Online-Glücksspiel wird legalisiert Neuer Ärger um den Glücksspielstaatsvertrag in NRW

DÜSSELDORF · Die SPD-Fraktion im NRW-Landtag beklagt Lobbyisten-Erfolge: Die Landesregierung komme den Online-Glücksspielanbietern zu weit entgegen.

Auch Online-Poker gehört zu jenen Glücksspielen, die über den neuen Staatsvertrag legalisiert werden sollen.

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Ein neuer Glücksspielstaatsvertrag ist auf dem Weg und soll nach Plan der Landesregierung im Juli dieses Jahres in Kraft treten, jetzt hat die SPD im NRW-Landtag Alarm geschlagen: Die NRW-Landesregierung habe Inhalte des Umsetzungsgesetzes nach der Anhörung von Experten am 1. März dieses Jahres noch einmal eigenmächtig verändert. Wohl auf Druck von Lobbyisten, wie SPD-Finanzexperte Stefan Zimkeit am Dienstag sagte.

Das betreffe vor allem die Abstandsregelungen zwischen Spielhallen und Wettvermittlungsstellen von bislang 350 auf nur noch 100 Meter. Die Kritik: Eigentlich hätten Kommunen die Abstandsreduzierung bei Bedarf über eine Satzung möglich machen können, jetzt aber sei die Möglichkeit „pauschal auf das ganze Land ausgeweitet“ worden. Die SPD sieht auch über die Öffnung für Mehrfachkonzessionen die Möglichkeit geschaffen, dass sich die Anzahl der Spielhallenstandorte vergrößere – dabei sei es zwischen 2012 und 2020 doch erst gelungen, den Bestand um 13 Prozent zu senken.

„Landesinteresse geht bei der Landesregierung vor Spielerschutz“, kritisierte Zimkeit. Zudem würde Online-Glücksspiel verfrüht legalisiert, aber noch ohne Aufsicht, weil die zu schaffende Regulierungsbehörde in Sachsen-Anhalt erst im Aufbau sei, wie die SPD-Landtagsabgeordnete Elisabeth Müller-Witt sagte. Zudem kritisierte sie sogenannte „Lootboxen“, über die sich in Online-Spielen vermehrt für Geld Glück kaufen ließe. „Oder Unglück“, wie Müller-Witt vor allem im Hinblick auf junge „Spieler“ befürchtete. Sie will eine funktionierende Behörde vor der Legalisierung, einheitlich 350 Meter Abstand für „weniger Verlockungen“ und keine „Ausnahmemöglichkeiten für Mehrfachkonzessionen“.

CDU-Finanzexperte Marcus Optendrenk widersprach einigen Befürchtungen. Es werde eine provisorische Regulierungsbehörde in Hessen geben. „Wir sind also keinesfalls ohne Aufsicht“, sagte Optendrenk. „Es gibt also keinen rechtsfreien Zustand.“

In Sachen Abstandsregelungen habe sich die NRW-Landesregierung jetzt „an dem in Niedersachsen geltenden Modell orientiert“, wie Optendrenk sagte und auf die dortige Mitwirkung des SPD-Ministerpräsidenten Stephan Weil verwies. Die im Staatsvertrag getroffenen Regelungen würden legales Wetten bereits ausreichend kanalisieren und illegale Angebote unterbinden.

Einig sind die Parteien, dass man das Glücksspiel nicht „grundsätzlich verhindern könne“, wie Müller-Witt sagte. Stattdessen müsse man es regulieren. Interesse hat die Politik natürlich auch deshalb am Glücksspiel, weil NRW an den Einnahmen von Spielbanken und Glücksspielen wie Rubbellose, Oddset-Wetten, Fußball-Toto oder Spiel 77 über Konzessionen bis zu rund 500 Millionen Euro im Jahr einnimmt – und davon 100 Millionen an öffentliche oder gemeinnützige, kirchliche oder mildtätige Zwecke weiterreicht.

Über die nun anvisierte staatliche Zulassung des Online-Glücksspiels verfolge die Politik laut CDU-Landespolitiker Optendrenk dreierlei: So ließen sich Jugendliche vom Zocken abhalten, „legal weitere Gewinne abschöpfen“ und „Verbote bei denen durchsetzen, die sich nicht an Regeln halten“ – etwa Fußball-Wettanbieter auf Malta.