Überblick Lützerath-Räumung: Polizei meldet Aktivisten in unterirdischen Gängen
Erkelenz · Der Polizeieinsatz zur Räumung Lützeraths geht bei Dunkelheit weiter. Symbolträchtige Häuser rücken in den Fokus – ein Fahrzeug der Polizei brennt. Aktivisten haben sich offenbar in unterirdischen Gängen verschanzt. Der Überblick.
Im Braunkohleort Lützerath haben sich Aktivisten in unterirdischen Gängen verschanzt. Die Polizei spricht offiziell von „unterirdischen Bodenstrukturen“. „In mindestens einer dieser unterirdischen Bodenstrukturen sind Menschen drin, die müssen geborgen werden. Eine andere ist leer“, sagte Aachens Polizeipräsident Dirk Weinspach am Donnerstabend im WDR.
Die Situation für die Aktivisten unter der Erde sei nicht ungefährlich. „Wir wissen nicht, wie stabil diese unterirdischen Bodenstrukturen sind. Wir wissen auch nicht, wie die Luftzufuhr dort ist“, sagte Weinspach. Im Moment komme die Polizei nicht an die Aktivisten heran. Spezialkräfte von RWE und Technischem Hilfswerk kümmerten sich nun darum, „wie die Rettung in geeigneter Weise vorgenommen werden kann“.
Die Besetzer des Ortes, der dem Braunkohle-Abbau weichen soll, hatten zuvor in den sozialen Netzwerken über den Tunnel berichtet und die Polizei gewarnt, mit schwerem Gerät in den Bereich zu fahren.
20.06 Uhr: Fahrzeug der Polizei geht in Lützerath Flammen auf
Am Rande des Einsatzes im Braunkohleort Lützerath ist ein ziviles Einsatzfahrzeug der Polizei in Flammen aufgegangen. „Wir gehen definitiv von einer Brandstiftung aus“, sagte ein Polizeisprecher am Donnerstag. Das zivile Einsatzfahrzeug habe in der Nähe des Protestcamps im Nachbarort Keyenberg gestanden und sei durch ein Blaulicht auf dem Dach eindeutig als Polizeiauto zu erkennen gewesen. Man gehe davon aus, dass die Täter die Scheibe eingeschlagen und eine brennbare Flüssigkeit in das Auto geschüttet hätten. Ob Tatverdächtige ermittelt werden konnten, war zunächst unklar.
Die Räumung ging am Donnerstagabend auch in der Dunkelheit teilweise weiter. „Objekte, die angegangen worden sind, arbeiten wir noch fertig ab“, sagte ein Polizeisprecher. Auch Aktivisten, die sich einbetoniert oder festgekettet hätten, würden trotz der Dunkelheit befreit. „In solchen Fällen müssen wir Hilfe leisten“, sagte der Sprecher. Es sei aber nicht geplant, in der Nacht die Räumung weiterer Gebäude anzugehen.
Teile von Lützerath wurden durch Scheinwerfer hell erleuchtet. Bäume wurden gefällt und Sträucher entfernt, wie eine dpa-Reporterin berichtete. Auch Holzhäuser seien in der Dunkelheit noch abgerissen worden.
17.47 Uhr: Polizei trägt Klima-Aktivistin Luisa Neubauer weg
Klima-Aktivistin Luisa Neubauer ist von Polizisten vom Zufahrtsweg des Braunkohleorts Lützerath weggetragen worden. Neubauer hatte sich dort am Donnerstag mit rund 100 Aktivisten zu einer Sitzblockade eingefunden. Die Teilnehmer wurden von der Polizei eingekreist und nach und nach weggetragen oder abgeführt. Drei Beamte trugen schließlich auch Fridays-for-Future-Aktivistin Neubauer mit Hilfe ihrer Mehrzweck-Stöcke davon.
„Wir wollen hier sitzenbleiben, bis wir weggetragen werden“, hatte Neubauer zuvor der Deutschen Presse-Agentur gesagt. Ein Polizeisprecher sagte, die Teilnehmer seien auf dem Weg zur Tagebauabbruchkante gewesen. Dies sei gefährlich und habe durch die Polizei verhindert werden müssen.
Nach Neubauers Angaben setzte die Polizei vereinzelt auch Pfefferspray gegen Aktivisten ein. Dazu sagte der Sprecher, er könne dies weder bestätigen noch ausschließen. Insgesamt hatten mehrere Hundert Menschen an einem Demonstrationszug von der Ortschaft Keyenberg in Richtung des etwa vier Kilometer entfernten Lützerath teilgenommen.
Bei der Räumung ist nach Angaben der Polizei eine Polizistin am Donnerstag durch einen Feuerwerkskörper leicht verletzt worden. Die Beamtin sei am Bein getroffen worden, hätte aber im Einsatz bleiben können, sagte ein Sprecher. „Unterlassen Sie jeglichen Bewurf von Einsatzkräften – das ist kein friedlicher Protest! Jeden Angriff werden wir konsequent zur Anzeige bringen!“, schrieb die Polizei bei Twitter.
Bei der Räumung des rheinischen Braunkohleorts Lützerath rücken am Freitag die symbolträchtigen Häuser der einstigen Bewohner weiter in den Fokus. Bislang haben Bagger nur Holzhütten und Barrikaden der Aktivisten dem Erdboden gleichgemacht. Die Häuser von Lützerath wurden aber noch nicht abgerissen. Einsatzkräfte hatten am Donnerstag damit begonnen, in die Gebäude zu gehen und die Besetzer rauszutragen. Dabei waren vereinzelt Feuerwerkskörper und Steine in Richtung der Beamten geworfen worden, wie dpa-Reporter berichteten.
Am Donnerstagmorgen mussten die Besetzer bereits den symbolträchtigen Duisserner Hof aufgeben. Das Gebäude war zu einem bildstarken Symbol des Widerstands gegen den Braunkohle-Tagebau Garzweiler geworden: Der Besitzer hatte sich bis zuletzt gegen die Enteignung gewehrt und war als „letzter Bauer von Lützerath“ bekannt geworden. Auch in einem zweiten Gebäude, dem sogenannten Paulahof mit einer aufgemalten Regenbogen-Flagge auf der Fassade, begann die Räumung.
Die einstiegen Bewohner haben den Ort schon vor Jahren verlassen. Die Gebäude gehören jetzt dem Energieunternehmen RWE, das die Braunkohle unter dem Ort zur Stromerzeugung abbauen will.
14:13 Uhr: Polizei prüft Hinweise auf Tunnelsystem in Lützerath
Im Zusammenhang mit der Räumung des von Klimaaktivisten besetzten Dorfs Lützerath im rheinischen Braunkohlerevier prüft die Polizei Informationen über eine angebliche Tunnelanlage unter dem Gelände. Die Beamten hätten davon „Kenntnis“, erklärte die Polizei am Donnerstag. „Die Richtigkeit dieser Informationen wird derzeit von uns geprüft.“
Trotz der schnellen Fortschritte bei der Räumung des Braunkohleortes Lützerath geht die Polizei nicht von einem kurzfristigen Ende des Einsatzes aus. „Wir wissen nicht, wann der Einsatz zu Ende ist“, sagte ein Polizeisprecher am Donnerstag. Seit Einsatzbeginn am Mittwoch waren unter anderem zahlreiche Holzhütten und auch einzelne in bis zu zehn Metern Höhe errichtete Baumhäuser abgerissen worden. Ein großer Teil der Besetzer hatte sich ohne großen Widerstand von Polizisten wegtragen lassen. Einige leisteten am Donnerstag aber weiterhin Widerstand.
Parteizentralen der Grünen in NRW besetzt
Die Parteizentrale der nordrhein-westfälischen Grünen ist am Donnerstag zum zweiten Mal in dieser Woche Zielscheibe von Klimaschützern geworden. Aus Protest gegen die Haltung der Grünen zur Räumung des Dorfes Lützerath besetzten rund 30 Aktivisten mehrerer Klimaschutz-Organisationen das Düsseldorfer Büro der NRW-Grünen. Ein Parteisprecher bestätigte das.
„Wir fordern ein Moratorium, um die unsinnige und gefährliche Räumung im Rheinischen Braunkohlerevier zu stoppen“, erklärte das „Bündnis Lützerath Unräumbar“ in einer Mitteilung. Die Besetzer forderten, mit NRW-Energieministerin Mona Neubaur (Grüne) persönlich zu verhandeln.
Am Dienstag hatte ein Düsseldorfer Bündnis bereits 250 Kilo Braunkohle-Briketts vor der Landesparteizentrale der Grünen abgeladen. Damit sollte der Öko-Partei symbolisch vorhalten werden, „dass sie nicht mehr die Partei der Klimaschützer sind, sondern die Kohle-Partei“.
14.13 Uhr: Aktivisten kleben sich in Hütten in Lützerath fest
Mehrere Aktivisten im Braunkohleort Lützerath haben sich mit Kleber in ihren Hütten festgeklebt, um der Polizei die Räumung zu erschweren. In einer Hütte hatten Besetzer ihre Hände an die Fensterscheiben geklebt. Beamte konnten sie aber schnell lösen, wie ein dpa-Reporter am Donnerstag berichtete. „Wir haben Erfahrung mit Lock-ons aller Art“, sagte ein Polizeisprecher. Als Lock-on werden Aktionen bezeichnet, bei denen sich Aktivisten festkleben oder anketten, damit Polizisten sie nicht einfach wegtragen können.
Abriss von Baumhaus
In Lützerath haben Polizisten ein Baumhaus der Aktivisten aus knapp 10 Metern Höhe kontrolliert zum Absturz gebracht. Nachdem die Besetzer das Holzhaus verlassen hatten, wurden alle Halteseile durchgeschnitten. Das Baumhaus sei dann am Donnerstag krachend in die Tiefe gestürzt und dort in viele Einzelteile zerbrochen, berichtete ein dpa-Reporter. Einsatzkräfte waren dabei, auch benachbarte Baumhäuser zu räumen. Auf dem Boden rissen Bagger mit ihren Schaufeln bereits eine Hütte nach der anderen ab.