Unfälle und Ausfälle Sturm und kein Ende: Nach „Ylenia“ und „Zeynep“ wütet auch „Antonia“ in NRW

Update | Essen · Zugausfälle, umgestürzte Bäume, abgerissene Stromleitungen und ein verheerendes Feuer - auch Sturmtief „Antonia“ richtet in NRW größere Schäden an. Ab Mittwoch soll das Wetter endlich besser werden.

Auch „Antonia“ richtete erhebliche Schäden an - und sorgte teils für chaotische Zustände.

Foto: dpa/Jens Büttner

Seit Tagen jagt in Nordrhein-Westfalen ein Sturmtief das andere: Nach „Ylenia“ und „Zeynep“ richtete auch „Antonia“ erhebliche Schäden an - und sorgte an Rhein und Ruhr teils für chaotische Zustände mit Unfällen auf den Straßen sowie Verspätungen und Zugausfällen auf den Schienen. Schwere Verletzungen oder Todesfälle gab es nicht, meist blieb es bei Sachschäden. Auch am Dienstag werden noch Sturm und Regen erwartet. Erst am Mittwoch ist Entspannung in Sicht. Dann soll das Wetter endlich wieder besser werden, wie der Deutsche Wetterdienst (DWD) mitteilte.

Auch das verheerende Feuer in einem großen Essener Wohnkomplex, bei dem am Montagmorgen drei Menschen verletzt wurden, wurde vom Wind negativ beeinflusst. Wie die Feuerwehr mitteilte, sorgte das in der Nacht wütende Sturmtief offensichtlich dafür, dass sich das auf einem Balkon ausgebrochene Feuer rasend schnell über die Fassade und Balkone ausdehnen konnte. 35 Wohnungen brannten nach einer ersten Bilanz der Stadt völlig aus, weitere wurden beschädigt. 128 Menschen verloren ihre Wohnung. Die Feuerwehr war mit 150 Einsatzkräften vor Ort.

Auch in den nordrhein-westfälischen Wäldern hinterließen die Stürme und orkanartigen Böen zum Teil deutliche Spuren, hieß es, auch wenn das Bild nach „einer ersten groben Lageeinschätzung“ des Landesbetriebs Wald und Holz am Montag uneinheitlich war. In den östlichen Teilen des Sauerlandes und den höheren Lagen der Region Soest-Sauerland sowie des Wiehengebirges in Ostwestfalen-Lippe seien starke Schäden registriert worden. Im restlichen Land gab es „leichte bis mittlere Schäden“. Nahezu alle Baumarten seien betroffen, hieß es weiter. Neben den durch den Borkenkäfer vorgeschädigten Bäumen habe es auch vitale Fichtenbestände und Buchen erwischt. Nach ersten Schätzungen sei die Schadholzmenge aber geringer als nach den Stürmen „Kyrill“ (2007) und „Friederike“ (2018). Eine genauere Einschätzung könne erst erfolgen, wenn die Wege freigeräumt seien - voraussichtlich in der kommenden Woche.

In vielen Regionen des Landes ging es turbulent zu. Vielerorts kippten Bäume um. Autodächer wurden beschädigt. In Herdecke südlich von Dortmund flog das Dach eines Mehrfamilienhauses davon und landete auf einem anderen Dach, das ebenfalls massiv beschädigt wurde, wie die Feuerwehr am Montag mitteilte. In Solingen fiel ein Baum auf eine Busoberleitung, etwa 200 Meter der Leitung wurden abgerissen, so die Polizei. Die Strecke könne für Busse möglicherweise tagelang nicht befahrbar sein.

In Duisburg hielt ein Corona-Impfzelt für Kinder am Hauptbahnhof nicht Stand und wurde vom Sturm zerstört. Es habe wegen der Schäden abgebaut werden müssen, sagte Stadtsprecher Peter Hilbrands der dpa. Einige Teile des Zeltes waren durch den Sturm auf die Fahrbahn der benachbarten Stadtautobahn geweht worden. Kurzzeitig musste der Streckenabschnitt gesperrt werden. Ein zweites Zelt nebenan, wo Impfungen für Erwachsene durchgeführt werden, war laut Hilbrands nicht in Mitleidenschaft gezogen worden: „So konnten wir schon am Sonntag auch die Kinder in diesem Zelt weiterimpfen.“

In der Krefelder Innenstadt lösten sich auf dem Dach der St.-Josef-Kirche auf mehreren Quadratmetern in 60 Meter Höhe Kupferbleche. Es bestand akute Gefahr, dass diese Bleche unkontrolliert herabstürzen, wie die Feuerwehr warnte. Ein Fachunternehmen könne wegen der Wetterlage nicht ohne Eigengefährdung tätig werden. Rund um die Kirche wurden Straßen gesperrt. Köln meldete Sachschäden vor allem wegen umgestürzter Bäume. Einige Friedhöfe sollten auch aus Sicherheitsgründen weiter gesperrt bleiben. Beim Netzbetreiber Westnetz kam es seit Donnerstag zu zahlreichen Stromausfällen, weil Leitungen und technische Anlagen im Sturm beschädigt wurden, wie das Unternehmen in Dortmund berichtete.

Die Schäden auf den Autobahnen fielen trotz teils heftiger Orkanböen verhältnismäßig gering aus. „Solche Stürme zeigen, wie wichtig das Zurückschneiden von Bäumen und Sträuchern in den Wintermonaten ist. Dadurch haben sich die Schäden in Grenzen gehalten“, sagte Bernd Höhne von Autobahn Westfalen. Im gesamten Streckennetz gab es nur vereinzelte Zwischenfälle und kurzfristige Sperrungen. In der Autobahnmeisterei Werl wurde das Dach eines Gebäudes teilweise abgedeckt. Eine 60 bis 70 Quadratmeter große Platte wurde vom Wind erfasst und mitgerissen. Personen wurden laut Autobahn-Gesellschaft nicht verletzt.

Zahlreiche witterungsbedingte Einsätze verzeichnete die Polizei im Rhein-Erft-Kreis. Anrufer meldeten über den Notruf vor allem herabfallende Dachziegel und umgestürzte Bäume. Polizei und Feuerwehr waren im Dauereinsatz. In Bergheim-Ahe ragte ein Straßenschild auf die Fahrbahn. Polizisten beseitigten die Gefahrenstelle. In Kenten wurde eine Frau mit zwei Kindern durch ein herabfallendes Teerdach in einem Auto eingeklemmt. Alle Personen konnten unverletzt befreit werden.

„Antonia“ machte auch der Deutschen Bahn zu schaffen. Der Regionalverkehr war am Sonntagabend eingestellt worden. „Wir schicken ab 20.00 Uhr keine neuen Züge mehr auf die Strecke. Alle, die jetzt noch unterwegs sind, fahren aber natürlich noch bis zu ihrem Zielbahnhof“, sagte eine Bahn-Sprecherin. Ab Montagmittag fuhren die meisten S-Bahnen und Regionalzüge wieder planmäßig. Vereinzelt gab es noch Verspätungen oder Ausfälle. Die Bahn war am Montag auf „umfangreichen Erkundungsfahrten“, um die Schäden auszumachen, zu beziffern oder zu beseitigen. „Wir empfehlen, nicht unbedingt notwendige Fahrten zu verschieben“, hieß es bei der Bahn.

Dienstag wird es noch stark bewölkt, aber niederschlagsfrei. Später fällt laut DWD bei sieben bis elf Grad jedoch vermehrt wieder Regen - und im Bergland auch Schnee. Außerdem werden noch immer stürmische Böen erwartet. Am Mittwoch soll der Regen endlich abziehen. Der Wind ist dann nur noch schwach bis mäßig, im Bergland gibt es noch vereinzelt starke Böen. Laut DWD wird es in NRW dann wechselnd bewölkt, teils sogar heiter bei 9 bis 13 Grad.

Des einen Leid, des anderen Freud: Für Wintersportler sind die Aussichten wieder besser. Es ist wieder kälter. „Bis Dienstagmorgen erwarten wir gute 10 Zentimeter Neuschnee“, teilte die Sauerländer Wintersport-Arena am Montag auf Twitter mit. „Die Bedingungen sind gut und insbesondere der Mittwoch verspricht ein schöner Tag zu werden zum #skifahren #snowboarden #rodeln!“

(dpa)