuerschätzung. „Ob wir neue Schulden machen, hängt von dem Ergebnis ab“, sagte Optendrenk.

Am Donnerstag will Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) die Ergebnisse der Herbst-Steuerschätzung der Öffentlichkeit vorstellen. Die Ergebnisse sind auch wichtig für die nächsten Gespräche über Entlastungen, die am kommenden Mittwoch (2. November) zwischen den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Länder sowie Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) anstehen. Besonders bei der Finanzierung des ausgeweiteten Wohngelds sowie der Nachfolge des 9-Euro-Tickets und der Flüchtlinge liege eine Einigung zwischen Bund und Ländern „noch in weiter Ferne“, so Optendrenk.

Der jetzige Plan halte an den Vorgaben der Schuldenbremse fest, so Optendrenk. In welchem Umfang Änderungen am Entwurf notwendig werden, ist laut Optendrenk offen. Mehr Klarheit erwartet er nach den Gesprächen von Bund und Ländern kommende Woche. Dass die Landesregierung mit der Vorlage des Etats nicht noch so lange warte, begründete er mit dem Budgetrecht des Landtags. Der Haushalt soll kommende Woche in den Landtag eingebracht und kurz vor Weihnachten beschlossen werden.

Nach den Düsseldorfer Berechnungen würde das dritte Entlastungspaket des Bundes allein in NRW im kommenden Jahr zu über drei Milliarden Euro an Mehrbelastungen führen, wenn die Kosten hälftig zwischen Bund und Ländern aufgeteilt würden. NRW sieht die Hauptlast aber beim Bund und fordert eine Aufteilung von 75 zu 25. „Wir können im Moment nur spekulieren, welche Belastungen sich möglicherweise aus dem Entlastungspaket III und gegebenenfalls aus der Steuerschätzung ergeben“, sagte Optendrenk. Die Ergebnisse würden dann in das laufende Haushaltsverfahren im Parlament eingebracht.

Das Volumen des NRW-Etats 2023 soll laut bisheriger Planung im Vergleich zu 2022 um fünf Milliarden Euro auf 93,4 Milliarden Euro steigen. Eingeplant ist eine Steigerung der Steuereinnahmen um 3,6 Milliarden auf 75,4 Milliarden Euro. Die Basis dafür ist aber noch die Mai-Steuerschätzung.

Mit knapp 21,7 Milliarden Euro hat der Etat des Schulministeriums das größte Volumen. Die Ausgaben für innere Sicherheit summieren sich laut Optendrenk auf knapp 6 Milliarden Euro. Für Landesmaßnahmen für Asylbewerber und Bürgerkriegsflüchtlinge werden 1,8 Milliarden Euro bereitgestellt. In Digitalisierungsmaßnahmen fließen 477 Millionen Euro.

Einige Beispiele für geplante Ausgaben im Haushalt: Die Kommunen erhalten rund 1,2 Milliarden Euro mehr als 2022 und bekommen vom Land insgesamt 15,2 Milliarden Euro. 470 Millionen Euro sind zur Absicherung der eigenen Energiekosten des Landes eingeplant. Außerdem müssen die im Nachtragshaushalt 2022 angeschobenen Projekte wie die schrittweise Angleichung der Lehrergehälter, das Kita-Alltagshelferprogramm und Flüchtlingsmaßnahmen mit insgesamt 700 Millionen Euro weiterfinanziert werden. 48,5 Millionen Euro sind zudem für die Finanzierung der Sprach-Kitas reserviert.

482 Millionen Euro sind im Etat laut Optendrenk „trotz der eng gesteckten Finanzierungsspielräume“ für „Zukunftsprojekte der schwarz-grünen Koalition“ vorgesehen. Diese reichten von der Klimafolgenanpassung über Bildungsprojekte, Sicherheit, Katastrophenschutz und Cybersicherheit bis zur Stärkung des Ehrenamts und Sports.

Schwarz-Grün hatte als eine erste finanzpolitische Maßnahme bereits einen Nachtragshaushalt für dieses Jahr mit einem Volumen von fast 900 Millionen Euro vorgelegt. Der Landeshaushalt 2022 soll mit dem geplanten Nachtrag auf Gut 88,4 Milliarden Euro wachsen.

Die oppositionelle SPD bemängelte erneut, dass ein eigenes Landesentlastungspaket für die Menschen und ein Hilfsprogramm für die Betriebe in NRW fehle. „Wieder zeigen die Finger nur nach Berlin und ansonsten werden die Hände in den Schoß gelegt“, so der SPD-Haushaltsexperte Stefan Zimkeit. Konzepte gegen die Bildungskrise im Land fehlten genauso wie eine Vorsorge für eine Lösung der kommunalen Altschuldenprobleme. Optendrenk sagte, dass NRW zeitnah mit dem Bund über die Altschulden sprechen werde. Sollte es keine Einigung geben, werde es eine eigene Landeslösung geben.

(dpa)