Kritik an der Stadt Haushaltbeschluss in Kaarst mit bitterem Beigeschmack
Kaarst · Mit breiter Mehrheit hat der Stadtrat den Haushalt 2024 beschlossen. Die Haushaltssicherung kann verhindert werden – allerdings wurde die Stadt in der Sitzung mehrfach scharf attackiert.
Dass es kein Wohlfühlabend werden würde, mögen die Ratsmitglieder geahnt haben – und so sollte es auch kommen. Zentrales Thema in der Ratssitzung war die Haushaltskonsolidierung und der Erlass der Haushaltssatzung 2024. Beide Tagesordnungspunkte wurden nach längerer Debatte mit breiter Mehrheit beschlossen. Bürgerinnen und Bürger hatten zu Beginn der Sitzung mögliche Kürzungen scharf kritisiert. Den ganz großen Effekt haben sie aber nicht erzielt, dafür ist der Sparzwang einfach zu groß. Immer wieder wurde die Verwaltung auch aus Reihen der Politik angegangen. Ein Hauptvorwurf der Ratsmitglieder: Die Vermarktung von Gewerbeflächen gehe zu langsam, obwohl zusätzliche Gewerbesteuereinnahmen dem Haushalt guttun würden.
Blind-Gänger vermissen Willen
für Verbesserungen
Es ging um zwei Maßnahmenpakete: Paket I soll schon in diesem Jahr für Einspareffekte sorgen. Maßnahmenpaket II steckt voller Prüfaufträge. Dort geht es um Einsparungen ab 2025. Zu den kurzfristig umsetzbaren Einsparungen gehören Kürzungen beim Behindertenbeauftragten beziehungsweise der Integrationsbeauftragten: Der Haushaltsansatz soll von 98 958 Euro auf 81 306 Euro zurückgefahren werden. Emanuel Stadler von den „Blind-Gängern“ interpretierte die geplanten Kürzungen so: „Es fehlt der politische Wille, um die Bedingungen für Menschen mit Behinderungen spürbar zu verbessern.“ Als erstes träfe es jetzt diejenigen, die sich nicht wehren können.
Besonders tüchtige Beamtinnen und Beamten bekommen hingegen eine Sonderzulage. Der Haushaltsansatz von 105 370 Euro wurde jetzt auf null gesetzt. Die Förderung Dritter – zum Beispiel für Dach-, Fassaden- und Vorgartenbegrünung – soll spürbar heruntergefahren werden, und zwar von 60 000 auf 15 000 Euro. Bei der Kultur sollen 50 000 Euro eingespart werden. Konkretes wird der Kulturausschuss erarbeiten. Die Leistungsträger unter den Beamtinnen und Beamten müssen auf ihre Zulage verzichten und innerhalb der nächsten fünf Jahre gilt es, 15 Vollzeitäquivalente ersatzlos abzubauen.
In bestimmten Bereichen ist allerdings nicht daran zu denken, Stellen einzusparen: So mangelt es in den Kindertagesstätten an Personal. Daniela Adams, nach eigenen Angaben „von Beruf Mutti“, beklagte, dass die Kita-Gebühren für das zweite Kind erhöht werden. Claudia Beckers, Elternvertreterin der Kreismusikschule, erklärte: „Es hat mich schockiert, als ich erfahren habe, dass der Vertrag mit der Kreismusikschule beendet werden soll.“ Bürgermeisterin Ursula Baum gab den diesbezüglichen Sparwillen zu – immerhin gelte es, ein Millionen-Haushaltsloch zu schließen. Allerdings soll die Kooperation mit der Kreismusikschule durch die Stadt nun doch noch geprüft werden. Die Zielsetzung einer Beendigung der Zusammenarbeit wurde herausgenommen.
Ingo Kotzian (CDU):
„Da müssen alte Zöpfe weg“
In der Not rückt man bekanntlich zusammen: CDU, Grüne, FDP, SPD und zuletzt auch die UWG sollten nach den Haushaltsreden für den Haushalt 2024 stimmen. Ingo Kotzian (CDU) sprach von schwindendem Handlungsspielraum: „Da müssen alte Zöpfe weg, Ideologien hinten an gestellt werden.“ Er betonte, dass Grundsteuererhöhungen kein Thema waren. Und an die Adresse der Verwaltung gerichtet, beklagte er folgendes: „Die Verwaltung ist zu langsam bei der Umsetzung von Beschlüssen, zum Beispiel bei der Ansiedlung von Gewerbebetrieben.“ Dominik Brodka von den Grünen wies darauf hin, dass viele Städte dieselben Probleme hätten wie Kaarst. Die Kürzungen im Kulturbereich seien „kein Kahlschlag“. Er erklärte, dass auch das VHS-Programm gestrafft werden müsse. Ursula Baum müsse dringend daran arbeiten, dass Beschlüsse schneller ungesetzt werden.
Dirk Salewski (FDP) beklagte das „schlechte Controlling“ im Rathaus: Man sei dort nicht in der Lage, Zahlen auf Knopfdruck zu liefern. Gereon Schüller (SPD) stellte klar: „In der Vergangenheit ist aus dem Vollen geschöpft worden, damit ist nun Schluss.“ Anja Rüdiger (UWG) sieht ebenfalls Sparbedarf: „Bereits 2013 hat Bürgermeister Moormann zum Sparen aufgerufen. Aber die CDU wollte ihrem Bürgermeister nicht folgen.“ Sie rief alle Fraktionen auf zu einer echten und dauerhaften Haushaltskonsolidierung.