Attentat am Breitscheidplatz Maaßen: V-Schutz hat Amri nie beobachtet

Düsseldorf · Der Noch-Chef des Geheimdienstes weicht im NRW-Untersuchungsausschuss vielen Fragen aus. Und wiederholt: Der Fall Amri war „ein reiner Polizeifall“.

Hans-Georg Maaßen kommt am Montag zu seiner Vernehmung im Untersuchungsausschuss des Düsseldorfer Landtags.

Foto: dpa/Federico Gambarini

Was wusste der Verfassungsschutz wirklich über den Berlinattentäter Anis Amri? Glaubt man Hans-Georg Maaßen, so war es nicht viel. Der umstrittene Noch-Chef des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) hat am Montag im Untersuchungsausschuss des NRW-Landtages zum Fall Amri ausgesagt. Er wiederholte, dieser sei in seinen Augen „ein reiner Polizeifall“. „Es gab keine nachrichtendienstliche Beobachtung durch meine Behörde“, so Maaßen.

Der 55-Jährige spricht mit gedämpfter Stimme, ruhig, fast monoton. Die in vielen Medien und auch von NRW-Politikern geäußerten Vermutungen, der V-Schutz habe zu Amri eine Quelle geführt oder ihn sogar als Köder für dickere Fische benutzt, „sind falsch und entbehren jeder Grundlage“. Auch habe man keine Vertrauensperson in Amris Umfeld verschwiegen – entsprechende Berichte gab es über eine V-Person in der Fussilet-Moschee, in der auch Amri ein- und ausgegangen sein soll. Laut Maaßen sei mit „Umfeld“ kein Ort gemeint, sondern „ein persönliches Kennverhältnis“. Und besagte V-Person habe Amri nicht einmal auf einem vorgelegten Lichtbild erkannt, erst recht keine Information über den Tunesier geliefert. „Wenn ja, hätten wir das sofort an Nordrhein-Westfalen weitergeleitet“, beteuert Maaßen.

Auf Nachfrage nach dem Behördenzeugnis, das das BfV zu Amri erstellt und das Maaßen selbst unterzeichnet hatte, erklärt dieser, man habe nur „unseren Briefkopf verwendet“, um eine Quelle aus NRW zu verschleiern. Aber selbst erstellt habe man das Schreiben nicht. An anderer Stelle in seiner zweieinhalbstündigen Vernehmung erklärt Maaßen, vielen weiteren V-Personen in ganz Deutschland seien Lichtbilder von Amri vorgelegt worden, ohne dass eine ihn erkannt habe, und wird gefragt, ob sie denn daraufhin den Auftrag erhalten hätten, sich nach dem Gefährder zu erkundigen – Maaßens Replik: „Da bin ich überfragt.“

FDP-Obmann Körner: „Er hat sehr geschickt nicht gelogen“

Das ist er an diesem Nachmittag oft. Wiederholt legen ihm die Parlamentarier Dokumente und Aussagen anderer Zeugen vor, in denen von nachrichtendienstlichen Aktivitäten die Rede ist. Sie ernten Aussagen wie: „Ich kenne das Dokument nicht“, „Ich kenne nicht jede Information, die bei meinen Sachbearbeitern eingeht“, „Das ist Hörensagen“ – und: „Ich kann hier so nicht arbeiten“. Immer wieder beharrt der Geheimdienstchef darauf, Amri sei „nicht mit nachrichtendienstlichen Mitteln bearbeitet“ worden, sondern von Polizeibehörden. Als Monika Düker einwendet, nach dem Ende der Handyüberwachung durch die Polizei habe aber nur der V-Schutz die rechtliche Grundlage für eine weitere Beobachtung gehabt und wie Maaßen da von einem reinen Polizeifall sprechen könne, zieht der einen Strich: „Ich glaube, das habe ich hinreichend erklärt – und die meisten haben es verstanden.“ Kopfschütteln nicht nur in den Reihen der Grünen.

„Unsere Zweifel haben sich nicht gelegt“, sagt Moritz Körner (FDP) nach der Vernehmung. Maaßen sei den konkreten Nachfragen zu den Zeugen, die von einer Beteiligung der Nachrichtendienste gesprochen hatten, ausgewichen: „Er hat sehr geschickt nicht gelogen.“ Auch Andreas Kossiski (SPD) findet, Maaßen habe „sehr allgemein, sehr strategisch“ gesprochen: „Auf entscheidende Fragen hat er die Antworten nicht gegeben.“ Weil er angeblich nicht selbst involviert war. „Da habe ich schon andere Behördenleiter erlebt“, meint Kossiski. Nun müsse man wohl Maaßens Mitarbeiter vorladen, um Ergebnisse zu erzielen.