Interview Prinz Robert II. „Die Stimmung ist sehr betrübt“

Nierst · Der „Prinz der Freien Herrlichkeit Neesch“ erlebt wegen Corona eine Doppelsession. Doch gefeiert wird nicht.

Extra fürs Foto haben sich der Nierster Karnevalsprinz Robert II. und das Kinderprinzenpaar Julian I. und Marie I. an der Karnevalsfigur auf dem Dorfplatz getroffen.

Foto: Bretz, Andreas (abr)

. Ein Leben ohne Karneval könne er sich nicht vorstellen, sagte Robert Daniels, als er in der vergangenen Session zum Prinzen der Nierster Karnevalsgesellschaft „Kött on Kleen“ gewählt wurde. Die Tradition wird seit Generationen in seiner Familie begangen. Doch dieses Jahr ist alles anders: kein Altweiberball, kein Kinderkarneval, kein Rosenmontagsumzug durchs Dorf.

Heute wäre eigentlich der jecke Höhepunkt des rheinischen Karnevals. Doch die Jecken müssen Trauer tragen. Frohsinn geht höchstens digital. Einsam schunkeln ist jedoch deprimierend. Was machen die Jecken von „Kött on Kleen“? Wie fühlen sie sich heute? Wir fragen Prinz Robert II., der nun bereits im zweiten Jahr Prinz ist – wegen Corona.

Heute ist Rosenmontag. Eigentlich würden Sie den Höhepunkt des närrischen Jahres feiern und den ganzen Tag mit den Nierster Karnevalisten durchs Dorf ziehen. Was machen Sie stattdessen? Einsam auf dem Sofa sitzen, Karnevalsmusik hören und Berliner vertilgen?

Prinz Robert II.: Am Rosenmontag werde ich auf jeden Fall trauern, dass nichts stattfinden darf. Und die vergangene Session Revue passieren lassen. In der Mittagspause will ich mit der Familie etwas trinken und einige Karnevalshits dazu hören. Ansonsten werde ich einen ganz normalen Arbeitstag auf meinem Hof haben – leider!

Wo werfen Sie Kamelle? Aus Ihrem Wohnzimmerfenster? Oder heben Sie die bis zum nächsten Jahr auf?

Prinz Robert II.: Der Nierster Prinz wirft grundsätzlich nie Kamelle. Das überlässt er dem Kinderprinzenpaar und den Wagenbaugruppen.

Apropos: Was macht das Kinderprinzenpaar denn heute?

Prinz Robert II.: Auch das Kinderprinzenpaar ist traurig. Marie I. ist heute mit ihrem Bruder und ihrer Mutter einfach zu Hause. Ihr Vater ist zum ersten Mal zu Rosenmontag arbeiten. Prinz Julian I. ist ebenfalls mit seiner Familie daheim. Er war allerdings gestern im karnevalistischen „Drive-in“ in Bergheim.

Und wie ist die Stimmung im Dorf?

Prinz Robert II.: Die Stimmung im Dorf ist schon sehr betrübt: Kein Wagenbauen, kein Zeltaufbau, keine Proben für die Sitzungen usw. Einige Nierster haben die Vereinsfahne auf Halbmast gesetzt. Um die Stimmung im Dorf aufzumuntern, habe ich hin und wieder einige lustige Videos gedreht.

Wer trinkt jetzt den Schnaps, der normalerweise am Straßenrand ausgeschenkt wird? Und was machen Sie mit den Würsten, die traditionell in Nierst eingesammelt werden?

Prinz Robert II.: Den vielen Schnaps haben die Nierster schon während des Lockdowns selber „gesoffen“. Und die Würste werden jedes Jahr extra für Rosenmontag bestellt, so dass sie immer frisch sind. Natürlich fällt das dieses Jahr ebenfalls aus. Aber ich könnte mir vorstellen, dass der ein oder andere Nierster die Bratwurst heute traditionell für sich selber brät.

Das Motto der Session 20/21 ist „Mer Halde Tusame!“ Wie kam es zu diesem Motto, und was bedeutet es für Sie?

Prinz Robert II.: Das Motto wurde dieses Mal vom Vorstand bestimmt und ist absolut passend zur aktuellen Situation. Nicht nur die Schützenvereine, sondern auch die Karnevalsvereine müssen sich solidarisch zeigen, damit wir wieder schnellstmöglich in gewohnter Weise feiern können.

Was hat Ihnen in der vergangenen Session besonders gefallen? Freuen Sie sich vielleicht insgeheim, dass Sie erstmalig eine Doppelsession als Prinz feiern können?

Prinz Robert II.: Wirklich jeder Auftritt war ein Höhepunkt und gleichzeitig Neuland, da weder ich als Prinz noch die Minister – bis auf einen – bisher ein Amt hatten. Wir wurden überall herzlich begrüßt, und es waren ganz tolle Veranstaltungen, an die ich mich immer wieder gerne erinnere.
Unmittelbar nach den Karnevalstagen kam dann der erste Lockdown. Von hundert Prozent Party auf null Prozent, das war schon krass! Und selbst die außerplanmäßige Doppelsession ist für mich kein Trost. Es findet doch nichts statt... Ich hoffe also sehr, dass im Herbst wieder eine Prinzenwahl mit anschließender Proklamation stattfinden darf. Ansonsten steht uns womöglich noch ein Triple bevor (lacht).

Befürchten Sie, dass dieses versäumte Corona-Jahr negative Folgen für den Neeschter Karneval haben wird, etwa finanzieller Art?

Prinz Robert II.: Nein. Vom finanziellen Aspekt aus betrachtet wurde mir mitgeteilt, dass man sich mit den Musikern und Künstlern fair einigen konnte. Die KG Kött on Kleen ließ außerdem einen Sticker mit unserem Motto „Mer Halde Tusame“ anfertigen, den man für fünf Euro im Hofladen Pass erwerben kann. Der Reinerlös wird für einen wohltätigen Zweck gespendet.

Wie gehen Sie persönlich mit der Corona-Pandemie um?

Prinz Robert II.: Ich befolge natürlich die Corona-Schutzmaßnahmen wie jeder andere auch. Auf meinem Pferdehof hat sich die tägliche Arbeit hingegen kaum verändert, da die Versorgung der Tiere auch in der Pandemiezeit stattfinden muss. Das einzige, was mir fehlt, ist das Treffen und Feiern mit Freunden. Ich habe in meinem 39-jährigen Vereinsleben bisher keinen Rosenmontagszug verpasst. Nur im Jahr 1991 durften aufgrund des Golfkriegs keine Umzüge stattfinden, da war die Stimmung im Dorf sehr betrübt. Aber das haben wir überstanden, genauso wie wir die Pandemie überstehen werden.

Möchten Sie den Lesern noch etwas sagen?

Prinz Robert II.: Ein dreifach Neesch Helau!