Mit der Kamera durch den Kanal
Ein Unternehmen aus dem Kreis Kleve untersucht die Kanäle in Kaarst.
Kaarst. Langsam, aber routiniert fährt Norbert Waletzko den ferngesteuerten Kamerawagen durch den Schmutzwasserkanal unter dem Dachsweg. Er selbst sitzt an einem Schreibtisch im TV-Wagen, der neben dem geöffneten Kanaldeckel steht, und sieht an einem Monitor die Bilder, die die Kamera rund eineinhalb Meter unter der Straßendecke aufzeichnet. „Das hier müsste bald mal entfernt werden“, sagt er, als der Kamerawagen rund 30 Meter gefahren ist und einen Hausanschluss filmt. Baumwurzeln sind in das Rohr gewachsen und werden es wohl langfristig verstopfen, wenn sie nicht entfernt werden. Waletzko markiert den Film an dieser Stelle mit den nötigen Informationen und fährt den Kamerawagen weiter durch den rund 30 Zentimeter breiten Kanal.
„Wenn ein Problem rechtzeitig bemerkt wird, kann fast alles vom Kanal aus behoben werden“, sagt Anja Janßen, Geschäftsführerin des Unternehmens Umwelttechnik Franz Janßen aus dem Kreis Kleve, das die Kanalinspektion im Auftrag der Stadt Kaarst durchführt. „Wenn der Kanal dadurch aber langfristig beschädigt wird oder das Abwasser nicht mehr abfließt, kann es teuer für die Anlieger werden.“
In Kaarst gehört nur der Kanal selbst der Stadt. Alle Zuleitungen — auch wenn sie zum Teil unter der Straße liegen — gehören den Hauseigentümern. „Die Städte sind dazu verpflichtet, die Eigentümer über den Zustand ihrer Zuleitungen zu informieren“, sagt Jan Opial, Bereichsleiter Tiefbau der Stadt. Jeder Hauseigentümer — egal, in welchem Zustand sich sein Hausanschluss befindet — bekommt demnach ein Schreiben der Stadt. Darin befindet sich ein Informationsschreiben, ein Foto des Anschlusses an den städtischen Kanal und ein Termin für eine Informationsveranstaltung. Wer möchte, kann sich auch das Video ansehen.
„Es wäre zu kompliziert, jeden Einzelfall verständlich in einem Brief zu erklären“, sagt Günter Hüsges vom Tiefbauamt. Deswegen bietet er Infoveranstaltungen an, um konkrete Nachfragen direkt beantworten zu können. „Der Vorteil ist, dass sich Nachbarn dann auch untereinander absprechen können, falls an mehreren Leitungen etwas gemacht werden muss“, sagt er. Wie viele Schäden gefunden werden, ist vor einer solchen Untersuchung nur schwer absehbar. „Allerdings gibt es für einzelne Bauepochen ganz typische Schäden“, sagt Opial.
Seit 1996 war jede Kommune in Nordrhein-Westfalen dazu verpflichtet, einmal alle ihre Kanäle zu überprüfen. Nach dieser Erstuntersuchung muss der Zustand des öffentlichen Kanalnetzes nun in einem Rhythmus von 15 Jahren kontrolliert werden.
Nur in Wasserschutzgebieten gibt es auch für private Kanäle gesetzlich vorgeschriebene Zeiträume, in denen sie überprüft werden müssen: Häuser, die vor 1965 gebaut wurden und Objekte mit gewerblichen Abwässern bis 2015, Kanäle von neueren Gebäuden bis 2020. „Wir raten aber allen Eigentümern zu einer Überprüfung“, sagt Hüsges. „Wenn erst einmal der Keller vollgelaufen ist, ist es schließlich zu spät.“
Solange es tagsüber nicht friert, können die Rohre im Moment noch untersucht werden — 500 bis 600 Meter am Tag, zehn bis 15 Kilometer im Jahr. „Unten herrschen zwar dauerhaft zwischen neun und 15 Grad“, sagt Opial. „Da die Leitung vor der Kamerafahrt allerdings mit Wasser ausgespült wird, würde bei Frost eine Eisfläche auf der Straße entstehen“, ergänzt Hüsges. „Und auch die Gerätschaften beim Spülfahrzeug würden bei Minusgraden einfrieren.“