Bundesstützpunkt: Was wird aus der Ringerhalle?
Nach dem Willen des IOC soll Ringen nicht mehr olympisch sein. Die Auswirkungen auf den Bundesstützpunkt sind ungewiss.
Dormagen. Seit den ersten Olympischen Spielen der Neuzeit 1896 in Athen ist Ringen fester Bestandteil im Programm der Sommerspiele. Doch dies wird sich wohl bald ändern: Die Exekutive des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) hat gestern bekanntgegeben, dass Ringen ab dem Jahr 2020 nicht mehr olympisch sein soll. „Das ist eine sehr unerfreuliche Nachricht“, sagt Detlef Zenk, Vorsitzender des AC Ückerath.
Er hat sich die Frage gestellt, welche Konsequenzen diese Entscheidung für seinen Sport und seinen Verein haben wird: „Auf unsere Männerabteilung hat das keine großen Auswirkungen. Wir sind in der Oberliga und haben keine großen Ambitionen.“ Ganz anders sieht es bei den sehr erfolgreichen Damen des AC Ückerath aus. Zur Erinnerung: Als das Ringen der Frauen 2004 in Athen olympisch wurde, war es Stéphanie Groß vom AC Ückerath, die als erste Frau überhaupt bei Olympia auf die Matte ging.
Trotz solcher Erfolge hat das Ringen bereits jetzt Probleme: Außerhalb der Olympischen Spiele findet es öffentlich kaum Anerkennung. Das ist ein Grund, weshalb der Sport enorme Nachwuchssorgen hat. Auch im Schulsport spielt Ringen in Deutschland — im Gegensatz zu vielen osteuropäischen Ländern und den USA — kaum eine Rolle.
Dennoch sollen die Erfolge der Vergangenheit wiederholt werden: „Für unsere Mädels soll es natürlich möglichst hoch hinausgehen. Und das bedeutet eben Olympia“, so Zenk. Aktuell bereitet sein Verein gleich mehrere hoffnungsvolle Kandidatinnen auf die Olympischen Spiele 2016 in Rio vor. Dazu wurde erst im Oktober 2011 eine neue Ringerhalle fertiggestellt. Fast eine Million Euro hat das neue Heim des AC Ückerath, gleichzeitig Bundesstützpunkt „Ringen weiblich“, gekostet. „Wir haben nicht vor, unsere schöne Ringerhalle jetzt in eine Kletterhalle zu verwandeln“, sagt Zenk.
Auch Kreissportdezernent Jürgen Steinmetz sieht keine unmittelbaren Auswirkungen auf den Bundesstützpunkt: „Die Entscheidung ist bedauerlich für den Sport. Aber die Arbeit vor Ort ist davon zunächst nicht betroffen. Auch die Nachwuchsförderung wird weitergehen wie zuvor.“
Über den Umweg der Sportförderung könnte die Entscheidung des IOC jedoch auch für die neue Ringerhalle zum Problem werden: Zwar trägt der AC Ückerath die Kosten der Halle, doch der Verein wird wiederum — zum Beispiel durch Zuschüsse für die Gehälter der Trainer — durch das Land Nordrhein-Westfalen unterstützt. „Natürlich spielt es bei der Verteilung der Fördergelder auch eine Rolle, welche Sportart olympisch ist“, räumt Jürgen Steinmetz ein.
Detlef Zenk gibt sich kämpferisch und glaubt noch nicht an das Olympia-Aus für seinen Sport. Denn zunächst muss die IOC-Vollversammlung den Vorschlag der Exekutive absegnen. Was normalerweise eine Formalie ist, könnte, so glaubt Zenk, im September scheitern: „In der Vollversammlung haben andere Staaten die Mehrheit, als die, die sich Umkreis der Exekutive befinden. Ringen hat eine enorme Bedeutung in vielen osteuropäischen und asiatischen Ländern.“