Was die Gladbacher verdienen Die wachsende Schere zwischen Arm und Reich

Mönchengladbach. · Analyse Mönchengladbach erlebt einen Boom. Doch eine Landesstatistik zeigt: Das Geld kommt nicht überall an.

Immer mehr Gladbacher müssen jeden Euro zweimal umdrehen.

Foto: pixabay

Eine besonders reiche Stadt war Mönchengladbach im Grunde nie. Dafür gibt es traditionell zu viele Arbeitslose, zu viele Hilfeempfänger zwischen Wickrath und Neuwerk, zwischen Hardt und Giesenkirchen (wobei die ja eher in den Zentren leben). Die Bevölkerung ist zu stark verschuldet, ebenso wie die Stadt ja selbst. Da ist Gladbach immer ganz vorne dabei. Da lässt es doch aufhorchen, wie sehr die Gladbacher Wirtschaft in den vergangenen Jahren aufgeholt hat. Erstmals gibt es mehr als 100 000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte, der Boom war gerade in den vergangenen Jahren, in denen viele neue Jobs entstanden sind, gewaltig. Doch wie viel davon kommt bei den Menschen auch an?

Eine neue Statistik des Landes legt nahe: gar nicht mal so viel, zumindest nicht bis 2015. Wie die Landesstatistiker nämlich am Freitag mitteilten, erzielten genau 121 452 Steuerpflichtige im Jahr 2015 knapp 4,3 Milliarden Euro an Einkünften. Das macht je Steuerpflichtigen einen Betrag von 35 108 Euro. Da lohnt sich doch ein Blick auf den Lohnzettel, ob man als Gladbacher jetzt über- oder unterdurchschnittlich verdient. Die gute Nachricht daran: Die Zahlen sind im Vergleich zum Jahr 2010 gestiegen. Es gab rund 5000 Steuerpflichtige mehr, also mehr Gladbacher hatten einen Job mit zu versteuerndem Einkommen. Und auch das Pro-Kopf-Einkommen ist um rund 4000 Euro in dem Zeitraum gestiegen.

Aber im NRW-weiten Vergleich ist Mönchengladbach dabei deutlich zurückgefallen, und zwar von Rang 267 auf Rang 334. Krefelder Steuerzahler zum Beispiel verdienen rund 2300 Euro mehr im Jahr als die Mönchengladbacher.  Bei einer anderen Einkommensstatistik steht Mönchengladbach im Übrigen wesentlich besser da: nämlich dann, wenn es um Einkommensmillionäre geht. Im Jahr 2015 gab es in der Stadt genau 77 Steuerzahler, die mehr als eine Million Euro in dem Jahr verdienten. Das waren 3,0 Einkommensmillionäre je 10 000 Einwohner. 2010 waren es noch 2,7 Spitzenverdiener pro 10 000 Einwohner gewesen. Damit rangiert Mönchengladbach landesweit auf Platz 116, also im vorderen Mittelfeld könnte man sagen. Das bedeutet demnach: Ein Teil des gewachsenen Einkommens pro Kopf geht auf die Spitzenverdiener zurück. Wie die Entwicklung bei den unteren Einkommensklassen war, darüber liegen keine Erkenntnisse vor.

Klar ist aber: Gerade bei den einfacheren Jobs, von denen die Stadt ja auch viele brauchte, hat Mönchengladbach zugelegt. Und etwas anderes zeigen diese Zahlen auch: Es ist richtig, dass die Wirtschaftsförderung der Stadt ihre Strategie geändert hat und stärker auf Digitalisierung und die Ansiedlung von Unternehmen setzt, die besser-qualifizierte Arbeitnehmer brauchen und diese auch entsprechend bezahlen.

Für die Stadt hat das Einkommen der Menschen ebenfalls gravierende Folgen. Denn die Kaufkraft einer Kommune ist ein wichtiger Faktor für die künftige Entwicklung. Wo das Einkommen nicht besonders groß ist, werden sich zum Beispiel vereinfacht gesagt auch weniger Händler niederlassen. Da hat Mönchengladbach nach Berechnungen der Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein Aufholbedarf. Pro Kopf beträgt die Kaufkraft 22 620 Euro, das ist deutlich weniger als im regionalen Vergleich (24 783 Euro am mittleren Niederrhein). Davon können die Gladbacher nach Abzug aller Fixkosten für Wohnung, Auto, Versicherungen und mehr genau 6602 Euro im Jahr im Einzelhandel ausgeben. Auch da ist Mönchengladbach im regionalen Vergleich am Niederrhein ganz hinten.

Dafür allerdings geben Käufer ihr Geld vermehrt in Mönchengladbach aus. Der Einzelhandel zieht laut Berechnungen der IHK spürbar Kaufkraft aus den benachbarten Städten an.