Dörtes Bühnenschau Dörte erklärt die hohe Kunst der Operette

Bühnenschau der Künstlerin bietet in der zweiten Spielzeit kurzweilige Unterhaltung und erstaunliche Erkenntnisse.

Dörte führte wieder in die Welt der hohen Kunst ein. Mit viel Humor und Überzeugungskraft. Foto: Anna Schwartz

Foto: Schwartz, Anna (as)

Es geht um nicht weniger als die hohe darstellende Kunst, die in Gebäuden wie dem Opernhaus zuhause ist und vermeintlich dem „normalen“ Volk fremd bleibt. Dörte Bald, bekannt für ihre Verbundenheit mit Barmen und da speziell Heckinghausen, wo ihre Küche steht und sie erfolgreich schräges Musiktheater mit starkem Mundarteinschlag macht, ändert das. In der letzten Spielzeit lud sie erstmals „auf’n Tässken Kaffee“ ins Kronleuchterfoyer, begründete mit ihrer Bühnenschau ein Format, das mittlerweile eine feste Anhängerschaft hat. Der aktuelle Saisonauftakt widmete sich nun der Operette „Land des Lächelns“ und dem Lustspiel „Der zerbrochene Krug“, die auf dem Spielplan von Oper- und Schauspiel-Ensemble stehen. Es wurde eine unterhaltsame Stunde mit Erklärungen, erstaunlichen Einblicken und viel Witz.

Von Tuffi zu
Léhar und Kleist

Kaffeeduft durchzieht den voll besetzten Saal, auf der Bühne die bereits vertrauten tannengrünen Sessel, Nierentisch und Reclamhefte. Davor eine Dörte im rosafarbenen Glitzerkleid samt pinker Strumpfhose, die aufgeregt erzählt, warum sie eine gelbe Jacke (in Anlehnung an den ursprünglichen Namen von Léhars Operette), einen Bierkrug vom Vohwinkeler Flohmarkt (wegen Kleists Stück) und einen kleinen Stoff-Tuffi-Elefanten mitgebracht habe.

Der stehe nicht nur für Wuppertal, sondern auch für einen Reinfall, der einst das echte Tier wortwörtlich von der Schwebebahn in die Wupper befördert habe. Womit Dörte gekonnt zu Léhar und Kleist überführt, deren zu besprechende Stücke, bevor sie Publikumslieblinge wurden, ebenfalls Reinfälle gewesen seien. Freilich in einem anderen Sinn.

Den Wuppertalern
gefällt ihre Stadt wohl nicht

Léhar und seine Operette haben (natürlich) viel mit Wuppertal zu tun: Der Komponist begann seine musikalische Laufbahn als Orchestermusiker am Stadttheater am Brausenwerth (Elberfeld) und sein Werk erzählt die Geschichte zweier Menschen, die nicht zueinander kommen können – so wie Elberfeld und Barmen. Ihre „gewagte Übertragung“ untermauert Dörte mit einer Textstelle der Operette. Ansonsten sei diese einfach wunderschön und gehe zu Herzen, weshalb etwas für die Ohren folgt: Tenor Sangmin Jeon vom Opernensemble singt, begleitet von Koji Ishizaka am Flügel, die Arie „Dein ist mein ganzes Herz“.

Der erste Talkgast der Bühnenschau ist der neue Chefdramaturg der Oper, David Greiner, der natürlich erstmal vorgestellt werden und erklären muss, was er in seinem Job so macht. Weil er Neu-Wuppertaler ist und viele Jahre in Rom gelebt hat, bleibt die Frage nach dem Wohlbefinden in der Bergischen Metropole nicht aus. Die gefalle ihm ausnehmend gut, antwortet er, wohl aber den Wuppertalern selbst nicht: „Die Stadt hat so viel zu bieten, ich verstehe nicht, dass sie so wenig gelobt wird.“ Was Dörte mit dem Bergischen Meckerfott erklärt und ergänzt, dass es deshalb Frauen wie sie gebe, die sagen wie schön es doch hier sei. Das Publikum bedankt sich prompt mit Applaus.

Auch Kleists „völlig unverständliche“ Geschichte über einen zerbrochenen Krug, die Enthüllung für Enthüllung die Schadenfreude der Zuschauer steigere, bringt Dörte dem Publikum näher – wobei ihr die knallige Wuppertaler Inszenierung mit Puppenhaus-Bühnenbild und Einbettung in eine Gerichtsfernsehshow und der zweite Gast, Schauspielintendant Thomas Braus, helfen.

Der spielt selbst im Stück mit und erklärt, wie er mit der anspruchsvollen, stilisierten Sprache Kleists klarkomme, dass die Geschichte nicht nur unterhaltsam sei, sondern auch das aktuelle Thema Machtmissbrauch behandele und die Aufführung bei Schulklassen großen Gefallen finde, während Lehrer einiges zu kritisieren hätten. Dann eilt er in die Maske, um sich in Dorfrichter Adam zu verwandeln.

Bleibt der Ausblick auf die nächste Bühnenschau und ein Lied zum Abschluss, das jeden Reinfall-Gedanken, jede herbstlich bedingte Stimmungstrübung schwungvoll hinwegfegt. Dörte besingt in ihrer Version von „I will survive“ im Sambarhythmus „eine Frau aus Heckinghausen“, die nicht so schnell aufgibt, sondern „die Löwin in sich tanzen“ lässt. (Hohe darstellende) Kunst, Dörte und das Publikum sind eben ganz nah beieinander.