Veilchendienstagszug fährt fast ohne Prinzenpaar los
Bei strahlendem Wetter kamen tausende Jecken, um Bälle und Kamelle von den Wagen zu fangen. Von Prinz Guido I. und Prinzessin Niersia fehlte zunächst jede Spur.
Mönchengladbach. Um Punkt 13.11 Uhr stehen Garden, Wagen und alle anderen Teilnehmer des Veilchendienstagszugs mit den Füßen scharrend bereit — es kann los gehen. Wenn nicht noch etwas fehlen würde: „Wo ist denn das Prinzenpaar?“, fragt MKV-Chef Bernd Gothe schon sichtlich nervös. Von Prinz Guido I. und Prinzessin Niersia fehlt jede Spur. Ein Telefonat mit den Tollitäten bringt Aufklärung. „Sie sind auf dem Weg, aber kommen nicht ohne Weiteres an den Polizeikontrollen vorbei.“
Zehn Minuten später spricht sich Gothe schon dafür aus, ohne das Prinzenpaar zu starten, doch da raunt es durch die Menge: „Sie kommen!“ Und tatsächlich ist in einiger Entfernung die Straußenfeder des Prinzen zu sehen, die schnell wippend immer näher kommt. Mit einem beherzten Sprung besteigt das Prinzenpaar mit entschuldigendem Blick seinen Wagen und um 13.25 Uhr setzt sich der Lindwurm — begleitet von lauten „Halt Pohl“-Rufen — endlich in Bewegung.
Wie es sich für ein Prinzenpaar gehört, ist der anfängliche Stress schnell vergessen. Glücklich strahlen Guido und Monika ihrem Narrenvolk entgegen und machen dabei der Sonne am blauen Himmel Konkurrenz.
Das diesjährige Motto „Mach mit . . . Karneval hält fit“ findet sich mehr als einmal im Zug wieder. Vom Wagen der Borussia fliegen grüne Frauen-WM-Bälle und so manches süße Früchtchen im Erdbeer- oder Apfelkostüm wirbt für gesunde Ernährung. Kamelle fliegen trotzdem mehr als genug. Aber auch gesundere Varianten wie Spreewaldgurken oder knackige Äpfel.
Die Clowns der KG Schöpp op stehen Kopf, weil sie „Vom Fitness-Wahn voll (doll) infiziert“ sind. Auch kleine Glücksschweine landen in den zahlreichen Tüten, die sich die zuschauenden Jecken mitgebracht haben.
Ihr eigenes Glücksschwein hat sich Angelika Götzens aus Pesch mitgebracht, auf ihrem Kopf thront eine quitsch-pinke Mütze in Schweinsform. „Das Verkleiden gehört auch als Zuschauer dazu“, sagt sie lachend und zeigt auf ihre Tochter Alina, auf deren Stirn in schwarzen Lettern „Halt Pohl“ prangt.
Ihre Fitness unter Beweis stellt die KG Schwarz-Gold Rheydt mit Styropor-Pferden, die sie um die Hüfte geschnallt haben: „Auch wir Rheydter machen mit und halten uns mit Reiten fit“. Fit wie Turnschuhe sind die Jecken Hühner, die als eben solche verkleidet sind. Die Erschöpfung durch die nicht wenig schweren Turnschuh-Kostüme sieht man der Fußgruppe aber spätestens nach zweieinhalb Stunden Zugweg an.
Der Motivwagen „Öko-Logisch“, auf dem Bundesumweltminister Norbert Röttgen im Liegestuhl von einem durch Biogas angetriebenen Ventilator angepustet wird, sorgt für die meisten Lacher. „Aber am besten sind noch immer die Musikgruppen“, sagt Zuschauerin Monya Petos mit bunt bemaltem Gesicht. Das demonstriert sie auch laut mitsingend bei jeder Gelegenheit. „Wir sind so richtige Karnevalfans“, sagt die Giesenkirchenerin und Sohn Mike verkraftet es schnell, als er eine Kamelle mit etwas mehr Schwung gegen die Stirn bekommt — auch das gehört zum Veilchendienstagszug. Die Tränen des Siebenjährigen sind schnell getrocknet, als das nächste Bonbon nicht auf dem Kopf, sondern in seinem Mund landet.