„Wir sind Seeed“ — ein Satz lässt den Hockeypark kochen
Mit ihrer poppigen Version von Reggae begeistern die Berliner die Massen. Gladbach statteten sie jetzt gleich doppelten Besuch ab.
Mönchengladbach. Vier oder fünf Mal rollt rhythmisches Klatschen wie eine Welle durch den Hockeypark, bevor sich beim schwarzen Tuch vor der Bühne die erhoffte Regung zeigt. Der Vorhang fällt, und einer nach dem anderen marschieren die heiß ersehnten Mitglieder der Band auf — und das kann dauern bei nicht weniger als elf Musikern. Schließlich, nach einem ebenso druckvollen wie melodiösen Intro, fällt der magische Satz: „Wir sind Seeed“. Drei Worte, die die Menge zum Ausrasten bringt — auch in Gladbach.
Der 2001er-Hit „Dancehall Caballeros“ kommt zum Start des Zusatzkonzertes am Donnerstag in frischem Gewand daher. Der Klang im Hockeypark ist kristallklar und bassgetragen. Die Berliner haben ihren Sound im Lauf der Zeit mitwachsen lassen, nehmen sich Anleihen bei Dancehall, House oder Dubstep.
Generell ist es der Mix, der Seeed ausmacht. Die Sänger Peter Fox, Frank Dellé und Boundzound sind unterschiedliche Typen, jeder auf seine Weise charismatisch. Die Mischung auf der Bühne spiegelt sich im Publikum: Da steht der entspannte Reggaefan mit Dreadlocks neben der hüpfenden, aufgeregten Jugendlichen und der Hausfrau, Mitte vierzig, die mitswingt. Das tut der Stimmung aber keinen Abbruch. Im Gegenteil.
Denn es gibt momentan wohl kaum eine Band in Deutschland, die gleichzeitig so cool und so heiß ist wie diese . Wenn Fox und Co. in ihren Anzügen über die Bühne steppen, die Beine im Takt hin und her shufflen oder begleitet von den „Cold Steel“-Trommlern aus Amerika ihre lässigen Choreographien abziehen, kann man nicht anders als mitgrooven.
Klassiker hat die Band genug im Gepäck: „Waterpumpee“, das zunächst im Remix gespielt wird, ehe das bekannte Trompetensample einsetzt. „Dickes B“, das ebenfalls neu aufgelegt wurde, aber deshalb nicht minder lauthals mitgesungen wird. Das Cover „Wonderful Life“ und „Augenbling“ vom aktuellen Album. Oder das rootslastige „Aufstehn“, mit dem Seeed den Abend umjubelt beenden.
Für Mönchengladbach hat Frontmann Fox, der das Kommando in Sachen Ansprache übernimmt, übrigens einige Grüße übrig — speziell für den Berliner Ex-Fußballtrainer Lucien Favre, jetzt bei Borussia. Oder als Fox merken muss, dass das Durchbuchstabieren des Ortsnamens sicherlich am längsten auf ihrer Tournee dauern wird.
Mit ihrer dreistündigen Anreise aus Aachen („dank der Bahn“) musste Stefanie Dartenne auch eine kleine Tour in Kauf nehmen. Aber kein Problem für die 30-Jährige, die nach dem Konzert verständnislos auf die Frage reagiert, ob sie getanzt habe. „Hallo — das ist Seeed! Natürlich gehen wir zu den Songs ab“, sagt sie mit Freundin Maike Schardt (26, aus Köln), lachend.
Die Reggaefans Christine Schöler (24, St. Tönis) und Chris Niemeyer (25, Düsseldorf) sind ebenfalls auf ihre Kosten gekommen. „Wir waren gespannt, ob es sich live genauso anhört wie auf Platte“, sagt Schöler. „Und es war sehr beeindruckend, vor allem der dreistimmige Gesang“, fügt Niemeyer hinzu.
Mit der zweiten Show am Freitag beendeten Seeed ihren zweitägigen Besuch. Wenn es nach den Gästen geht, dürfen sie sicherlich wiederkommen — die Worte „stark“, super“ und „geil“ waren jedenfalls nach dem Auftritt rund um den Hockeypark am häufigsten zu hören.