Dramatische Tendenz in Mönchengladbach Immer mehr Unfälle unter Drogeneinfluss
Mönchengladbach. · In den vergangenen fünf Jahren hat sich die Zahl der Unfälle, die von berauschten Fahrern verursacht wurden, verdoppelt. Die Polizei will der Entwicklung mit verstärkten Kontrollen entgegenwirken.
Dies ist ein Fall von vielen: Am vergangenen Montagvormittag verunglückt ein 58-jähriger Autofahrer gegen 11 Uhr auf der Konradstraße. Als die Polizisten eintreffen, finden sie den demolierten Wagen, ein beschädigtes Schild auf einer Verkehrsinsel und einen entwurzelten, in zwei Teile zerbrochenen Baum. Der Fahrer des Wagens gibt an, der Baum habe dort bereits gelegen. Die Spuren und Schäden widersprechen seiner Aussage. Es stellt sich heraus: Der Mann ist betrunken. Dass sich zum Zeitpunkt des Unfalls kein Fußgänger auf der Verkehrsinsel befand, ist pures Glück.
Insgesamt 169 Unfälle mit der Unfallursache Alkohol/Drogen verzeichnete die Mönchengladbacher Polizei im vergangenen Jahr. Das sind 23,4 Prozent mehr als in 2017. „Und wenn man die Zahlen seit 2014 miteinander vergleicht, dann gibt es sogar einen Anstieg um 50 Prozent“, sagt Polizeipräsident Mathis Wiesselmann. Auch für ihn ist das eine erschreckende Entwicklung. „Wir müssen dem entschieden entgegenwirken“, sagt er. Das will die Polizei unter anderem mit mehr Kontrollen erreichen. Die Zahl der Schwerpunktkontrollen wurde gerade auf 20 pro Jahr erhöht. Darüber hinaus hält auch der Streifendienst Autos bei verdächtigen Fahrweisen an. „Fast jeden Morgen wird uns berichtet, dass wieder jemand aus dem Verkehr gezogen wurde“, sagt der Polizeipräsident. Und Volker Flaß, Leiter des Leitungsstabs und der Direktion Verkehr, fügt an: „Letztens hatten wir einen, der zugab, dass er zum Frühstück einen mit Cannabis eingebackenen Brownie gegessen habe. Das war für ihn ganz normal.“
Auch bei den Schwerpunktkontrollen sind die Bilanzen erschütternd. Im Schnitt ist jeder zehnte Fahrer, den die speziell geschulten Beamten anhalten, berauscht. In der städtischen Führerscheinstelle wurden alleine in diesem Jahr 247 Fahrerlaubnisse entzogen. „Rund 60 Prozent davon sind Drogenfälle“, sagt Wilfried Schlausch, stellvertretender Abteilungsleiter in der Kfz-Stelle und zuständig für Führerscheinangelegenheiten. Auch er spricht von stark ansteigenden Zahlen. „Und ich sehe da auch noch kein Ende“, sagt er.
Autofahrer, die sich unter Drogeneinfluss ans Steuer setzen, könnten gewissen Stereotypen zugeordnet werden. „Sie haben Stress in ihrem Job. Nehmen Aufputschmittel, um tagsüber fit zu bleiben, und konsumieren abends Cannabis, damit sie wieder runter kommen“, berichtet Schlausch. Wiesselmann sieht dieses gesellschaftliche Phänomen auch: „Arbeitsverdichtung und Konkurrenzdruck lässt wohl einige Menschen verstärkt zu solchen Mitteln greifen.“
Ist der Führerschein erst einmal weg, wird es teuer. Denn wer wieder eine Fahrerlaubnis haben will, muss in den allermeisten Fällen zur Medizinisch-Psychologischen-Untersuchung, kurz MPU, und ist möglicherweise auch noch angehalten, an einem umfangreichen Drogen- und Alkoholkontrollprogramm teilzunehmen. Das ist nicht wenigen zu aufwändig. Um den Job zu behalten, setzen sie sich wieder ans Steuer und um den Stress auszuhalten, nehmen sie weiterhin Amphetamine.
Die Wirkung von Drogen werde von den Konsumenten oft unterschätzt, sagt Wiesselmann. Wegen der veränderten Wahrnehmung und Reaktionszeit mutierten berauschte Fahrer zu rollenden Zeitbomben. Deshalb müsse man weg von der Laissez-faire-Einstellung bei Trunkenheits- und Drogenfahrten. „Es gibt viel mehr Verkehrsopfer als Opfer von
Gewalttaten.“