“Kaarst ist bunt!“ 3000 Kaarster demonstrieren gegen Rechtsextremismus

Kaarst · Unter dem Motto „Kaarst ist bunt!“ gab die Kaarster Stadtgesellschaft am Samstag ein deutliches Statement gegen Rechtsextremismus und die AfD ab. Die Organisatoren waren von der Beteiligung an der Demonstration überwältigt. Rund 3000 Bürger gingen auf die Straße.

Rund 3000 Kaarster sind am Samstag auf die Straße gegangen und haben gegen Rechtsextremismus demonstriert.

Foto: Andreas Woitschützke

„Ich habe schon ein wenig Bauchschmerzen“, bekannte Dagmar Andrae-Maukel kurz vor Beginn der von ihr initiierten Demonstration gegen wachsenden Rechtsextremismus, Tabubrüche der „Alternative für Deutschland“ (Afd), erneut aufflammenden Antisemitismus und Überlegungen zu Abschiebungen von Menschen mit Migrationshintergrund. Doch die Sorgen waren unbegründet – anstatt der erwarteten 500 kamen 3000 Teilnehmer zum Treffpunkt vor der Volkshochschule (VHS). Alle Generationen bildeten ein beeindruckendes Bild: Mit Kinderwagen, Transparenten, Fahnen und farbigen Westen setzten die Menschen das Motto „Kaarst ist bunt!“ perfekt um. Von der VHS aus setzte sich der bunte Zug quer durch die Stadt in Bewegung. Die Stimmung blieb entspannt.

Dagmar Andrae-Maukel hatte das Ganze erst vor kurzem bei Facebook beworben – in kürzester Zeit gelang ihr und Mitstreiter Werner Kindsmüller, 35 Organisationen als Unterstützer zu gewinnen. Diese repräsentierten nahezu alle Bereiche von Gesellschaft, Kirche, Sport und Politik, sodass es auch ein Stelldichein bekannter Kaarster gab. Aber noch viele andere kamen: wie die Großfamilie Bos, die mit Kindern im Alter von drei, sieben und neun Jahren Farbe bekannte: „Wir sind gegen Rechts und gegen die AfD“, erklärte sie. Zudem hätten sie als Eltern Vorbildfunktion für die Kinder, die mit Sicherheit niemals auf ihre Freunde mit Migrationshintergrund verzichten würden. Auch Pia Monz (17) schloss sich der Demonstration an: „Ich war schon in Neuss und Köln auf der Straße und will zeigen, wofür man sich einsetzt“, sagte sie. Ulla K. (69) war froh, dass die „laute Mehrheit“ auf die Straße geht, denn die aktuellen Entwicklungen schockierten sie und sie hofft, dass sich bei vielen Menschen ein Nachdenken einstellt. Sie fand die große Demonstration in Kaarst „toll und beruhigend“: Es gibt eben immer noch Menschen, die aufstehen.

Protestierende zeigen
sich bei Plakaten kreativ

Ali Bostanci lebt seit 42 Jahren in Deutschland und war besorgt darüber, dass eine ganze Gruppe einfach Ungeheuerliches wie Abschiebungen von Menschen ankündigt, die angeblich nicht zu Deutschland gehören. Er ordnete die Demonstration auch als Zeichen für die Demokratie ein, denn hier könne man frei und ohne Angst leben. Die fantasievoll kreierten Plakate ließen keinen Zweifel an der Intention aufkommen: „Wir sind nicht schuld an dem, was war, aber verantwortlich, dass es nie wieder passiert“, „Menschenrechte statt rechter Menschen“, „Bunt ist schöner als braun“ und „Nazis essen heimlich Döner“. Ganz unmissverständlich: „AfD = Alternative für Doofe“. Die „Kaarster für Future“ fassten es treffend zusammen: „Unser aller bürgerliches Engagement macht Kaarst, tolerant, vielfältig und bunt und lässt keinen Platz für Rassismus und Ausgrenzung“.

Nach der Rückkehr zur VHS bildete eine Kundgebung den Schlusspunkt. Dagmar Andrae-Maukel bekannte, dass sie angesichts der Menschenfülle „total geflasht“ sei. Sie erinnerte an den Gedanken von Sophie Scholl, dass man nicht nur gegen etwas sein dürfe, sondern auch etwas tun müsse. Das sei heute in Kaarst eindrucksvoll bewiesen worden. Andrae-Maukel appellierte an Kirchen und Vereine, Menschen aus ihrer Einsamkeit zu holen und neue Strukturen zu schaffen, um rechthaberischen und brandgefährlichen Ideen der AfD keinen Raum zu geben. Die Veranstaltung lasse Hoffnung zu.

Nina Lennhof als erste stellvertretende Bürgermeisterin war „unfassbar stolz“, gerade bei dieser Demonstration eine Rede halten zu dürfen. Die Sprache des Rechtsradikalismus dürfe sich nicht in unseren Alltag einschleichen. Sie wertete Hitlers Machtergreifung als ein „Versagen der Demokratie“, das nie wieder passieren dürfe. Sehr bewegt äußerte sich auch Bouchra el Maazi. Die Deutsche mit marokkanischen Wurzeln, die als interkulturelle Referentin tätig ist, stellte klar: Sie bleibt hier, so lange sie es möchte, weil sie ein Teil der BRD ist.