Polizei durchsucht zweieinhalb Stunden lang Neuwerker Klinik
Es gab einen Hinweis, dass sich Marcel H., der mutmaßliche Kindermörder aus Herne, in dem Krankenhaus oder am Hauptbahnhof aufhält. Gefunden wurde er nicht.
Als Dieter Schlippes-Gerkens seine Zigarette ausdrückt und gerade zur Untersuchung zurück will, da ist das Krankenhaus Neuwerk komplett abgesperrt. Niemand wird mehr reingelassen, als Dutzende schwer bewaffnete Polizisten ihre Suche in der Klinik nach dem mutmaßlichen Kindermörder aus Herne beginnen. „Ich muss dringend zur Behandlung“, sagt er. Aber er wird nicht mehr vorgelassen. Um 10.33 Uhr tritt eine Polizeibeamtin in Zivil vor die Tür und spricht in ihr Funkgerät an alle Einsatzkräfte. „Die Durchsuchung beginnt, ab jetzt hat niemand mehr Zugang zum Krankenhaus.“
MarkusRichter, Geschäftsführer des Krankenhauses
Zweieinhalb Stunden dauert der Ausnahmezustand in Neuwerk, bis Polizeisprecher Jürgen Lützen um kurz nach 13 Uhr Entwarnung gibt: „Die Durchsuchung verlief negativ. Weitere Ermittlungen haben ergeben, dass der vermeintlich Gesuchte, der sich hier aufhalten sollte, doch nicht hier war.“ Der Mann habe dem 19-Jährigen zum Verwechseln ähnlich gesehen. Eine Mitarbeiterin des Krankenhauses hatte geglaubt, den bundesweit gesuchten mutmaßlichen Mörder Marcel H. erkannt zu haben.
Mit Beginn der Durchsuchung sichern Polizisten mit Maschinenpistolen die Flure der Klinik. Krankenschwestern huschen an ihnen vorbei zu den Patienten. Von Zimmer zu Zimmer, von Etage zu Etage arbeiten sich die Beamten gemeinsam mit dem Krankenhauspersonal vor. Auch jeder der derzeit knapp 300 Patienten im Krankenhaus bekommt Besuch von den Fahndern. Die meisten Aufzüge sind währenddessen still gelegt, der medizinische Betrieb allerdings läuft unvermindert weiter, sagt später Krankenhaussprecherin Angela Pontzen. Alles sei sehr professionell abgelaufen. „Das Personal des Hauses hat den Einsatzkräften jegliche Hilfe zukommen lassen, um die Suchaktion so schnell wie möglich und ohne Störung für den laufenden Betrieb durchführen zu können“, sagt Markus Richter, Geschäftsführer des Krankenhauses.
Währenddessen verbreitet sich die Nachricht der Suchaktion wie ein Lauffeuer in der Stadt. Viele Lehrer, Erzieherinnen und Eltern rufen bei Polizei und Stadt an, fragen, was sie tun sollen. Schließlich gilt der Gesuchte als gefährlich. Einige Schulen und Kitas treffen Sicherheitsvorkehrungen-, schließen Türen und fordern Eltern auf, ihre Kinder nach der Betreuungszeit abzuholen. Der schulpsychologische Dienst ist im Einsatz, das Krisenteam der Stadt steht bereit. Auch in anderen Geschäften, sogar bei Karstadt in Rheydt soll der Täter gesehen worden sein — stets Fehlalarm.