Tot aufgefundener 17-Jähriger wird morgen beerdigt

Die Bestatterin hofft, dass viele Bürger zur Trauerfeier für den Jungen kommen, der tot im Baum gefunden wurde.

Foto: Knappe

Waltraud Aretz kannte M. Vor drei Jahren hat sie seine Mutter beerdigt, am morgigen Mittwoch will die Bestatterin mit dafür sorgen, dass auch der Sohn, der Ende April tot in einem Baum gefunden wurde, einen würdevollen Abschied findet. Am 17. Mai beginnt um 10 Uhr eine Trauerfeier in der Kapelle auf dem Friedhof in Wickrath. Anschließend wird der 17-Jährige beerdigt.

„Du warst ein Held“, ließ Waltraud Aretz auf das Grabkreuz schreiben. Und das aus gutem Grund. Denn vor vier Jahren warf sich M. dazwischen, als sein Vater ausrastete und mit einem Messer auf seine Mutter einstach. Der damals 14-Jährige wurde selbst lebensgefährlich verletzt. Im Gegensatz zu seiner Mutter überlebte er die blutige Familientragödie — zunächst.

In den nachfolgenden Jahren zog sich M. schwer traumatisiert immer weiter in die Isolation zurück. Lebte in Bäumen und übernachtete auf Dächern. Alle Hilfsangebote lehnte er ab. Sein „Revier“ war der Ortsteil Windberg, wo er auch einige Zeit in einem Heim untergebracht war. Die Anwohner kannten ihn. Brigitte Bengner, die ihre Feinkost-Manufaktur an der Lindenstraße hat, sah den jungen Mann ziemlich oft. Zuletzt im Januar. „Er saß auf einer Bank und aß einen Joghurt mit den Fingern“, sagte die Geschäftsfrau.

Selbst in schwierigen Familienverhältnissen aufgewachsen, tat Brigitte Bengner der junge Mann leid. Sie sprach ihn an, fragte, was los sei. Doch M. habe nur geantwortet: „Sie wissen gar nichts über mich.“ Die Aufforderung, von sich zu erzählen, habe er mit den Worten „alles viel zu schlimm“ abgelehnt. „Man merkte genau, dass er eine tief verletzte Seele besaß“, sagt Brigitte Bengner. Sie hat das Schicksal des jungen Mannes tief bewegt, weil auch sie eine harte Kindheit gehabt habe.

Deshalb reifte die Idee, dass die ganze Stadt ein Zeichen setzen könnte für den jungen Mann, der so viel Schreckliches miterlebt hat und dem keiner helfen konnte. „Es wäre doch schön, wenn alle morgen um 10 Uhr Luftballons für M. steigen lassen könnten“, sagt sie. Und: „Wer es nicht schafft, zur Trauerfeier nach Wickrath zu kommen, lässt die Ballons einfach irgendwo im Stadtgebiet steigen — in Gedenken an den jungen Mann.“

Waltraud Aretz geht davon aus, dass viele, die M. kannten, ihn auf seinem letzten Weg am Mittwoch begleiten werden. Denn das, was M. durchmachen musste, lasse niemanden kalt. „Ich bin selbst Mutter. Natürlich macht man sich da Gedanken“, sagt die Unternehmerin. Aber auch sie weiß, dass es viele Hilfsangebote für den jungen Mann gab, die er allesamt abgelehnt hat.

Morgen soll er nah bei seiner Mutter beerdigt werden.