Karstadt bleibt, wird aber kleiner

Mitarbeiter, Kunden und Stadt sind erleichtert. Aber: Ob alle Angestellten ihren Job behalten können, ist unsicher.

Diesen Satz hatte Stephan Fanderl zuletzt wohl nicht oft auf den Lippen. „Das ist für uns ein toller Tag“, sagte der Karstadt-Boss gestern früh in den Räumen der städtischen Entwicklungsgesellschaft (EWMG). Da war er frisch aus der Rheydter Filiale der angeschlagenen Warenhauskette zurück, wo er mit Regionalleiter Michael Mathey den Mitarbeitern die frohe Botschaft verkündet hatte: Die Rheydter Niederlassung wird doch nicht, wie im Mai verkündet, im Juni 2016 geschlossen — bloß verkleinert.

Denn die EWMG kauft Gebäude und Grundstück, im Untergeschoss ziehen Lebensmittel- und Drogerieanbieter ein, und „ein Großteil“ der Angestellten soll seine Jobs behalten. Bleibt der Umsatz auf der reduzierten Fläche künftig in etwa gleich, sogar alle.

Wohl rund fünf Millionen Euro zahlt die EWMG an Highstreet Six, den niederländischen Eigentümer der Immobilie. Und wohl noch einmal so viel wird in den Umbau investiert, der im November beginnen und ein Jahr andauern soll.

Karstadt unterschreibt einen Mietvertrag für Erd- und erstes Obergeschoss, der über zehn Jahre läuft und vier Verlängerungsoptionen von jeweils fünf Jahren beinhaltet. Ferner übernimmt der Essener Konzern eine Betriebspflicht für die Laufzeit der Verträge — er kann sich also nicht aus der Verantwortung stehlen. Als Mieter für das neu gestaltete Untergeschoss — für das ein separater Eingang vom Marktplatz gebaut wird — stehen ein Lebensmitteldiscounter, ein Drogeriemarkt und ein Non-Food-Discounter fest. Die Verträge sollen sich zeitlich mit den Karstadt-Verträgen überlappen.

Viel Geld also, das die EWMG und somit die Stadt aber als gut angelegt ansehen. „Diese Investition war keine leichte Entscheidung“, sagte OB Hans Wilhelm Reiners denn auch.

„Unsere Ziele sind, das Warenhaus als Magneten und die in die Rheydter City investierten 30 Millionen Euro langfristig zu sichern“, sagte EWMG-Geschäftsführer Ulrich Schückhaus. Damit werde Leerstand vermieden, der weitere Läden im Umfeld bedroht hätte. Und: „Mit dem Kauf der Immobilie wird dieses zentrale Grundstück mit dem technischen Rathaus in den Büroetagen für den Konzern Stadt gesichert.“ Das alles, beteuert Schückhaus, sei „kein Zuschussgeschäft“ und „keine Subventionierung für Karstadt“. „Wir gehen davon aus, am Ende damit sogar etwas Geld zu verdienen, auch wenn es nicht viel sein muss.“

Ausschlaggebend für die Entscheidung, sagt Fanderl, war ausschließlich der finanzielle Aspekt. Durch die neuen Märkte im Basement verspreche man sich mehr Kundenfrequenz. Man verkleinere sich von 12 500 auf 8000 Quadratmeter, wolle die Filiale offener und moderner gestalten, das Sortiment straffen, regionaler ausrichten sowie etwas weniger als bisher auf Textilien setzen.

Die Mitarbeiter — etwa 100 Arbeiten an dem Standort — schienen gestern erleichtert. Und auch viele Kunden waren über die Nachricht erfreut. „Gott sei Dank bleibt uns Karstadt erhalten. Es gibt in Rheydt schon genug leerstehende Geschäfte“, sagte Ursel Emich (80). „Nach der Marktplatzsanierung finde ich es letzten Endes super, weil man hier so viel Geld investiert hat. Für viele Rheydter ist Karstadt eine der wenigen Einkaufsmöglichkeiten“, meinte Tim Jansen (19).

„Es ist ungemein wichtig, dass dieser Publikumsmagnet bleibt“, sagte der langjährige Vorsitzende des Rheydter Citymanagements Peter Felten. „Alles andere wäre wohl eine Katastrophe gewesen.“