Bildung in Meerbusch Bedarf an Nachhilfe steigt in der Krise
Meerbusch. · Anbieter in Meerbusch haben in Zeiten von Distanzunterricht deutlich mehr zu tun als vor der Pandemie. Zulauf gibt es besonders bei Sprachen und naturwissenschaftlichen Fächern. Unterrichtet wird digital.
In den Schulen im Stadtgebiet ist es im Moment außergewöhnlich ruhig. Ein Großteil der Schüler bleibt im Distanzunterricht zu Hause und bekommt im virtuellen Klassenraum von den Lehrern digital die Aufgaben. Das sind besondere Umstände – selbst für die Schüler, die sonst in ihrer Freizeit aktiv in Internet und Sozialen Netzwerken sind.
Die Umstellung auf Homeschooling und E-Learning fällt nicht nur vielen Lehrern schwer, auch Schüler haben Probleme mit dieser neuen Form des Lernens. Entsprechend brauchen sie häufiger Unterstützung. Dies bestätigen mehrere Nachhilfe-Institute aus Meerbusch.
Kontakt zu Schülern
über Videokonferenzen
Einer davon ist Mohamed El Boujadaini. Gemeinsam mit seinem Kollegen Mohamed Jaghou hat er den Bildungscampus geöffnet, ein Nachhilfeangebot mit Sitz in Büderich und in Lank sowie mit einer Filiale in Krefeld. Auch die Nachhilfestunden finden im Augenblick gezwungenermaßen digital statt, sagt El Boujadaini. „Uns ist die Umstellung aber gut gelungen. Auch, da wir schon vor der Pandemie verstärkt Wert auf technische Hilfsmittel wie iPads gelegt haben“, sagt der Bildungscampus-Gründer. Er und sein Team bleiben über Videokonferenzen und digitale Tafeln direkt mit den Schülern in Kontakt. Viele der genutzten Kommunikations-Tools erlauben es auch, Dokumente wie Vokabellisten und Aufgabenblätter hin und her zu schicken. „So können wir nicht nur unsere Aufgaben stellen, sondern auch die von den Lehrern gestellten Arbeiten gemeinsam mit den Schülern angehen“, so El Boujadaini. Wenn ein Schüler kein entsprechendes Endgerät hat, verleiht es der Bildungscampus auch.
El Boujadaini beobachtet, dass in Zeiten von Homeschooling mehr Schüler auf Nachhilfe angewiesen sind. Durch ausgefallene Unterrichtsstunden und verlängerte Ferien bestehe ein großer Nachholbedarf, zudem sei die individuelle Hilfe für Schüler durch die Lehrer auf digitalem Weg zumindest erschwert. „Und die Lehrpläne müssen ja eingehalten werden“, sagt El Boujadaini. Er hat aus Gesprächen erfahren, dass die Schulen sehr unterschiedlich mit den neuen Anforderungen zurecht kommen. Klappt die Vernetzung von Klassen und Lehrpersonal bei einigen sehr gut, bestehe an anderen Schulen kaum ein ausreichendes Angebot, zudem gebe es immer wieder technische Probleme, etwa mit den Schulservern.
Außerdem: Viele Eltern haben mit der aktuellen Lernsituation Probleme und können aus dem eigenen Homeoffice heraus die Kinder teils nur unzureichend unterstützen. All das sorgt dafür, dass Mohamed El Boujadaini und sein Team im Augenblick deutlich mehr Aufträge haben als vor der Corona-Krise.
Dazu kommt auch eine Verlagerung der nachgefragten Fächer. Normalerweise wird rund 80 Prozent der Nachhilfe im Fach Mathe gegeben, schätzt El Boujadaini. Jetzt kommen verstärkt sprachliche Fächer sowie naturwissenschaftliche Nebenfächer dazu. „Das ist kein Wunder: Chemie, Physik und Biologie haben oft einen praxisorientierten Unterricht, in der aktuellen Situation müssen die Schüler ohne Anschauungsmaterial oder Experimente auskommen“, sagt der Gründer. Und auch in den Sprachen fehlt etwas Entscheidendes: die direkte Kommunikation, das Gespräch, welches entsteht, wenn der Lehrer Arbeitsaufträge in einer Fremdsprache stellt oder Nachfragen beantwortet.
Eltern und Schüler per Telefon
an die Benutzung herangeführt
Auch die Nachhilfe-Organisation Schülerhilfe setzt auf digitale Lösungen, vor allem auf die Plattform Zoom und Videokonferenzen. „Wir haben Eltern und Schüler per Telefon schrittweise an die Benutzung herangeführt, das hat trotz anfänglicher Berührungsängste gut geklappt“, sagt Iris Böhme vom Studienkreis. Sie ist sich aber sicher: Das digitale Lernen ersetzt die Präsenznachhilfe nicht.
Vor allem für jüngere Schüler sei es schwierig, sich auf die Arbeit am Bildschirm zu konzentrieren. Und: „Das Kinderzimmer ist nicht die ideale Lernumgebung, es gibt zu viele Ablenkungen, etwa durch Handy und Spielzeug“, so Böhme. Auch für die Nachhilfelehrer sei es eine neue Herausforderung. „Es fehlt das direkte Feedback, man sieht ja an der Mimik sehr gut, wenn ein Schüler etwas nicht verstanden hat“, so Iris Böhme. Daher sei digitale Nachhilfe auch nur mit einer Kamera wirklich
sinnvoll.
Vor dem erneuten Lockdown hatte die Schülerhilfe auch mit Hybrid-Modellen gearbeitet, bei denen Schüler gleichzeitig vor Ort und digital unterstützt wurden. „Da war das Feedback derjenigen besser, die auf analogem Wege gelernt haben“, sagt Böhme.
Seit Beginn der Corona-Pandemie steigt auch bei der Schülerhilfe der Bedarf an digitalen Lernangeboten, die Nachfrage nach Präsenznachhilfe hingegen ist seither verhalten. „Zum Glück sind wir technisch gut ausgestattet“, betont Iris Böhme, „sodass wir trotzdem die gewohnte Leistung erbringen und den Schülern helfen können.“