Gastronomie in Meerbusch Sternekoch erhält ein besonderes Geschenk
80-jährige Japanerin schickt Anthony Sarpong ein „Uroki tori“ zur Fischschuppen-Entfernung.
Am Mittwoch um die Mittagszeit ging es zu wie an jedem anderen Tag bei Anthony‘s. Vor der Tür des Büdericher Restaurants parkten Lieferwagen. Kisten mit Gemüse und Fleisch wurden abgeladen, reingeschleppt und ausgepackt. Mittendrin hochkonzentriert Küchenchef Anthony Sarpong, der mit seinem wuseligen Team jede Sendung begutachtete. Und doch lag etwas in der Luft, das verriet auch das Lächeln der Mitarbeiter. Am Vortag hatte eine Meldung die Runde gemacht: Anthony‘s bekam den vierten Michelin-Stern in Folge. Glückwunsch! War die Nachricht nicht aufregend?
„Ganz ehrlich, ich denke da gar nicht mehr daran“, wiegelt der Koch ab. „Man spricht ja davon, den Stern zu verteidigen. Ich nicht, wir sind doch nicht im Krieg!“ Damit gerechnet, die gastronomische Weihe 2020 zu verlieren, habe er nicht. „Das passiert bei Michelin gar nicht so oft. Höchstens, wenn eine Küche den Eindruck erweckt, nicht mehr richtig bei der Sache zu sein. Das konnte uns nicht beirren. Wir wissen um unser Level, arbeiten präzise, nehmen uns Zeit und kümmern uns um unsere Produkte.“ Natürlich sei der Stern bei der üblichen Mittwochs-Besprechung eine Freude und ein Thema gewesen. „Optimieren geht immer. Wir fragen uns natürlich schon jetzt, was sich beim Feinschliff noch verbessern lässt.“ Er lacht. „Aber eigentlich habe ich für Meerbusch auch so schon Geschichte geschrieben, oder?“
Eine andere Geschichte rankt sich um ein kleines Küchengerät, das Anthony zeigt. „Vor ein paar Wochen kam ein Päckchen aus Japan an, das ziemlich schräg aussah“, erzählt er. „Der Umschlag war voller Stempel vom Zoll. Neugierig machte ich es auf, fand dieses rätselhafte Gerät, eine Dose mit Süßigkeiten und einen Brief.“ Darin stellte sich in fast fehlerfreiem Deutsch die 80-jährige Yuriko Ehara vor. Die Sprache erlernte sie nur übers Radio und mit Videos der „Deutschen Welle“.
Mit dem Küchengerät bekam Sarpong auch Süßgkeiten geschickt
Dort hatte sie Ende Januar ein Portrait über den „kreativen Kopf“ Anthony Sarpong verfolgt, in dem er für seine Kulinarik, „komponiert wie ganz große Oper“, gelobt wurde. Auch sein fast liebevolles Verhältnis zu Hühnerschenkeln kam vor. Dann sah sie, wie Anthony Fisch zubereitete – der Anlass für die Japanerin, an ihn zu schreiben.
Der Brief im O-Ton: „In der Sendung nahmen Sie Schuppen mit einem Messer ab. Dafür haben wir in Japan ein kleines nützliches Werkzeug, es heißt Uroko tori. Ich habe zwei davon. Eines benutze ich selbst, eines gehörte meiner Mutter. Das möchte ich Ihnen schenken. Bitte probieren Sie, ob es geht und kochen Sie weiterhin leckere Gerichte für Ihre Gäste. Ich schicke Ihnen Süßigkeiten als Zugabe. Bitte nicht kauen, im Mund behalten, da sie angenehm schmelzen.“ Anthony war gerührt.
„Sie hat sich von einem Familienstück getrennt, das geht richtig zu Herzen“, sagt Anthony. Beim Kochkurs mit Loup de mer probierte er den Entschupper aus und will ihn auch künftig verwenden. Seinen Fisch bekommt der Gastronom exklusiv aus Amsterdam, aus einer Aquakultur im offenen Meer: „Dort leben die Fische in Freiheit, das gefällt mir.“