Auch Hunde genießen Wellness

Immer mehr Hundehalter bringen ihre Tiere zur Massage — Therapeutin Katrin Nake freut es.

Foto: Jana Bauch

Rüde Hatchi stürmt durch die Praxistür. Er saust durch die Behandlungsräume, schnuppert kurz an jeder Ecke und flitzt weiter. Wie die höchste Stufe eines Autoscheibenwischers wedelt sein Schwanz von links nach rechts. Katrin Nake hockt sich auf eine Matte am Boden und klopft auf die freie Fläche vor ihr. Die Physiotherapeutin braucht die Bewegung nur zweimal zu machen, mit einem Sprung schmeißt sich Hatchi auf die Matte. Dann graben sich Nakes Finger in das Hundefell, mit kreisenden Bewegungen massiert sie Schultern und Oberschenkel. Hatchi schließt die Augen, legt seinen Kopf auf den Boden. Speichel tropft aus seinem Mundwinkel. Der Mischling schweigt und genießt. Tiermassage halt.

Der Bedarf an Physiotherapie für das Haustier werde immer größer, sagt Katrin Nake. Zunehmend mehr Besitzer, primär von Hunden, würden sich Hilfe in ihrer Praxis holen. „Die Beziehung zwischen Mensch und Tier ist in den vergangenen Jahren noch einmal enger geworden, der Hund ist nicht selten das engste Familienmitglied der Besitzer“, sagt Nake.

Vor rund einem Jahr hat die 28-Jährige sich mit „Sportsfreund tierischfit“ selbstständig gemacht. In den ersten Monaten behandelte sie wöchentlich zwischen fünf und sechs Tiere. Mittlerweile sind es 25 bis 30 Patienten die Woche.

Einer davon ist der dreijährige Hatchi, ein Labrador im Körper einer Bordeaux-Dogge. Im September 2016 bemerkte Besitzerin Katja Schmidt, dass ihr noch junger Hund beim Laufen hinkt. „Er hat gehumpelt wie ein alter Mann, das sah so schwerfällig aus“, erinnert sich Schmidt. Ihr Tierarzt diagnostizierte eine Entzündung am linken Bein. Doch Hatchi ging es nicht besser. Physiotherapeutin Nake war es schließlich, die Hatchi im Februar 2017 zum Spezialisten brachte. Die Diagnose dort: ein Tennisarm am rechten Bein. Nach mehreren Monaten Laser-Therapie in der Physio-Praxis springe ihr Rüde wieder wie ein Hund seines Alters.

„Als begleitende Maßnahmen halte ich Physiotherapie bei Tieren durchaus für sinnvoll“, sagt der Gladbacher Tierarzt Günther Schierz. Auch er beobachte, dass Praxen für Tierphysiotheraphie sich deutlich vermehren. „Die sprießen aus dem Boden wie Nagelstudios.“ In Mönchengladbach finden sich im Internet bereits sieben Praxen. Sucht man auch im Gladbacher Umkreis, verdoppelt sich die Zahl der Treffer.

„Jeder Tierhalter sollte sich vorher darüber informieren, welche Ausbildung und Erfahrungen der Physiotherapeut hat“, rät Schierz. „Es gibt keine staatlich geprüfte Berufsausbildung, schwarze Schafe können auftauchen.“

Günther Schierz, Tierarzt

Erfahrungen hat Katrin Nake in der Vergangenheit reichlich gesammelt: Praktika und Vollzeitmitarbeit in Tierarztpraxen, Kinder- und Jugendarbeit mit Hunden sowie eine Ausbildung zur Tierheilpraktikerin an der Paracelsusschule in Mönchengladbach. Zuletzt besuchte sie eine Fortbildung zum Thema „Hunde in Bewegung“. Denn Übergewicht sei ein häufiges Problem bei ihren Patienten. „Jedes Gramm zu viel drückt auf die Gelenke“, sagt Nake.

Auch Hatchi hat Gewichtsprobleme. Von 42 Kilo hatte der Rüde es mit einer Diät Ende vergangenen Jahres auf 35,8 Kilo geschafft. Doch nun bleibt der Zeiger auf der Waage wieder auf der 40 stehen. „Wir nehmen das wieder ab“, sagt Katja Schmidt. „Trotzdem soll es Hatchi gut gehen, er ist unser Kinderersatz.“ Deswegen bringt die Hundehalterin ihn auch zweimal im Monat zur Massage in die Praxis. Er sei danach viel ausgeglichener, das sei Entspannung pur.

„Dass Hunde Wellness brauchen, halte ich für sehr fragwürdig“, sagt Tierarzt Günther Schierz. „Tiere denken nicht so weit, was wahrscheinlich für sie auch besser ist.“

Ob Hatchi nun Wellness braucht oder nicht: Während der Massage liegt er auf der Matte, ohne sich zu bewegen. Nur seine Tasthaare beben mit dem Ausatmen. Unter seiner Schnauze hat sich eine kleine Pfütze gebildet.