Grüner plädiert für Toilette auf dem Tellmann-Platz

Die Politik entschied sich vergangenes Jahr gegen das Aufstellen eines Urinals.

Foto: Knappe

Das Einrichtungshaus Tellmann ist eines der letzten großen inhabergeführten Fachgeschäfte, die an die großen Zeiten von Rheydt erinnern. Die Umgebung indes ist anders als an der Kö, wo man einige der Möbel, die Tellmann verkauft, auch bekommt. Doch Norbert Tellmann beklagt sich nicht gern. Und so stellt er als erstes fest, dass es auf keinen Fall die Junkies waren, die ihm gerade drei seiner riesigen Fensterscheiben mit einem kleinen, spitzen Gegenstand beschädigt haben. „Die sind friedlich“, sagt er. Kaum hat er es ausgesprochen, kommt Richie vorbei, einer derjenigen, die sich regelmäßig auf dem Platz aufhalten. „Hallo, Herr Tellmann, alles in Ordnung?“ Norbert Tellmann zuckt die Schultern. Was soll er sagen? Es könnte besser sein — und es sollte eigentlich auch besser sein.

Für 250 000 Euro haben Land und Stadt gerade den Platz vor seinem Laden hergerichtet, mit neuem Hügel und Bänken. Der Platz ist schön geworden. Das finden wohl auch die Drogen- und Alkoholanhängigen, die den kleinen Platz auch schon gerne nutzten, als er noch düstere Ecken hatte. Bloß ein ursprünglicher Plan ist nicht umgesetzt worden: Eine Toilette oder ein Urinal gibt es weiter nicht. Die Politiker entschieden sich vergangenes Jahr dagegen. „Also pinkeln die weiter vor unseren Seiteneingang und die Wände“, sagt Norbert Tellmann. Die Anschlüsse für ein Urinal liegen im Boden — offenbar für alle Fälle.

Karl Sasserath von den Grünen sieht Handlungsbedarf. „Man kann vor diesen Menschen nicht die Augen verschließen. Die lösen sich nicht in Luft auf, nur, weil sie keiner haben will“, sagt er und rät zu einer Mischung aus Kontrolle und Pragmatismus. Wer sich nicht benehme, dürfe nicht auf dem Platz bleiben, sagt Sasserath. Der Ordnungsdienst der Stadt kontrolliere dort regelmäßig, sagt Stadt-Sprecher Wolfgang Speen: „Wenn bei den Kontrollen durch den Kommunalen Ordnungs- und Servicedienst jemand beim Urinieren in der Öffentlichkeit erwischt wird, erteilt der KOS einen Platzverweis und leitet ein Bußgeldverfahren ein.“ Das findet Sasserath richtig. Doch ohne Toilette für die Abhängigen sei den Anliegern nicht geholfen. „Das muss nicht viel Geld kosten. Ich habe in Venlo mobile Lösungen gesehen, die in Rheydt helfen würden“, sagt Sasserath. Bezirksvorsteherin Barbara Gersmann (SPD) spricht von einer „politischen Entscheidung“, die CDU und SPD vor ihrer Zeit als Bezirksvorsteherin gefällt hätten. Sie könne im Moment keinen Anlass erkennen, dass dieser Beschluss geändert werde, zumal die Umgestaltung des Platzes fast abgeschlossen sei.

Einzelhändler Norbert Tellmann hat nicht den Eindruck, als hätten Stadt und Politiker verstanden, wie grundlegend die Situation für sein Geschäft sei. Derweil versucht die Polizei herauszufinden, wer die Scheiben beschädigt hat. Noch sei unklar, womit die Täter auf das Glas einschlugen, heißt es bei der Polizei. Verdächtige gebe es auch nicht.