Konverter: Soll Kaarst nur ablenken?
Kritiker befürchten, dass der Konverter doch in Osterath gebaut werden soll. Gewässer machten den Standort Kaarst unmöglich.
Kaarst. Ein Klick im Internet und ein Blick auf den Kaarster Norden bei Google Maps reichen aus, um zu erkennen: Alles ist blau. Die vom Stromnetzbetreiber Amprion favorisierte Fläche für den Bau eines Stromkonverters — die sogenannte „Dreiecksfläche“ an der Grenze zu Meerbusch, zwischen A 57, Bahnlinie und der L 30 — ist umgeben von Wasser. Seit rund 80 Jahren wird die Erde in diesem Teil des Kaarster Stadtgebiets ausgebaggert.
Auf der Suche nach Kies entstand mitunter ein Naherholungsgebiet, und auch für die „Dreiecksfläche“ sieht der Regionalplan aktuell noch Kiesabbau vor. Trotzdem wird die 1300 Meter von der nächsten Wohnbebauung entfernte Fläche vom Stromnetzbetreiber für den umstrittenen Konverterbau als „am besten geeignet“ eingestuft. Grundeigentümer und Amprion-Kritiker Heinrich Müllers aus Kaarst hält die Pläne für ein Ablenkungsmanöver. „Schließlich muss der Strom über Masten zur Dreiecksfläche hin- und wieder weggeführt werden“, sagt er. „Wie soll das gehen, wenn ringsum nur Wasser ist?“
Zur Erklärung: Amprion sucht für eine geplante Gleichstromverbindung zwischen den Netzverknüpfungspunkten in Meerbusch-Osterath und Philippsburg einen Standort für eine nördliche Konverterstation. Die Anlage dient der Umwandlung von Gleich- in Wechselstrom (und umgekehrt). Ein favorisierter Standort in Osterath wurde durch den Protest der Anwohner zunächst zurückgestellt. In einem anschließenden Verfahren wurden 19 potenzielle Standorte ermittelt.
Der Rhein-Kreis Neuss brachte die „Dreiecksfläche“ als Nummer 20 ins Gespräch, seither gilt sie offiziell als Favorit. Heinrich Müllers mutmaßt: Wegen der offenkundigen mit dem Kiesabbau zusammenhängenden Probleme habe Amprion womöglich nach wie vor Osterath als Konverter-Standort im Visier. Derzeit baut Amprion das Osterather Umspannwerk um. Die Arbeiten, betonten Unternehmenssprecher im vergangenen Jahr mehrfach, hätten aber nichts mit einem möglichen Konverterbau zu tun. Die Maßnahme sei bereits seit 2009 geplant.
Rein technisch gesehen, betonte am Donnerstag ein Amprion-Sprecher auf Anfrage unserer Zeitung, sei die Inanspruchnahme der „Dreiecksfläche“ jedenfalls kein unüberwindbares Problem. Aus nord-westlicher Richtung könne eine Stichleitung zwischen zwei Seen hindurchgeführt werden. Dort bestehe ein schmaler, trockener Korridor. Bis November will der Netzbetreiber eine Entscheidung treffen.
Um eine Änderung des Regionalplans genehmigt zu bekommen, müssten zunächst allerdings ähnlich große Flächen für Auskiesung gefunden werden, hatte Landrat Hans-Jürgen Petrauschke bei einer Mitgliederversammlung der CDU Ende September erklärt. In einer Anlage des derzeit gültigen Regionalplans sind Reserveflächen für Auskiesung jedoch bereits benannt. Durch Kiesabbau würde die Stadt Kaarst rund 10 000 Euro Gewerbesteuer pro Jahr erhalten, Amprion lockt mit Gewerbesteuer von 500 000 Euro.