Ärger um kritischen Karnevalsorden
Die KG Wenkbülle übt mit ihrem Sessionsorden Kritik am Oberbürgermeister. Das kommt nicht überall gut an.
Bürgermeister Michael Schroeren (CDU) bekam am Dienstag einen der rund 500 Sessionsorden der KG Wenkbülle verliehen. In Ruhe angesehen hat er ihn erst später — und dann zu seiner Überraschung ein vertrautes Gesicht entdeckt. In der Mitte des Ordens ist Oberbürgermeister Hans Wilhelm Reiners mit roter Nase und rotem Hut zu sehen. Drum herum als Spruch: „M’r donnt wat m’r könne! Doch manch ener dät da nix... Eine jecke Stadt.“ Übersetzt: Wir tun was wir können. Doch mach einer tut da nix. Die Botschaft ist klar: Die Wenkbülle attackieren den Oberbürgermeister.
Für Insider kommt das nicht aus heiterem Himmel. Denn die Karnevalsgesellschaft hatte sich schon in einem offenen Brief an Reiners gewandt. Die KG muss zum dritten Mal innerhalb von vier Jahren mit ihren Veranstaltungen, zu denen auch die große Seelöwe-Sitzung gehört, umziehen. Im vergangenen Jahr feierten sie noch im Theater im Nordpark (TiN) und schafften eigens Stühle an. Das Gebäude hat inzwischen das Land für die Unterbringung von Flüchtlingen reserviert, auch wenn es in diesen Wochen gerade leer steht. Die Karnevalsgesellschaft fühlte sich von der Stadt bei der Suche nach einer neuen Unterkunft allein gelassen. „Wir haben den Oberbürgermeister mehrfach zu erreichen versucht. Aber da ist lange gar keine Reaktion gekommen. Und am Ende ist alles im Sande verlaufen. Das hat uns sehr geärgert“, sagt der 1. Vorsitzende der Wenkbülle, Rolf Kuhlen. Die Karnevalsgesellschaft war über Jahrzehnte im Haus Baues in Windberg beheimatet. Als die Gaststätte schloss, zog die Wenkbülle in ein Zelt an die Stadtgrenze zu Viersen. Wegen der Beschwerde eines Anwohners konnte sie auch dort nicht bleiben und landete im TiN. Inzwischen wird in einem Zelt im Sparkassenpark gefeiert.
Der 2. Vorsitzende Michael Körffer versichert, der Orden sei zwar piksend, aber nicht böse gemeint. „Wir wollen damit ausdrücken: Wir schaffen das — alle gemeinsam. Da muss der Oberbürgermeister aber schon mitmachen und nicht die Vereine vergessen.“ Der Politik den Spiegel vorzuhalten, gehöre zum Karneval dazu.
Ganz so harmlos ist die Botschaft bei den anderen Karnevalisten nicht angekommen. Der Orden wird heiß diskutiert — viele finden ihn unangemessen. Bernd Gothe, Vorsitzender des Mönchengladbacher Karnevalsverbandes, sagt, er könne nachvollziehen, dass die KG Wenkbülle sauer sei. Ein Orden eigne sich aber überhaupt nicht, das zum Ausdruck zu bringen. „Personen auf einem Orden anzugreifen — das geht gar nicht. Das ist ein außergewöhnlicher Fauxpas.“ Für Dieter Beines, Präsident der Rheydter Prinzengarde, ist der Orden „ein Verstoß gegen jegliche Form karnevalistischen Anstands. So einen Orden würde ich nicht annehmen. Den möchte ich nicht einmal in der Schublade liegen haben.“
Auch Bürgermeister Michael Schroeren war nicht glücklich, als er sich nach der Veranstaltung in Ruhe ansah, was da um seinen Hals baumelte. „Das ist nicht in Ordnung“, findet er. Besonders unglücklich sei, dass der Eindruck vermittelt werde, die Verwaltung habe die Folgen der Flüchtlingskrise nicht im Griff. Gladbach sei gerade dank der Arbeit der Verwaltung erheblich besser aufgestellt als die meisten anderen Kommunen. Die Debatte freut die Verantwortlichen der Wenkbülle. „Genau das wollten wir ja: eine Diskussion anstoßen“, sagt Kuhlen.
Und der Attackierte selbst? Nimmt die Sache gelassen. Es sei klar, dass man das TiN für die Unterbringung von Asylbewerbern braucht. „Da habe ich bei der Abwägung keine Sekunde gezögert“, sagt Oberbürgermeister Reiners. Dass sich die KG Wenkbülle von der Verwaltung nicht gut betreut fühle, bedauert er. Reiners: „Und die Form der Kritik fällt unter Narrenfreiheit. Ich finde mich auf dem Orden gar nicht so schlecht getroffen.“